Leitartikel

„Das Waffen-Dilemma“

Das Waffen-Dilemma

Das Waffen-Dilemma

Apenrade/Aabenraa
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Täglich wird in europäischen Ländern über neue Waffenlieferungen für die Ukraine diskutiert, obwohl Militärexperten sagen, dass diese den Konflikt militärisch nicht gewinnen kann. Die Waffenlieferungen müssen enden, um einen sinnlosen Krieg, der Tausende unschuldige Leben kostet, nicht weiter in die Länge zu ziehen, meint Redakteur Dominik Dose.

Mette Frederiksen und der ukrainische Botschafter in Dänemark, Mykhailo Vydoinyk, sagen, dass die ukrainischen Flüchtlinge, die nach Dänemark kommen, nicht integriert werden sollen, weil sie in ihre Heimat zurückkehren sollen, wenn der Krieg vorbei ist. Doch salopp gefragt, wohin sollen sie eigentlich noch zurückkehren, wenn dort nichts mehr übrig ist?

Als russische Truppen am 24. Februar damit begannen, die Ukraine anzugreifen, waren der Aufschrei und die Entrüstung in der ganzen Welt groß. Viele europäische Staaten sagten der Ukraine sofort ihren Beistand zu, und das nicht nur politisch, sondern vor allem auch mit Waffen. Dänemark, seine nordischen Nachbarn Schweden und Finnland sowie nach kurzer Zurückhaltung auch Deutschland fassten schnell den Beschluss, Panzerabwehr- sowie Boden-Luft-Raketen an die Ukraine zu liefern. Seitdem vergeht kaum ein Tag, an dem in den Medien nicht über weitere militärische Unterstützung in Form von Waffen an die Ukraine berichtet wird. Es scheint mittlerweile ganz selbstverständlich geworden zu sein.

Die täglichen Berichte darüber, wie sehr die russischen Angriffe in allen Teilen des Landes ins Stocken geraten, scheinen etwas zu einer Selbstverständlichkeit werden zu lassen, das zumindest aus deutscher Sicht vor einem Monat noch undenkbar schien: Waffen in einen laufenden Konflikt zu liefern. Die aktuelle Berichterstattung suggeriert uns das Bild, dass derzeit ein Patt herrscht, weil die Russen nicht vorankommen und die Ukrainer zu wenig westliche Unterstützung bekommen.

Der Historiker Sönke Neitzel warnt hingegen vor solchen vorschnellen Analysen, da, wie er anmerkt, oft eine unklare Nachrichtenlage herrscht und ein Großteil der Bilder und Informationen von ukrainischen Streitkräften stammen. Diese vermitteln aktuell den Anschein, dass die Ukraine diesen Krieg tatsächlich gewinnen kann?

Militärexperten, wie unter anderem der frühere Nato-General Hans-Lothar Domröse sind da überaus skeptisch, in einem Interview mit dem Medium „Welt“ heißt es, dass ein Sieg einer Art Wunder gleichkäme.

Angesichts dieser Expertise, die viele andere Experten ebenso teilen, muss durchaus die Frage erlaubt sein, warum wir weiter Waffen an die Ukraine liefern, wenn sie diesen Krieg gar nicht gewinnen kann? Sollte man, anstatt ihn mit zusätzlichen Waffen in die Länge zu ziehen, nicht stattdessen alles daran setzen, ihn so schnell wie möglich zu beenden?

Selbstverständlich ist dies leichter gesagt als getan, vor allem wenn ein Autokrat wie Putin am anderen Ende des Verhandlungstisches sitzt, und natürlich haben die Ukrainer auch ein Recht, sich zu verteidigen. Aber der Krieg dauert mittlerweile schon einen Monat an, jeden Tag kommen neue Bilder von neuen Zerstörungen und weiteren Toten bei uns an. Wenn dieser Krieg noch viele weitere Monate dauern wird, werden Tausende, vielleicht Zehntausende von Ukrainerinnen und Ukrainern sinnloserweise gestorben sein, das Land wird komplett in Trümmern liegen, und es wird nichts mehr geben, worum die Ukraine verhandeln kann.

Der Migrationsforscher Gerald Knaus prognostiziert, dass es bis zu 10 Millionen Flüchtlinge geben wird, wenn der Krieg noch lange so weitergeht.

Ja, die Ukraine hat ein Recht darauf, sich zu verteidigen, aber wenn bereits feststeht, dass sie diesen Krieg nicht militärisch gewinnen kann, wie die Experten sagen, dann sorgen wir mit weiteren Waffen nur dafür, dass noch viele weitere Tausend Menschen sterben und Millionen ihre Heimat verlieren werden.

Statt über weitere Waffenlieferungen nachzudenken, sollte man alles versuchen, die Parteien an den Verhandlungstisch zu bekommen, auch wenn auf der anderen Seite ein Kriegsverbrecher wie Wladimir Putin sitzt.

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