Diese Woche in Kopenhagen

„Eine Mail, die Nordschleswig Extramillionen bescherte“

Eine Mail die Nordschleswig Extrasmillionen bescherte

Eine Mail die Nordschleswig Extramillionen bescherte

Kopenhagen/Nordschleswig
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Die Kommunen in Nordschleswig gehören zu den Gewinnern beim Finanzausgleich. Eine interne sozialdemokratische Mail, die von „Angriffen“ auf Venstre spricht, hat zu dem Ergebnis beigetragen, meint Walter Turnowsky, Korrespondent in Kopenhagen.

Finanzausgleich, das klingt erst einmal knochentrocken.
Doch hinter dem bürokratischen Ausdruck verbergen sich Gelder für Seniorenpflege, Kindergärten und Volksschulen.

Und für diese und andere Zwecke haben die vier Kommunen in Nordschleswig soeben insgesamt 213 Millionen Kronen zusätzlich pro Jahr zur Verfügung bekommen. In einem ursprünglichen Vorschlag der Regierung war der Betrag erheblich niedriger, er sollte nur knapp 74 Millionen Kronen umfassen.

Das Prinzip des Finanzausgleichs ist, dass die reichen Kommunen an die ärmeren zahlen. Berücksichtigt wird dabei unter anderem, wer wie viele Senioren, Sozialhilfeempfänger und Kinder hat.

S und V-Kommunen

Nun ist es alles andere als eine exakte Wissenschaft, zu ermitteln, wer „arm“ und wer „reich“ ist.

Daher führt es jedes Mal zu einer intensiven politischen Auseinandersetzung darüber, was fair ist, wenn der Ausgleich reformiert werden soll. Auch die jüngste Verhandlung bildete da keine Ausnahme.

Die sozialdemokratische Regierung stellte erste Elemente der Reform Ende Januar vor. Sie wird als eine Form von Robin-Hood-Reform dargestellt, wo man den Reichen mehr wegnimmt und den Armen gibt.

Es stellt sich schnell heraus, dass vor allem sozialdemokratische Bürgermeister sich über den Vorschlag der Regierung freuen dürfen. Auch das ist nichts Neues: Ist Venstre an der Macht, werden vor allem Venstre-Kommunen berücksichtigt, und eben umgekehrt unter einer sozialdemokratischen Regierung.

Wie Robin Hood zum Intriganten wird

Mette Frederiksen und ihre Mannschaft sind fest entschlossen, sich mit der Reform zu profilieren. Es ist recht offensichtlich, dass eine genaue Kommunikationsstrategie verfolgt wird, wo vor allem Venstre als Blockierer der „fairen“ Reform dargestellt werden soll.


Die Opposition wiederum kritisiert, dass zentrale Daten verheimlicht würden.

 

Ende Februar geht die genau ausgetüftelte Strategie der Regierung jedoch nach hinten los. Jyllands-Posten schnappt eine Mail vom sozialdemokratischen Pressedienst auf, nach dem die Regierung von Venstre „angegriffen“ werden soll.

Die Mail ist an eine Reihe Sprecher der Partei, zentrale Angestellte aber auch an „Spindoktoren“ in Ministerien geschickt worden. So soll der persönliche Berater von Finanzminister Nicolai Wammen (Soz.) „Stories über Venstre finden … aufgrund von Antworten während der Verhandlungen und anderem“, heißt es in der Mail.

Selbst für die nicht immer ganz sauberen Methoden auf Christiansborg, ist es ungewöhnlich, dass Interna von Verhandlungen für solche Angriffe benutzt werden sollen.

Venstre in der Offensive

Die Sache bedeutet, dass sowohl Finanzminister Wammen als auch Staatsministerin Frederiksen Venstre eine demütigende Entschuldigung geben müssen.

Jetzt ist Venstre plötzlich in der Offensive und kann die Anliegen der Partei mit größerer Vehemenz sowohl in der Öffentlichkeit wie auch am Verhandlungstisch einbringen. Vor allem die Kommune im ländlichen Raum sollen stärker berücksichtigt werde. Hier ist Venstre bekanntlich stark vertreten.

Die Verhandlungen werden durch die Corona-Krise unterbrochen, aber auch als sie wieder aufgenommen werden, verhandelt Venstre hart weiter. Beim Endspurt verhandeln die Regierung und Venstre fast ausschließlich miteinander, um einen Kompromiss zwischen den beiden Parteien zu finden. Radikale, SF und die Alternative haben weitgehend ihre Anliegen durchgesetzt.

Extra-Zuschüsse für alle vier Kommunen

Neben der stärkeren Unterstützung für die Landkommunen hat Venstre ein weiteres Anliegen, das zumindest drei der Kommunen in Nordschleswig nützt. Sie wollen einen besonderen Zuschuss durchsetzen, der an Kommunen geht, denen durch Grenzpendler Kosten entstehen. Dies ist ein lang gehegter Wunsch in Tondern und Apenrade.

Am Ende bekommen Tondern, Apenrade und Sonderburg insgesamt 51 Millionen Kronen aus diesem Topf. Es macht also einen ganz beachtlichen Anteil der insgesamt 213 zusätzlichen Millionen Kronen für die nordschleswigschen Kommunen aus.

Im ursprünglichen Vorschlag der Regierung waren für Hadersleben und Tondern 51 Milionen Kronen beziehungsweise 33 Millionen extra vorgesehen gewesen. Apenrade hätte ungefähr den gleichen Betrag wie bisher erhalten, und Sonderburg hätte 10 Millionen weniger bekommen.

Nach den Verhandlungen bekommen die vier Kommunen jeweils 82 Millionen, 44 Millionen, 66 Millionen und 21 Millionen Kronen zusätzlich.

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