Haustiere

Luxusgut? Hohe Haltungskosten führen zu vollen Tierheimen

Luxusgut? Hohe Haltungskosten führen zu vollen Tierheimen

Luxusgut? Hohe Haltungskosten führen zu vollen Tierheimen

Sebastian Kaiser
Flensburg/Flensborg
Zuletzt aktualisiert um:
Wie viele andere sucht auch Katze Mona ein neues Zuhause. Doch viele Menschen können sich das Halten von Haustieren nicht mehr leisten. Foto: Sebastian Kaiser

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die Tierheime im Land sind überfüllt, vielerorts herrscht temporär Aufnahmestopp. Zwei Tierschutzvereine aus Nordfriesland erklären die Hintergründe und wie man dagegen vorgehen könnte.

Voll, voller – Tierheim. Viele Tierschutzeinrichtungen in Schleswig-Holstein platzen aus allen Nähten – die Auffangstationen sind an der Auslastungsgrenze. Es mangelt sowohl an Platz, Personal und Geld. Auch in Nordfriesland sieht die Lage schlecht aus. Sowohl der Tierschutzverein Husum, als auch der Tierschutzverein Niebüll warnen: Die Räumlichkeiten sind überfüllt, es können vorerst keine Tiere mehr angenommen werden. Dabei sah das Bild vor wenigen Jahren noch völlig anders aus. Während der Coronapandemie wurden Interessenten teils mit leeren Händen weggeschickt – alle Tiere schon vermittelt.

Jetzt ist der gegenteilige Effekt zu beobachten. „Uns war schon damals klar, dass das wieder zurückschwappt“, sagt Gesche Iben-Hebbel vom Tierschutzverein Niebüll und Umgebung in Klixbüll. Wie lange diese Phase andauern werde, sei aktuell jedoch nicht absehbar, noch sei zumindest keine Besserung in Sicht.

Tiere können aktuell nicht mehr abgegeben werden

Für Tierbesitzer bedeutet das, wer in Nordfriesland ein Tier abgeben will, kommt in der Regel auf eine Warteliste. Notfälle werden, wenn es geht, irgendwie dazwischengeschoben. Einfach mehr Tiere aufnehmen, ist für die Einrichtungen hingegen keine Option. „Entgegen der landläufigen Meinung sind Tierheime in den meisten Fällen nicht verpflichtet, die Tiere aufzunehmen“, erklärt Iben-Hebbel. Ganz im Gegenteil. Das Veterinäramt gibt vor, wie viele Tiere in den Einrichtungen zugelassen sind. Aus Quarantäne- und Tierschutzgründen benötige jedes Tier ein Mindestmaß an Platz. Doch woran liegt es überhaupt, dass aktuell so viele Leute ihre Tiere bei den Tierheimen abgeben wollen?

Haustiere werden zum Luxusgut

„Da spielen mehrere Faktoren mit rein“, sagt Inke Rath vom Tierschutzverein Husum. Einerseits gäbe es vor den Sommerferien immer eine vermehrte Abgabe von Haustieren. Andererseits würden noch immer Menschen, die sich während der Pandemie ein Tier angeschafft haben, dies jetzt wieder abgeben. Der aktuell aber wahrscheinlich größte Faktor seien die gestiegenen Kosten für die Tierhaltung. Viele Menschen könnten sich die Haltung ihres Tieres schlichtweg nicht mehr leisten.

Diese Entwicklung ist auch in Niebüll zu beobachten: „Die Kosten für den Tierarzt sind deutlich gestiegen“, sagt Gesche Iben-Hebbel. Das liege hauptsächlich an einer kürzlichen Anpassung der Gebührenverordnung – im Schnitt sind die Kosten dadurch um 20 bis 30 Prozent gestiegen. Gleichzeitig hätten sich aber auch die laufenden Kosten erhöht. Günstiges Katzenfutter habe vor einem Jahr noch 50 Cent gekostet, jetzt sei es ein Euro – wenn es denn überhaupt zu bekommen ist. Ähnliches gelte für Tierbedarfsgüter wie Katzenstreu. Für einige Haustierbesitzer seien diese Kosten, neben den allgemein gestiegenen Lebenshaltungskosten, einfach zu viel, nicht jeder könne sich das leisten. „Wenn die Kosten weiter so steigen, werden sich mehr Leute von ihren Tieren trennen müssen“, fürchtet Inke Rath aus Husum.

Hinzu kommen natürlich noch die üblichen Gründe, die zur Abgabe eines Tiers führen würden, etwa eine Trennung, ein Umzug oder ein neuer Job mit weniger Zeit für die Tiere, heißt es aus Husum. Die Hoffnung für das Tierheim liege jetzt zunächst auf dem Ende der Sommerferien. Dann steige die Nachfrage nach Haustieren klassischerweise wieder an.

Neuvermittlung schwieriger als früher

Ob die erhoffte Erleichterung jedoch wirklich kommt, ist alles andere als sicher. In Klixbülll ist man zumindest noch skeptisch, die Vermittlung sei insgesamt schwieriger geworden. Der „Markt“ für die Vierbeiner sei größtenteils gesättigt. „Wer eine Katze wollte, der hat jetzt nach Corona auch eine“, so Gesche Iben-Hebbel. Zwar würden auch jetzt noch immer Katzen vermittelt, im Schnitt dauere es aber deutlich länger. Waren es früher im Schnitt noch ein bis zwei Monate, sind die Katzen jetzt vier Monate im Heim, bevor sie ein neues Zuhause finden. Das sorgt für Rückstau.

Wer sich von seinem Haustier trennen will, sollte sich daher am besten rechtzeitig um eine Neuvermittlung kümmern. Problematisch seien vor allem die Tiere, die spontan abgegeben werden, weil die Besitzer morgen umziehen. In solchen Situationen gebe es aktuell keine Chance auf einen Platz.

Tierschützer wünschen sich strengere Gesetze

Doch wie könnte das Problem angegangen werden? Beim Niebüller Tierschutzverein ist man für strengere Regeln, sowohl bei der Kastration als auch bei der Registrierung der Tiere. Aktuell sei die Kastration von Katzen keine Pflicht, die Kosten hingegen ein Problem. Lag eine Kastration vor einem Jahr noch bei etwa 120 Euro, können es jetzt schon um die 200 Euro sein. „Wer sich das nicht leisten kann, verzichtet vielleicht darauf“, so Gesche Iben-Hebbel. Dann habe man allerdings schnell sechs weitere Katzen, die zu der allgemeinen Problematik beitragen. „Gäbe es da bessere Gesetze, hätten wir hier bei der Katzenhilfe auch eine bessere Handhabe“, sagt sie.

Mehr lesen