Kulturkommentar

„Großmütter für die Seele“

Großmütter für die Seele

Großmütter für die Seele

Apenrade/Aabenraa
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Ein Kulturkommentar Marlies Wiedenhaupt, Journalistin des Nordschleswigers.

In Simbabwe sitzen Omas auf sogenannten Freundschaftsbänken – und warten auf Patienten. Ausgebildet hat sie ein Psychotherapeut, der ihr Potenzial erkannte:  Sie haben Zeit und Geduld und die Weisheit des Alters. Die „Gogos“ genannten Frauen hören zu und helfen dadurch  Menschen in seelischer Not. 

Auslöser für Dr. Dixon Chibandas Initiative war eine  ehemalige Patientin, die sich das Leben genommen  hat. Er fragte deren Mutter, warum sie nicht zu ihm in die Klinik gekommen war. Die Antwort: Sie hatte nicht die 15 Dollar für den Bus.
So drastisch ist es hierzulande eher selten.  Obwohl der Bedarf für ein offenes Ohr  – und oft auch für weitergehende Hilfe ja vorhanden ist. 

Warum sonst hat der  Regionsrat der Region Süddänemark kürzlich im  Etat für 2020 Millionenbeträge für die Stärkung der psychiatrischen Versorgung eingeplant? Auch Gösta Toft, Regionsratskandidat und Vorsitzender des Sozialdienstes Nordschleswig, berichtete unserer Zeitung gegenüber von  einem steigenden Bedarf bei der Linderung psychischer Leiden. 

Schön und gut, wenn dafür von staatlicher Stelle mehr Geld bereitgestellt wird. Aber noch schöner, wenn  zudem fantasievolle  Initiativen  entstehen, zu denen etwa die Kultur eines anderen  Landes  anregt. Ein Land etwa, wie Simbabwe, das eher  Schlagzeilen macht, weil  dort  Hunger, Arbeitslosigkeit und Energieknappheit herrschen.

Zugegeben: Psychische Probleme  brauchen meist  professionelle Behandlung und sind nicht mit einem einfachen Gespräch zu lösen.  Aber manchmal eben doch. Und das heißt auch für andere Bereiche:  Weg mit den Schranken im Kopf, anders denken, Neues denken und Neues tun.  

Und viele Großmütter fühlen sich wieder gebraucht und wertgeschätzt. Die „Gogos“, die kürzlich in einer Dokumentation  im „heute Journal“ vorgestellt wurden,   sind in Simbabwe so erfolgreich, dass das Konzept zum Exportschlager wurde – nicht nur in Afrika. Selbst in New York gibt es inzwischen die ersten Bänke. 

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