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Nach Blutgerinnseln: Was wir über den Astrazeneca-Impfstoff wissen

Nach Blutgerinnseln: Was wir über den Astrazeneca-Impfstoff wissen

Was wir über den Astra-Zeneca-Impfstoff wissen

Elke Schröder/shz.de
Berlin
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Im Fokus von Debatten um Wirksamkeit und Nebenwirkungen: der Covid-19 Impfstoff des schwedisch-britischen Herstellers Astrazeneca Foto: Dado Ruvic/Reuters (Archivfoto)

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Nach Berichten über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen legen mehrere Länder eine Astrazeneca-Impfpause ein.

Nach Hinweisen auf mögliche Nebenwirkungen sind die Corona-Impfungen mit dem Impfstoff Astrazeneca nun auch in Deutschland vorsorglich ausgesetzt. Die Bundesregierung folgt damit einer aktuellen Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Montag mitteile.

Nach neuen Meldungen von Thrombosen der Hirnvenen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung in Deutschland und Europa halte das Institut weitere Untersuchungen für notwendig. Auch Dänemark, Italien, Niederlande und Frankreich setzten die Impfungen zunächst aus. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema:

Wie wirksam ist der Impfstoff von Astrazeneca?

Der Covid-19-Impfstoff (AZD1222) wies laut Hersteller 14 Tage nach der zweiten Dosis eine Wirksamkeit von etwa 70 Prozent auf. In einer neuen Studie erreichte der Impfstoff nach der zweiten Impfung bis zu 82 Prozent, wenn zwischen der Verabreichung ersten und zweiten Dosis ein deutlich größerer Abstand von zwölf oder mehr Wochen liegen.

Eine Studie der Universität Edinburgh zeigte, dass vier Wochen nach der ersten Impfung gegen Covid-19 das Risiko schwerer Verläufe mit Einweisung ins Krankenhaus, um 94 Prozent bei den Geimpften zurückgeht. Bei über 80-Jährigen sind es demnach durchschnittlich 81 Prozent.

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA), die das Mittel in der EU am 29. Januar für alle Menschen ab 18 Jahren zugelassen hat, hatte laut Paul-Ehrlich-Institut (PEI) die Wirksamkeit mit 60 Prozent beschrieben.

Eine Wirksamkeit von beispielsweise 60 Prozent bedeute aber nicht 60-prozentigen Schutz des Geimpften, so das PEI. Sie sage aus, dass 60 Prozent der Covid-19-Fälle verhindert werden, die ohne Impfung auftreten würden. Die Wahrscheinlichkeit zu erkranken, sinkt also um den ermittelten Prozentsatz.

Ein Missverständnis, das von Anfang die Akzeptanz des Vakzins erschwerte und dem Mittel bis heute nachhängt. Denn viele verglichen so fälschlicherweise die Abmilderung einer Erkrankung mit der Erkrankung eines Nicht-Geimpften.

Hinzukommt, dass die Ständige Impfkommission (STIKO) erst am 4. März in Deutschland das Mittel auch für über 64-Jährige zugelassen hat, mit Verweis auf neue Studiendaten aus Schottland und England „zur guten Wirksamkeit“ auch in „höheren Altersgruppen“.

Wie funktioniert der Impfstoff?

Bei dem Astrazeneca-Mittel handelt es um einen vektorbasierten Impfstoff. Als Träger- oder Vektorviren dienen Adenoviren, die bei Schimpansen Erkältungen auslösen. Für Menschen sind sie harmlos, denn die modifizierten Viren vermehren sich im Körper nicht und können somit keine Erkrankung auslösen, erklärt das Robert-Koch-Instituts (RKI).

Das Impfvirus enthält das genetische Material des Spikeproteins, mit dem sich der Erreger Sars-CoV-2 an menschliche Zellen andockt. Mit der Impfung wird so der Bauplan für das Oberflächenprotein des Coronavirus in einige wenige Körperzellen eingeschleust.

Mit dieser Information stellen die Zellen das Spikeprotein her, das das Immunsystem als fremd erkennt. Als Reaktion darauf bildet es, so das RKI, „Antikörper und T-Zellen, die im Idealfall vor einer Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 schützen“.

Laut RKI wurde bei einer natürlichen Infektion mit Adenoviren bisher keine genetische Veränderung menschlicher Zellen beobachtet.

Ein Vorteil, der das Astrazeneca-Vakzin früh zum Hoffnungsträger für Impfungen in Hausarztpraxen machte: Der Impfstoff kann Kühlschranktemperaturen von zwei bis acht Grad Celsius transportiert und gelagert werden kann.

Welche Impfreaktionen gibt es?

