«Kein Weg zurück»
Proteste gegen Junta in Myanmar weiten sich aus
Proteste gegen Junta in Myanmar weiten sich aus
Proteste gegen Junta in Myanmar weiten sich aus
Die Menschen in Myanmar wollen die Rückkehr zu einer Militärdiktatur nicht hinnehmen. Eine Woche nach dem Putsch schließen sich immer mehr Bürger den Protesten an. Sie wissen um die Gefahren. Das Militär reagiert bereits mit Drohgebärden.
Die Massenproteste gegen die Putschisten in Myanmar weiten sich eine Woche nach der Machtübernahme des Militärs weiter aus.
Nach den Großdemonstrationen vom Wochenende kam es am Montag erneut in vielen Landesteilen zu Kundgebungen mit Zehntausenden Teilnehmern. Die Demonstranten fordern die Wiedereinsetzung der entmachteten Regierungschefin Aung San Suu Kyi, die im November die Parlamentswahl deutlich gewonnen hatte. Eine Eskalation sei zu befürchten und werde auch erwartet, sagte ein Aktivist, «aber wir können nicht stoppen, es gibt keinen Weg zurück».
Seit Montagabend (Ortszeit) gelten in stark von Protesten betroffenen Gegenden von Rangun und Mandalay sowie weiteren Städten und Bezirken Ausgangssperren zwischen 20 und 4 Uhr. Außerdem sind Ansammlungen von mehr als fünf Personen, öffentliche Reden sowie Proteste verboten, wie die Zeitung «Myanmar Times» unter Verweis auf entsprechende Ankündigungen der Verwaltung berichtete.
Die Militärführung warnte die Demonstranten am Nachmittag, es würden Maßnahmen gegen jeden ergriffen, der die «Stabilität des Staates, die öffentliche Sicherheit oder die Rechtsstaatlichkeit» gefährde, wie die Zeitung «The Irrawaddy» unter Berufung auf das Staatsfernsehen berichtete. Es zeichne sich ein hartes Durchgreifen gegen die friedlichen Kundgebungen ab, so das Blatt.
Die 75-jährige faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi war in der Nacht zum 1. Februar zusammen mit zahlreichen Spitzenpolitikern und Aktivisten in Gewahrsam genommen worden. Ihr Antlitz zierte nun unzählige Schilder und Plakate der Demonstranten, die die Friedensnobelpreisträgerin derzeit wieder zur Freiheitsikone stilisieren. International steht Suu Kyi hingegen seit Jahren wegender staatlichen Diskriminierung der muslimischen Rohingya-Minderheit inder Kritik.
In der Hauptstadt Naypyidaw setzte die Polizei Wasserwerfer ein, wie auf Fotos und Videos in sozialen Netzwerken zu sehen war. Dabei soll es auch Verletzte gegeben haben. Eine Journalistin von «Channel News Asia» berichtete auf Twitter, Demonstranten hätten die Sicherheitskräfte lautstark aufgefordert, sich nicht weiter gegen das Volk zu stellen. «Pyithu Ye» hätten sie immer wieder gerufen - in der Landessprache bedeutet das so viel wie «Polizei des Volkes».
Eine Großdemonstration gab es am Montag auch in der nördlichen Großstadt Mandalay. Die Teilnehmer forderten «Gerechtigkeit für Myanmar», viele reckten durchgestrichene Fotos des Generals Min Aung Hlaing in die Höhe, der nach dem Putsch die Macht übernommen hatte. «Schäm Dich, Diktator», war darauf zu lesen. Berichten zufolge wurde in Teilen der Stadt das Kriegsrecht ausgerufen, Ansammlungen von mehr als fünf Menschen wurden verboten.
Auch in der größten Stadt Rangun (offizieller Name mittlerweile Yangon) gingen viele Menschen auf die Straße und forderten die Wiedereinsetzung der zivilen Regierung und die Rückkehr zur Demokratie. Wie bereits am Wochenende dominierte bei den Kundgebungen die Farbe Rot - in Anlehnung an die Farbe von Suu Kyis Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD).
Papst Franziskus forderte eine sofortige Freilassung der festgenommenen Politiker. Der Weg der Demokratisierung der letzten Jahre sei durch den Staatsstreich vergangene Woche jäh unterbrochen worden, kritisierte das Oberhaupt der katholischen Kirche am Montag.
Bereits am Wochenende hatten nach Augenzeugenberichten Zehntausende Menschen gegen die Militärs protestiert. Während der früheren fast 50 Jahre dauernden Militärdiktatur hatte die Armee Widerstand mit brutaler Gewalt unterdrückt. Im früheren Birma waren erst vor zehn Jahren zaghaft demokratische Reformen eingeleitet worden. «Dies ist mehr als eine nationale Krise, unsere Hoffnungen und unsere Zukunft werden gestohlen», sagte ein 24-jähriger Demonstrant.
Die Militärjunta, die ein eigenes Kabinett ernannt hat, hatte nach dem Putsch einen einjährigen Ausnahmezustand ausgerufen. Suu Kyi soll unter Hausarrest stehen, wurde aber seit dem Putsch nicht mehr gesehen. Berichten zufolge soll sie angeklagt werden.
Derweil haben prominente Aktivisten zu einem landesweiten Generalstreik aufgerufen. Die Bewegung des zivilen Ungehorsams (Civil Disobedience Movement) rief in sozialen Netzwerken die Bevölkerung auf, sich dem Widerstand anzuschließen. «Geht nicht ins Büro, geht auf die Straße», appellierte die Bewegung. Der Streik soll Berichten zufolge am Dienstagmorgen beginnen.
Nach einem Bericht des Portals «The Irrawady» schloss sich auch das Personal mehrerer Ministerien dem Aufruf an. Man wolle nicht unter einer Militärregierung arbeiten und glaube an die von der Verfassung aus dem Jahr 2008 gewährten Grundrechte, hieß es etwa in einer Stellungnahme der Beamten des Außenwirtschaftsministeriums.
Nach Angaben der britischen Organisation Netblocks, die weltweit Internetsperren dokumentiert, ist der Zugang zum Internet in dem südostasiatischen Land inzwischen wieder weitgehend hergestellt. Soziale Netzwerke seien aber für viele Nutzer weiterhin gesperrt.
Die Regierung hatte nach dem Putsch zuerst Facebook sperren lassen. Daraufhin waren die Demonstranten in den vergangenen Tagen größtenteils auf andere soziale Netzwerke wie Twitter und Instagram ausgewichen, um sich zu organisieren. Am Samstag wurden auch diese beiden Plattformen in Myanmar blockiert.