Bärbel Bas
Erstmals seit 1998 wieder eine Frau an Bundestagsspitze
Erstmals seit 1998 wieder eine Frau an Bundestagsspitze
Erstmals seit 1998 wieder eine Frau an Bundestagsspitze
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Die Bundestagspräsidentin und ihr Vorgänger finden bei der ersten Sitzung des neuen Bundestages mahnende Worte und setzen auf mehr Bürgernähe. Und der Bundespräsident würdigt die scheidende Kanzlerin.
Zum dritten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik ist mit Bärbel Bas eine Frau zur Bundestagspräsidentin gewählt worden.
Die 53 Jahre alte SPD-Politikerin kündigte am Dienstag nach ihrer Wahl in der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags in Berlin an, sie werde sich für eine neue Bürgernähe einsetzen. Ein vielfältiges, junges, frisch gewähltes Parlament könne leichter Brücken bauen und helfen, Vorurteile, Abwehrreaktionen und Misstrauen zu überwinden. Bas betonte aber auch: «Hass und Hetze sind keine Meinung. Als Präsidentin werde ich dieses Parlament vor Angriffen schützen. Und die Demokratie gegen ihre Feinde verteidigen.»
Bas erhielt 576 von 724 abgegebenen Stimmen. Mit Nein stimmten 90 Abgeordnete, 58 enthielten sich. Vor Bas waren Annemarie Renger (SPD) von 1972 bis 1976 und Rita Süssmuth (CDU) von 1988 bis 1998 Parlamentspräsidentinnen. Das Amt der Bundestagspräsidentin ist protokollarisch das zweithöchste Staatsamt nach dem Bundespräsidenten. Es steht traditionell der stärksten Fraktion zu, nach der Bundestagswahl am 26. September also der SPD.
Bas forderte die Abgeordneten auf: «Lassen Sie uns viele Menschen ansprechen, auf die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zugehen, vor allem auf jene, die sich von der Politik seit langem nicht mehr angesprochen fühlen. Menschen, denen «die Politik» fremd geworden ist.» Zugleich beklagte sie, dass sie erst die dritte Frau an der Spitze des Bundestags ist. «Ruhmreich ist das nicht.» Die Verantwortung sei noch lange nicht gerecht auf alle Schultern verteilt. Daran zu arbeiten, «sehe ich als eine meiner besonderen Aufgaben als Bundestagspräsidentin».
Der bisherige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU, 79) hob die Bedeutung von parlamentarischem Streit und Kompromiss im Kampf gegen eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft hervor. Dass im Bundestag die Vielfalt der Meinungen zur Sprache komme, «wird noch wichtiger, weil in unserer Gesellschaft die Bereitschaft sinkt, gegensätzliche Standpunkte auszuhalten, Widerspruch überhaupt zuzulassen», sagte Schäuble, der als dienstältester Abgeordneter die Sitzung eröffnete.
Mahnende Worte fand Schäuble für Teile der Klimaschutzbewegung. Das mitunter zähe Ringen um gesellschaftliche Mehrheiten sollte gerade auch jenen nahegebracht werden, «die mit Blick auf den Klimawandel von der Trägheit demokratischer Prozesse enttäuscht sind und sofortiges Handeln fordern», sagte er. Deren Motive seien nachvollziehbar. Aber wissenschaftliche Erkenntnis alleine sei noch keine Politik - «und schon gar nicht demokratische Mehrheit». Schäuble warnte: «Wer Ziele und Mittel absolut setzt, bringt sie gegen das demokratische Prinzip in Stellung.»
Erneut mahnte Schäuble - wie später auch Bas - eine rasche Änderung des Wahlrechts an, um eine weitere Aufblähung des Bundestags zu verhindern. Der Bundestag ist nach der Bundestagswahl noch einmal gewachsen - von 709 auf 736 Abgeordnete.
Zu Stellvertreterinnen und Stellvertretern von Bas wählten die Abgeordneten neu die CDU-Parlamentarierin Yvonne Magwas (600 von 727 abgegebenen Stimmen) und die frühere Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD, 544 Stimmen). Wiedergewählt wurden Claudia Roth von den Grünen (565 Stimmen), Wolfgang Kubicki von der FDP (564 Stimmen) und Petra Pau von der Linken (484 Stimmen).
Der Kandidat der Rechtspopulisten von der AfD, Michael Kaufmann, scheiterte mit 118 Stimmen. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel zeigte sich am Rande der Sitzung verärgert. Nicht nur die AfD-Fraktion werde ausgegrenzt, sondern auch Millionen von Wählern. Kaufmann erklärte, der Bundestag sei beim «ersten Demokratietest» der neuen Legislaturperiode krachend durchgefallen. Auf einen weiteren Wahlgang verzichtete die Fraktion zunächst.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bat Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die Regierungsgeschäfte noch so lange weiterzuführen, bis ein neuer Kanzler gewählt wird. Der Schritt ist üblich, wenn beim Zusammentreten eines neuen Bundestags noch kein neuer Regierungschef gewählt wird. Offiziell endet mit der konstituierenden Sitzung des Parlaments die Amtszeit der Kanzlerin und der Bundesminister.
Am frühen Abend händigte Steinmeier der Kanzlerin und den Mitgliedern ihres Kabinetts ihre Entlassungsurkunden aus. Der Bundespräsident bescheinigte Merkel große Verdienste um das Land. Ihre 16-jährige Kanzlerschaft könne «zu den großen in der Geschichte dieser Republik» gezählt werden. Merkels Entscheidungen in Jahren großer Krisen hätten Sicherheit und Verbindlichkeit vermittelt, sagte Steinmeier und würdigte auch Merkels «Rolle der Mittlerin in der Mitte Europas».