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«Ocean Viking» darf Frankreich ansteuern

«Ocean Viking» darf Frankreich ansteuern

«Ocean Viking» darf Frankreich ansteuern

dpa
Paris
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Einige der aus dem Meer geretteten Migranten an Bord des humanitären Schiffes «Ocean Viking». Das Seenotrettungsschiff mit 234 Migranten an Bord darf Frankreich ansteuern. Foto: Vincenzo Circosta/AP/dpa

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Beharrlich hielt Italien seine Häfen für die «Ocean Viking» geschlossen, die Lage an Bord des Seenotrettungsschiffs spitzte sich. Nun nimmt sich Frankreich des Schiffs mit 234 Geflüchteten an.

Für die 234 Migranten an Bord des Seenotrettungsschiffs «Ocean Viking» ist es nach einer strapaziösen Hängepartie auf dem Mittelmeer eine erlösende Nachricht. Nach der beharrlichen Weigerung Italiens, das Schiff in einen seiner Häfen einlaufen zu lassen, gab Frankreich am Donnerstag das von den Seenotrettern erhoffte grüne Licht zur Aufnahme der «Ocean Viking».

Das Schiff werde am Freitagmorgen im Militärhafen des südfranzösischen Toulon erwartet, teilte Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin mit. Frankreich und Deutschland würden jeweils ein Drittel der Geflüchteten aufnehmen. Weitere EU-Länder prüften die Aufnahme weiterer Migranten von dem Boot. Angesichts der humanitären Notlage auf dem Schiff, das bereits seit zwei Wochen mit den Flüchtlingen auf dem Meer unterwegs sei, habe Frankreich sich ausnahmsweise zur Aufnahme des Schiffs entschieden.

Frankreich verschärfte zugleich den Ton gegenüber Italien und kündigte harte Schritte an. Darmanin verurteilte das Verhalten des Nachbarlandes. Dies belaste das Verhältnis zu Frankreich. Er drohte, Frankreich werde nicht wie bei einem Solidaritätsgipfel vereinbart bis zum kommenden Sommer 3500 Migranten aus Italien übernehmen, weil das Land mit seinem Vorgehen gegen internationales Völkerrecht verstoße. Darmanin rief Deutschland und die anderen Staaten dazu auf, dem französischen Vorgehen zu folgen.

Endlich im sicheren Hafen

«Wir sind sehr erleichtert, dass unserem Schiff ein sicherer Hafen in Frankreich zugewiesen wurde und damit eine kritische Situation beendet ist», sagte der Einsatzleiter der Hilfsorganisation SOS Méditerranée, Xavier Lauth. Aber die Lösung habe einen bitteren Beigeschmack: Die Frauen, Kinder und Männer an Bord hätten eine schreckliche Tortur hinter sich. «Die Ausschiffung fast drei Wochen nach ihrer Rettung, so weit entfernt vom Einsatzgebiet im zentralen Mittelmeer, ist das Ergebnis eines dramatischen Versagens aller europäischen Staaten, die das Seerecht in beispielloser Weise verletzt haben.»

Italiens neue ultrarechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte am Mittwoch laut Medienangaben vor Parteifreunden geschimpft, dass Paris zwar Rom in der Migrantenfrage kritisiere, aber an der Grenze bei Nizza kontinuierlich Menschen abweise. Die Nachrichtenagentur Ansa rechnete vor, dass durchschnittlich 80 Flüchtlinge und Migranten pro Tag von den Franzosen am Grenzübertritt gehindert werden. Frankreichs Innenminister Darmanin kündigte am Donnerstag prompt verschärfte Kontrollen an der Grenze zu Italien an, um die Zahl der nach Frankreich einreisenden Flüchtlinge zu reduzieren.

Die EU-Kommission hatte am Mittwoch scharfe Kritik am Umgang der italienischen Behörden mit der «Ocean Viking» geübt. Die Lage an Bord habe ein kritisches Niveau erreicht und müsse dringend angegangen werden, um eine humanitäre Tragödie zu verhindern. «Die rechtliche Verpflichtung zur Rettung und zur Gewährleistung der Sicherheit des Lebens auf See ist klar und eindeutig - unabhängig von den Umständen, die die Menschen in Not versetzen», hieß es in einer Mitteilung.

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