Dem RKI zufolge gehörten zu den häufigsten beobachteten Impfreaktionen, die in der Regel kurz nach der Impfung auftreten und wenige Tage anhalten, bislang Schmerzen an der Einstichstelle, Abgeschlagenheit, Kopf- und Gelenkschmerzen, Schüttelfrost sowie Fieber. Auch von Übelkeit wird berichtet. Laut Hersteller fallen die Impfreaktionen nach der zweiten Impfung geringer aus.

Schützt der Impfstoff auch vor Varianten des Virus?

Der Astrazeneca-Impfstoff soll ähnlich gut vor der britischen B117- Mutante wie vor dem ursprünglichen Virus schützen.

Ob er auch gegen die südafrikanische Variante B1351 wirkt, daran gibt es aber derzeit Zweifel. Eine bisher nicht begutachtete Studie mit nur 2.000 Menschen ermittelte nur einen „minimalen Schutz“ gegen leichte oder mittelschwere Covid-19-Verläufe.

Wie werden die Fälle von Blutgerinnseln nach der Impfung bewertet?

„Nach neuen Meldungen von Thrombosen der Hirnvenen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung in Deutschland und Europa, hält das Paul-Ehrlich-Institut weitere Untersuchungen für notwendig“, so ein Sprecher des Instituts. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA werde entscheiden, ob und wie sich die neuen Erkenntnisse auf die Zulassung des Impfstoffes auswirken.

Zuvor hatten auch die Niederlande Impfungen mit dem Impfstoff des britisch-schwedischen Pharmakonzerns Astrazeneca für zwei Wochen ausgesetzt. Dies geschehe auf der Grundlage „neuer Informationen“, hatte Gesundheitsminister Hugo de Jonge am späten Sonntagabend mitgeteilt.

Dabei bezog er sich auf sechs Fälle möglicher Nebenwirkungen in Dänemark und Norwegen an diesem Wochenende. „Wir müssen immer auf Nummer sicher gehen“, sagte der Minister. „Daher ist es klug, nun auf die Pausetaste zu drücken.“

Die EMA erklärte allerdings, dass es keine auffällige Häufung von Thrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gebe. Der Nutzen der Verabreichung des Astrazeneca-Mittels sei größer als die Risiken.

Ausgesetzt worden waren die Impfungen mit dem Vakzin vorübergehend auch in Italien. Dort war eine geimpfte Lehrkraft gestorben. Man handle aus „extremer Vorsicht“, bis man herausfinde, ob die Impfung mit dem Tod in Verbindung stehe, sagte der Gesundheitsbeauftragte der Region, Luigi Genesio Icardi, laut einer Mitteilung vom Sonntag. Am Abend waren die Impfungen wieder aufgenommen worden. Generell hält die italienische Regierung an der Impfung mit Astrazeneca fest.

Astrazeneca hatte nach einer Analyse von Impfdaten erneut Sorgen über die Sicherheit seines Corona-Impfstoffes zurückgewiesen. Eine sorgfältige Analyse der Sicherheitsdaten von mehr als 17 Millionen Geimpften in der EU und Großbritannien habe keine Belege für ein höheres Risiko für Lungenembolien, tiefen Venenthrombosen und Thrombozytopenie geliefert, wie der Konzern am Sonntag in London mitteilte. Damit bezieht sich das Unternehmen nun auf noch mehr Datensätze. Am Freitag hatte Astrazeneca sich bereits ebenso geäußert und dabei auf 10 Millionen Datensätze verwiesen.

Welche seltenen Nebenwirkungen sind bislang aufgetreten?

Allergische Reaktionen nach der Impfung mit dem Astrazeneca-Vakzin hält die Europäische Arzneimittel-Agentur im Gegensatz zu den Thrombose-Fällen zumindest in einigen Fällen für möglich.

So habe es unter fünf Millionen Geimpften in Großbritannien 41 Meldungen solcher Fälle gegeben, so die EMA. Aus diesem Grund wird Anaphylaxie sowie Überempfindlichkeitsreaktionen in die Liste der möglichen Nebenwirkungen des Vakzins aufgenommen.

Wie viele Dosen Astrazeneca-Impfstoff wurde bisher geliefert?

Der schwedisch-britische Hersteller hat, laut Bundesgesundheitsministerium und RKI, bislang über 3 Millionen Dosen geliefert (Stand 13. März). Davon seien, laut PEI bisher etwa 1,2 Millionen Dosen in Deutschland verimpft worden.

Für Ärger zwischen der EU und dem Hersteller sorgen immer wieder die Lieferengpässe: Vor wenigen Tagen hat Astrazeneca angekündigt, statt der zuletzt anvisierten 220 Millionen Dosen nur noch 100 Millionen bis zur Jahresmitte an die EU-Staaten zu liefern. Was bereits Einfluss auf Impftermine in einigen Bundesländern hat.

Mit Material der dpa

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