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Nach Amoklauf: Diskussion über Waffengesetze

Nach Amoklauf: Diskussion über Waffengesetze

Nach Amoklauf: Diskussion über Waffengesetze

dpa
Bremen/Hamburg
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Polizeibeamte in Hamburg vor dem Gebäude der Zeugen Jehovas, wo ein Amokläufer erst sieben Menschen und dann sich selbst tötete. Foto: Christian Charisius/dpa

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Nach dem Amoklauf bei den Zeugen Jehovas in Hamburg schweben drei Menschen weiterhin in Lebensgefahr. Die Innenminister beraten, wie solche Taten verhindert werden können.

Vier Tage nach der Amoktat bei den Zeugen Jehovas in Hamburg dauert die Diskussion um eine Verschärfung des Waffenrechts an. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte, bei der Erteilung von Waffenerlaubnissen die Gesundheitsämter stärker einzubinden. «Wir wollen, dass künftig die Waffenbehörde nicht nur bei den Sicherheitsbehörden und der örtlichen Polizei abfragt, sondern auch bei den Gesundheitsbehörden», sagte Faeser am Montag in Bremen. Dort beriet sie mit den SPD-Innenministern der Länder unter anderem über die Verschärfung des Waffenrechts.

Drei Verletzte schweben noch in Lebensgefahr

Das Treffen stand ganz unter dem Eindruck des Amoklaufes. Die Tat habe unermessliches Leid ausgelöst, sagte Faeser. Am Donnerstagabend hatte der 35-jährige Philipp F. in Hamburg-Alsterdorf sieben Menschen erschossen, darunter ein ungeborenes Kind. Dann tötete er sich selbst. Neun Menschen wurden verletzt, berichtete Hamburgs Innensenator Andy Grote seinen SPD-Kollegen. Drei von ihnen schwebten immer noch in Lebensgefahr. Nur das schnelle Eingreifen der Polizei habe verhindert, dass der Täter in einem Gemeindesaal der Zeugen Jehovas noch mehr Menschen erschießt. «So konnten wir 17 Menschen retten», sagte Grote.

Acht Teilnehmer eines Gottesdienstes hatten im Saal Schussverletzungen erlitten. Eine weitere Frau war als erste in ihrem Auto auf einem Parkplatz am Gebäude beschossen worden. Sie hatte leicht verletzt flüchten können. Die Hamburger Polizei wollte sich am Montag nicht zum Fortgang der Ermittlungen äußern und verwies stattdessen auf eine Landespressekonferenz am Dienstag. Grote und Polizeipräsident Ralf Martin Meyer würden über den aktuellen Ermittlungsstand berichten.

Philipp F. war ein ehemaliges Mitglied der Hamburger Gemeinde, die er vor eineinhalb Jahren freiwillig, aber offenbar nicht im Guten verlassen hatte, wie Polizei, Staatsanwaltschaft und Innenbehörde am Freitag sagten. Der 35-Jährige war Sportschütze, hatte eine Waffenbesitzkarte. Die Behörde hatte im Januar einen anonymen Hinweis auf eine mögliche psychische Erkrankung von Philipp F. erhalten. Er wurde daher Anfang Februar von zwei Beamten der Waffenbehörde unangekündigt aufgesucht. Damals habe es keine relevanten Beanstandungen gegeben, die rechtlichen Möglichkeiten seien ausgeschöpft gewesen, hatte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer erklärt.

Faeser legte in Januar einen Entwurf für ein schärferes Waffenrecht vor

Ob und in welcher Form es eine offizielle Trauerfeier für die Opfer geben wird, ist noch unklar. «Die Überlegungen für ein solches Gedenken sind noch nicht abgeschlossen», teilte die Senatskanzlei mit. Grote hatte am Tag nach der Tat erklärt: «Das ist die schlimmste Straftat, das schlimmste Verbrechen in der jüngeren Geschichte unserer Stadt.»

Faeser erklärte, die Gesundheitsämter hätten oft Erkenntnisse zu Personen, «weil sie psychisch auffällig geworden sind, in irgendwelche Straftaten verwickelt wurden, eingewiesen wurden in Unterbringung». Auch sollten nicht nur Antragsteller bis 25 Jahre ein ärztliches oder psychologisches Gutachten vorlegen müssen, sondern künftig auch ältere. Die Bundesinnenministerin hatte im Januar einen Entwurf für ein schärferes Waffenrecht vorgelegt, den sie nach den Hamburger Ereignissen auf Lücken überprüfen will.

Auch Grote forderte in einem Interview des «Hamburger Abendblatts», vor Erteilung einer Waffenerlaubnis sollten Antragsteller ein amtsärztliches oder psychologisches Zeugnis vorlegen müssen. Bei der Frage nach dem Motiv des Amoktäters ist für den Senator eine Tendenz erkennbar: «Im Moment deutet alles darauf hin, dass das Motiv in der Beziehung zwischen dieser Gemeinde der Zeugen Jehovas und dem Täter als ehemaligem Mitglied dieser Gemeinde begründet liegt», sagte Grote der Zeitung.

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