Demonstrationen

Zehntausende protestieren gegen Lithium-Bergwerk in Serbien

Zehntausende protestieren gegen Lithium-Bergwerk in Serbien

Zehntausende protestieren gegen Lithium-Bergwerk in Serbien

dpa
Belgrad
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"Wir geben Jadar nicht her" steht auf den Transparenten der Demonstranten, die in Belgrad einen Stopp des Lithium-Bergbauprojekt im serbischen Jadar-Tal verlangen. Foto: Darko Vojinovic/AP/dpa

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Serbien will mit Rückenwind aus Berlin und Brüssel Lithium fördern. Nach Ansicht von Kritikern ist dies umweltschädigend. Die Elektro-Industrie braucht jedoch den Rohstoff.

Großprotest gegen umweltgefährdenden Bergbau: Zehntausende Menschen haben in Belgrad gegen den geplanten Abbau von Lithium in ihrem Land demonstriert. Sie besetzten in der Nacht zu Sonntag zwei Bahnhöfe der serbischen Hauptstadt. Die Polizei nahm insgesamt 19 Demonstrierende fest. 

Die Beamten schritten erst am Morgen gegen die Schienenbesetzer ein und räumte die Bahnhöfe. Dort hielten sich zu dem Zeitpunkt noch kleinere Gruppen von Blockierern auf. Staatspräsident Aleksandar Vucic verurteilte die Bahnhofsblockaden, signalisierte aber Gesprächsbereitschaft sowie ein mögliches Referendum über das Lithium-Projekt.

Lithium-Deal Serbiens mit Brüssel

Serbiens Regierung hatte im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 19. Juli in Belgrad mit EU-Kommissionsvize Maros Sefcovic eine Absichtserklärung unterschrieben, die eine umweltverträgliche Förderung des weltweit extrem begehrten Leichtmetalls im Jadar-Tal ermöglichen soll.

Im westserbischen Jadar-Tal liegt Europas größtes Lithium-Vorkommen. Der Rohstoff ist wichtig für die Herstellung von Elektro-Autos. Im Juli dieses Jahres hatte Belgrad für die Lithium-Förderung grünes Licht gegeben. Zwei Jahre zuvor hatte die Regierung diese auf Druck von Umweltschützern, die die Lithium-Förderung für höchst schädigend für Mensch und Natur halten, vorläufig gestoppt.

Staatspräsident Serbiens will mit dem Volk reden

Vucic erklärte, die Besetzung der Bahnhöfe sei «kein Beitrag zur Demokratie». Er wolle mit den Anwohnern der geplanten Mine sprechen. «Ich verstehe einfach nicht, warum die Menschen in diesem Land die Wirtschaft Serbiens zerstören wollten», sagte er in einer Fernsehansprache. «Denken die Menschen in Serbien wirklich, dass ich dumm und verrückt bin, dass ich etwas gegen mein Land und mein Volk tun werde?» Er schloss nicht aus, dass es zu dem Thema ein Referendum geben könnte, entweder nur in der betroffenen Region oder in ganz Serbien.

Nach Angaben von Innenminister Ivica Dacic seien in der Protestnacht 14 Personen wegen Verdachts auf Straftaten festgenommen worden, drei weitere wegen Ordnungswidrigkeiten sowie zwei Ausländer wegen ihrer Anwesenheit bei der Demonstration in der Nähe wichtiger staatlicher Institutionen. Die Polizei habe die Zahl der Demonstrierenden auf 24.000 bis 27.000 geschätzt. Regierungsunabhängige Beobachter sprachen von rund 40.000 Protestlern. 

Bereits in den vergangenen Tagen hatten zahlreiche Menschen in mehr als 40 serbischen Städten gegen das Lithium-Projekt demonstriert. Die Organisatoren kündigten weitere Verkehrsblockaden in der kommenden Woche an, ohne Details zu nennen. 

Westen will Lithium-Abhängigkeit von China reduzieren

Deutschland und die EU wollen mit dem Lithium-Abbau in Serbien vor allem die Abhängigkeit von China reduzieren. China kontrolliert einen großen Teil des Abbaus und der Verarbeitung von Lithium weltweit. Serbien ist offiziell EU-Beitrittskandidat. Zugleich pflegen Serbiens Präsident Vucic und andere Regierungspolitiker enge Beziehungen zu Russland.

Umweltschützer kritisieren unter anderem, dass Lithium-Bergbau das Grundwasser mit Schwermetallen verunreinige und daher eine Gefahr für die Trinkwasserversorgung der Anwohner darstelle. «Ist es Patriotismus, einem multinationalen Unternehmen zu helfen, oder ist wahrer Patriotismus der Kampf für saubere Luft, sauberes Land und Wasser, der uns alle in Serbien ernährt?», sagte die Schauspielerin Jelena Stupljanin bei der Protestkundgebung in Belgrad. Interessiert an dem Lithium-Projekt in Serbien ist seit Jahren der australische Bergbaugigant Rio Tinto.

 

 

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