Abfallproblem

Warum Anette Baasch den Müll anderer Leute einsammelt

Warum Anette Baasch den Müll anderer Leute einsammelt

Warum Anette Baasch den Müll anderer Leute einsammelt

Ove Jensen/shz.de
Flensburg
Zuletzt aktualisiert um:
Anette Baasch sammelt bei ihren Spaziergängen mit ihrem Hund Eddie Müll am Straßenrand ein. Foto: Marcus Dewanger

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Seit Corona liegt mehr Müll in Flensburg, hat die Erzieherin beobachtet – und beschlossen, etwas dagegen zu tun.

Anette Baasch und ihr Golden Retriever Eddie sind ein eingespieltes Team. Seit 14 Jahren gehen sie mehrmals am Tag durch Fruerlund. Die heute 58-jährige Erzieherin aus dem Waldkindergarten hat in dieser Zeit einiges gesehen.

In jüngster Zeit aber, ungefähr seit dem ersten Corona-Lockdown, sieht sie dabei immer mehr, was ihr gar nicht gefällt: Müll. Zigarettenstummel auf dem Gehweg, vollgeschniefte Papiertaschentücher in den Zäunen, Wurstverpackungen im Gebüsch, Gummibärchentüten, Flachmänner und hin und wieder auch ein Kondom.

Wir wollen doch auch in Zukunft noch vom Vogelgezwitscher geweckt werden – aber der Plastikmüll ist pures Gift für die Vögel.

Anette Baasch

Vor ein paar Wochen wurde es ihr zu bunt und sie beschloss, etwas dagegen zu tun. Seither gehören Handschuhe und Mülltüten zu ihrer Ausrüstung, wenn sie mit Eddie Gassi geht. Anette Baasch räumt ihren Stadtteil auf. Jeden Tag ein bisschen.

„Natürlich habe ich mich am Anfang gefragt, warum ich den Müll anderer Leute einsammeln soll“, sagt sie. „Aber dann habe ich mir gesagt: Nein, das hier ist meine Stadt, meine Natur. Ich möchte mich hier wohlfühlen wie in der guten Stube, dann muss ich sie auch sauber halten.“ Dabei geht es ihr nicht nur um das Stadtbild, sondern auch um den Schutz der Natur. „Wir wollen doch auch in Zukunft noch vom Vogelgezwitscher geweckt werden – aber der Plastikmüll ist pures Gift für die Vögel.“

Viele Kinder machen spontan mit

Eddie hat sich daran gewöhnt, dass die Spaziergänge mit seinem Frauchen nun etwas langsamer sind, und er wartet oft geduldig, wenn Anette Baasch sich wieder bückt, um Abfall aufzuheben. Inzwischen hofft sie, dass sie Nachahmer findet. „Ich hatte schon viele schöne Begegnungen mit Menschen, die mich auf mein Müllsammeln angesprochen haben.“ Vor allem Kinder machen immer wieder mit Begeisterung mit.

Mit der Beobachtung, dass in jüngster Zeit deutlich mehr Müll auf Flensburgs Straßen liegt, ist Anette Baasch nicht allein. Woran liegt das? Sie meint: „Vielleicht hat die Coronakrise zu einer Erschöpfung der Menschen geführt und zu weniger Aufmerksamkeit für andere Dinge.“

Ein Wunsch hat sie aber auch an Stadtverwaltung und TBZ: Die Mülleimer am Straßenrand sollten häufiger geleert werden. „Sie sind oft überfüllt. Da ist es kein Wunder, dass die Menschen ihre Abfälle irgendwann woanders hinwerfen.“

Mehr lesen