Freies Radio Flensburg

FDP-Fraktion will Radio Fratz die Fördergelder entziehen

FDP-Fraktion will Radio Fratz die Fördergelder entziehen

FDP-Fraktion will Radio Fratz die Fördergelder entziehen

Lisa Bohlander/shz.de
Flensburg
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Ein Plakat des freien Radiosenders Fratz in Flensburg. Foto: Lisa Bohlander

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Hintergrund ist die laut FDP-Fraktion „einseitige Berichterstattung“ über die Geschehnisse um den Bahnhofswald.

Die Flensburger FDP-Fraktion fordert in einer am Freitag veröffentlichten Beschlussvorlage, dem Freien Radio Flensburg die Fördergelder zu entziehen. Konkret geht es um den jährlichen Zuschuss in Höhe von 22.000 Euro. Dieser soll „mit sofortiger Wirkung eingestellt und auf Antrag auf andere Einrichtungen der freien Kultur verteilt“ werden, heißt es in der Vorlage.

Hintergrund ist die Berichterstattung rund um den Bahnhofswald. Konkret begründet die Ratsfraktion ihren Entschluss wie folgt: „Im Rahmen der Geschehnisse um den „Bahnhofswald“ zeigte das Radio Fratz eine nur einseitige Berichterstattung. Diese Art der Berichterstattung passt nicht zu einer Förderung aus allgemeiner öffentlicher Hand, da sie dieser entgegensteht. Auch innerhalb der Flensburg Strategie ist dieses nicht zu vertreten.“

Kritik an Tweets

Christian Schweckendieck, bürgerschaftliches Mitglied der FDP Ratsfraktion und Vorsitzender des Finanzausschusses, sagte auf Nachfrage von shz.de, dass sich die Beschlussvorlage auf die Tätigkeit des Freien Radios auf dem Kurznachrichtendienst Twitter in den vergangenen Tagen stütze. „Dort wurden Tweets (Anm. d. Red.: Kurznachrichten) geteilt und retweetet, sich am Bahnhofswald zu versammeln.“ Dies sei entgegen dem öffentlichen Wohl in einer Pandemie.

„Es ist nicht so, dass wir Meinung verbieten oder zensieren wollen, das ist auch entgegen unserer Philosophie“, sagt Schweckendieck. „Kritik darf auch gerne geäußert werden.“ Von einer Bezuschussung und Finanzierung rücke die FDP-Fraktion allerdings ab.

Linke kritisiert „angedrohte Zensur“

Der Kreisvorstand Die Linke Flensburg stellt sich gegen die Vorlage der FDP und bezeichnet sie als „angedrohte Zensur der Flensburger Presselandschaft“. Die Kreisvorsitzende der Linken Katrine Hoop sagt: „Nur weil der FDP eine Berichterstattung nicht gefällt, soll das Medium zensiert oder gleich abgeschafft werden. Das ist ein massiver Angriff auf die freie Meinungsäußerung und kulturelle Vielfalt in unserer Stadt.“

Luca Grimminger, ebenfalls Kreisvorsitzender der Linken, erklärt: „Ein freies Radio lädt alle Menschen in Flensburg zum Mitmachen ein und soll gerade Inhalten eine mediale Plattform geben, die sonst in der Medienlandschaft unterrepräsentiert sind.“ Der Antrag der FDP zeuge von völliger Unwissenheit des Konzepts und der tatsächlichen Vielfalt der Sendungen.

Grüne: Indirekte Einschränkung der Pressefreiheit

Auch die Ratsfraktion der Grünen reagierte mit Unverständnis. „Der Antrag der FDP macht mich fassungslos. Dass ausgerechnet die freien Demokraten die Redaktionsentscheidungen eines freien Radios einschränken wollen, ist nicht hinzunehmen“, erklärte der Fraktionsvorsitzende der Grünen Clemens Schmidt. „Es kann nicht sein, dass wenn einer Fraktion die Berichterstattung nicht passt, versucht wird, dem Medium die Förderung zu entziehen und so indirekt die Pressefreiheit einzuschränken.“

Und weiter: „Wir können stattdessen froh sein, dass wir in Flensburg Personen haben, die motiviert sind, ehrenamtlich ein Radio zu betreiben und niedrigschwellig zum Mitmachen einladen.“ Schmidt sieht die 2018 beschlossene städtische Förderung des Radios als großen Erfolg, mit dem die Arbeit des Radios überhaupt erst ermöglicht wurde. „Dabei sollte es vollkommen unerheblich sein, ob wir als politische Vertreter die Sichtweise in der Berichterstattung teilen.“

Selbstverwaltung als Verein

Das Freie Radio Flensburg „Fratz“ kündigte auf der zugehörigen Internetseite eine detaillierte Stellungnahme zur Beschlussvorlage an und reagierte auf Twitter.

In einem Beitrag vom Freitagnachmittag widersprechen die Verantwortlichen der Darstellung Schweckendiecks: „Wir haben als Freies Radio Fratz, NICHT dazu aufgerufen zum #BaWaBleibt zu kommen. Wir haben Menschen vor Ort und ihre Forderungen zitiert.“ Dies sei Journalismus. In einem weiteren Tweet ergänzen die Verantwortlichen: „Wir haben die Mahnwache und die Besetzung über Wochen – mal mehr, mal weniger intensiv vor Ort begleitet.“ Im Rahmen der legalen Mahnwache hätten sie diverse Workshops angeboten, etwa zum Thema Gegenöffentlichkeit. Auch dies sei Journalismus.

Das Radio verwaltet und trägt sich als eingetragener Verein selbst. Die Fördergelder gingen „für Fixkosten drauf, wie z.B. Miete und Bürobedarf.“ Auf der Internetseite sind zudem ein Spendenkonto angegeben und zahlreiche Kooperationspartner aufgelistet, etwa der Bundesverband Freier Radios sowie das Freie Radio Neumünster und Rostock, das Kühlhaus und Volksbad Flensburg und das Aktivitetshuset Flensborg.

Die Flensburgstrategie: Das Wohl der Stadt im Blick

Als Ziel der Beschlussvorlage gibt die Fraktion die „Flensburgstrategie“ an. Sie soll die gesellschaftliche Teilhabe aller Einwohnerinnen und Einwohner stärken, sodass sich alle Einwohner als Flensburger fühlen. Weiterhin sieht die Strategie „Flensburg stärkt sein Image nach innen und nach außen“ und „Flensburg vermarktet sich vorbildlich“ als weitere Ziele vor. Auch das Freie Radio Flensburg stehe laut Schweckendieck für Flensburg und hätte in den vergangenen Tagen „nicht für das öffentliche Wohl gearbeitet. Das passt nicht zusammen.“ Das Oberziel der Flensburgstrategie lautet: „Flensburg will Dein Engagement – und macht es möglich“.

Die Beschlussvorlage soll am 11. März im Finanzausschuss und am 27. Mai im Kulturausschuss diskutiert und darüber abgestimmt werden. Die Forderung soll laut Vorlage „als bald als möglich“ und spätestens zu Beginn des kommenden Schuljahrs umgesetzt werden.

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