Gastkommentar

„Alternativlos nach vorne denken, um nah beim Volk zu sein“

Alternativlos nach vorne denken, um nah beim Volk zu sein

Alternativlos nach vorne denken, um nah beim Volk zu sein

Claudia Knauer
Claudia Knauer
Apenrade/Aabenraa
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Büchereidirektorin Claudia Knauer befasst sich in ihrem Gastkommentar mit dem Nebelkerzenausweichspiel von Politikerinnen und Politikern auf beiden Seiten der Grenze.

Wer sich der Mühe unterzieht, einem Politiker/innen-Interview zu lauschen – oder dem eines rhetorische geschulten Wirtschaftsmenschen – der mag sehr oft an Jesus Worte aus der Bergpredigt denken: „Eure Rede aber sei: Ja! Ja! Nein! Nein! Was darüber ist, das ist vom Übel.“ (Matthäus 5,37).

In den Gesprächen versuchen Journalisten immer wieder behände von ihrem Gegenüber belastbare Aussagen zu bekommen. Die Antworten aber gehen ins Leere. In Dänemark wie in Deutschland spielen Politikerinnen und Politiker das Nebelkerzenausweichspiel. Ausnahme vielleicht der deutsche Bundeskanzler, der gerne sehr klar antwortet. Zum Beispiel auf eine Journalistenfrage, ob er seine Haltung ausführen könnte, nur „ja“ sagt. Und es dabei bewenden lässt. Zugegeben, hier ist die Rede ja. Aber dann doch zu kurz. Ausführungen wären hier nicht von Übel, sondern erhellend.

Und dann sind klare Worte gemeint und nicht das so oft übliche Blablabla. Irgendjemand möchte unbedingt „nach vorne denken“. Prima, wohin denken wir denn für gewöhnlich? Nach hinten, nach links? Auch wenn eine Politikerin jemandem „mein vollstes Vertrauen“ ausspricht, muss man auf der Hut sein. Einige von Angela Merkels Parteifreunden haben das schmerzlich erfahren.

Diejenigen, die betonen, dass sie „ganz nah am Volk“ sind, habe es offenbar nötig. Wer solche Phrasen drischt, ist meistens schon ganz weit weg und ahnt nicht, wie die Durchschnittsrente im Land aussieht.

„Schonungslose Aufklärung“ und „unbürokratische Hilfe“ werden auch immer gerne versprochen. Darüber lachen die Menschen im Ahrtal schon lange nicht mehr. Und die Cum-Ex-Akteure müssen sich auch keine wirklichen Sorgen machen.

Besondern aufmerksam muss der Wahlbürger, die Bürgerin auch sein, wenn etwas „alternativlos“ ist. Das ist in sich schon mal nicht richtig. Man kann immer handeln oder nicht-handeln. Das wären schon mal Alternativen.

„Suboptimal“ bedeutet auch nur, dass etwas wirklich Sch… ist, aber man das lieber nicht so nennen möchte.

Die Liste ließe sich endlos fortsetzen, denn alle wissen doch, dass Worte auch Macht bedeuten. Die Macht, die Wahrheit zu verschleiern, zu verdrehen.

Dabei sind Worte doch so etwas Grandioses, mit dem sich Werke wie der „Faust“, „Harry Potter“ oder die „Göttliche Komödie“ schaffen lassen.

Aber man sollte zumindest kritisch hinhören, wenn Politiker/innen sie zu dienstlichen Zwecken nutzen.

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