Klausurtagung

Kabinett plant Steuererleichterungen und Bürokratieabbau

Kabinett plant Steuererleichterungen und Bürokratieabbau

Kabinett plant Steuererleichterungen und Bürokratieabbau

dpa
Meseberg
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Scholz und seine 16 Minister beraten bei der fünften Klausurtagung der Ampelregierung über die aktuellen Themen der Koalition. Foto: Kay Nietfeld/dpa

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Wie bringt man die Wirtschaft wieder in Schwung? Das ist die zentrale Frage der Halbzeit-Klausur der Bundesregierung. Heute gibt das Kabinett Antworten darauf.

Zum Abschluss ihrer zweitägigen Halbzeit-Klausur hat die Bundesregierung heute auf Schloss Meseberg bei Berlin Steuererleichterungen für die Wirtschaft und einen stärkeren Bürokratieabbau beschlossenen. Damit soll den Unternehmen in Deutschland in der aktuellen Konjunkturflaute unter die Arme gegriffen werden.

50 Steuererleichterungen für die Wirtschaft

50 steuerpolitische Maßnahmen sollen die deutsche Wirtschaft in den kommenden Jahren um 32 Milliarden Euro entlasten. Das Bundeskabinett beschloss das sogenannte Wachstumschancengesetz, in dessen Kern eine Prämie für Investitionen in den Klimaschutz steht. Der Wirtschaft gehen die Entlastungen allerdings nicht weit genug: Sie vermisst unter anderem ein Bekenntnis zu einem subventionierten Strompreis.

Teil des Gesetzes sind unter anderem neue Abschreibungsregeln für Wohngebäude, die die kriselnde Baukonjunktur ankurbeln sollen. Außerdem können Unternehmen Verluste steuerlich umfangreicher verrechnen. Das Steuersystem soll zudem durch höhere Schwellenwerte und Pauschalen so vereinfacht werden, dass Betriebe weniger bürokratischen Aufwand haben.

Das Gesetz wird nun im Bundestag beraten. Damit es in Kraft treten kann, müssen auch die Bundesländer zustimmen. Sie würden damit jedoch Milliarden an Steuereinnahmen verlieren.

Unternehmen sollen von Papierbergen befreit werden

Justizminister Marco Buschmann (FDP) will mit einem Bürokratieentlastungsgesetz vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen den Aufwand im «Bürokratie-Dickicht» Deutschland spürbar reduzieren. Für die Wirtschaft seien die komplizierten Verfahren ein echter Grund, nicht zu investieren, meint die Regierung.

Mit diversen Maßnahmen will die Ampel jetzt Abläufe beschleunigen und zum Beispiel dafür sorgen, dass Unternehmen nicht mehr so viele Papierbelege über Jahre archivieren müssen. Nach Angaben Buschmans werden durch die geplanten Maßnahmen 2,3 Milliarden Euro im Jahr eingespart. Noch liegt allerdings kein Gesetzentwurf vor, beschließen wird das Kabinett zunächst nur Eckpunkte.

Elektronische Patientenkarte ab 2025

Auf den Weg bringen will die Regierung auch zwei Gesetze von Minister Karl Lauterbach (SPD), um die lange schleppende Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzubringen. So sollen alle Versicherten 2025 elektronische Patientenakten bekommen, es sei denn, man widerspricht. Durch die bessere Verfügbarkeit der Daten sollen zum Beispiel Doppeluntersuchungen vermieden und medizinische Behandlungen verbessert werden.

Georgien und Moldau sollen sichere Herkunftsstaaten werden

Georgien und Moldau sollen nach dem Willen der Bundesregierung als sogenannte sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. «Asylverfahren von Staatsangehörigen dieser Staaten werden dadurch schneller bearbeitet und - im Anschluss an eine negative Entscheidung über den Asylantrag - wird ihr Aufenthalt in Deutschland schneller beendet», heißt es in dem Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums, den das Kabinett beschloss. Bundestag und Bundesrat müssen noch zustimmen.

«Mehr als jeder zehnte abgelehnte Asylantrag kommt aus diesen beiden Ländern», erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). «Hier können wir also sehr schnell irreguläre Migration wirksam reduzieren. Zugleich wollen wir mit Georgien und Moldau demnächst Migrationsvereinbarungen schließen.»

Pressekonferenz zu dritt zum Abschluss der Klausur

Zum Abschluss der fünften Klausurtagung des Bundeskabinetts von SPD, Grünen und FDP seit der Vereidigung im Dezember 2021 wollen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Lindner auf einer Pressekonferenz über die Ergebnisse berichten.

Nach früheren Kabinettsklausuren wurden diese Auftritte auch dazu genutzt, bei allen Meinungsverschiedenheiten ein gewisses Maß an Geschlossenheit zu demonstrieren. Diesmal ist das wohl so nötig wie noch nie. Seit März ist die Regierungsarbeit von heftigen Auseinandersetzungen über das Heizungsgesetz oder die Kindergrundsicherung belastet.

Kanzler will Kommunikationswende der Ampel

In den Umfragen sind die Ampel-Parteien inzwischen weit von einer Mehrheit entfernt. 72 Prozent sind nach einer aktuellen Erhebung des Meinungsforschungsinstituts YouGov unzufrieden mit der Arbeit der Regierung in der ersten Halbzeit der Wahlperiode. Die Koalitionäre führen die schlechten Werte selbst auf ihre teilweise missratene Kommunikation zurück: «Wir versauen es uns permanent selbst. Und das ist natürlich auf Dauer kein Erfolgsgeheimnis», sagte Vizekanzler Habeck kürzlich.

Zum Auftakt der Klausurtagung rief Scholz erneut dazu auf, sich zu bessern. «Wir haben eine sehr erfolgreiche Leistungsbilanz im letzten und diesem Jahr und es wäre natürlich gut, wenn alle mit ihren Kommunikationsstrategien dazu beitragen», sagte er. «Ich habe das Gefühl, diese Klausur trägt dazu bei, dass das auch gut gelingen kann.»

Heil ruft zu Zusammenhalt in Koalition auf

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil appellierte derweil an seine Koalitionspartner, öffentlichen Streit zu unterlassen und Gemeinsamkeiten nach vorn zu stellen. «Also ich kann nur raten (...), dass wir aufhören, sozusagen kleinkariert in der Koalition auszuzählen, wer sich wo durchgesetzt hat und miteinander unsere Pflicht tun», sagte der SPD-Politiker im ARD-«Morgenmagazin». Dazu könnten alle Koalitionspartner ihren Beitrag leisten. Im Sommer sei hingegen kommunikativ viel schiefgelaufen.

Heil widersprach zugleich Vorwürfen, die Balance zwischen der Unterstützung der Wirtschaft und sozialen Hilfen sei nicht gegeben. Wirtschaftlicher Erfolg des Landes und sozialer Zusammenhalt seien «zwei Seiten einer Medaille». Auf der einen Seite brauche das Land eine starke Wirtschaft, auf der anderen sei die Ausgrenzung von Menschen von sozialer Teilhabe nicht nur ungerecht, sondern auch ein ökonomischer Schaden.

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