Trick beim Grenzhandel

Umwelt-Prämie: Deutsche Steuergelder für dänische E-Autos

Umwelt-Prämie: Deutsche Steuergelder für dänische E-Autos

Umwelt-Prämie: Deutsche Steuergelder für dänische E-Autos

Frank Jung
Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Archivbild E-Auto
Die deutschen Prämien für E-Autos subventionieren auch den schadstoffarmen Straßenverkehr im Ausland - obwohl sie eigentlich im Inland nutzen sollen./Archivbild Foto: Sebastian Kahnert

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Die deutsche Umwelt-Prämie wird für Wiederverkäufer junger Gerbrauchter Richtung Dänemark zu einem guten Geschäft.

Man braucht nicht lange zu googeln, um auf dänischen Websites entsprechende Angebote zu finden. Zum Beispiel auf quickimport.dk, der Seite eines Händlers in Kopenhagens südlichem Vorort Broendby, Heimatort des bekannten gleichnamigen Fußballvereins. „Keine Wartezeit“ trotz des angespannten Markts für E-Autos, heißt es dort. Ein sechs Monate alter Tesla 3sr + mit 8000 Kilometern auf dem Tacho ist bei quickimport für 320.000 Kronen zu haben.

Normalerweise würde das Fahrzeug mit 380.000 Kronen zu Buche schlagen. Die Ersparnis von umgerechnet rund 8000 Euro wird möglich, weil der Geschäftsmann aus Broendby seine jungen Gebrauchten besonders günstig aus Deutschland importiert.

 
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Beispiel Tesla 3: Spareffekt 7600 Euro

Oder die dänischen Endkunden bestellen gleich in der Bundesrepublik. Wie etwa Frits Mogensen (Name von der Redaktion geändert), der unweit von Flensburg auf der nördlichen Seite der Grenze wohnt. Er hat bei Auto Schmitz im nordrhein-westfälischen Mönchengladbach geordert, einem Gewerbetreibenden, der ebenfalls offensiv online mit der Masche wirbt. Mogensen hat dort für einen ein halbes Jahr alten Tesla 3 mit um die 9000 gefahrenen Kilometern 393.000 Kronen hingeblättert.

„Hätte ich ein vergleichbares Modell regulär in Dänemark gekauft, hätte das wahrscheinlich rund 450.000 Kronen gekostet“, erzählt der Autokäufer im Gespräch mit shz.de. Ersparnis hier also 7600 Euro. „Ein privater dänischer Wiederverkäufer mit einem in Dänemark erstzugelassenen Auto hätte mir niemals so einen großen Rabatt gewährt“, weiß Mogensen. „Deshalb machen es viele Dänen so wie ich, wenn sie ein E-Auto suchen.“

Keine bis geringe Zulassungsgebühr fördert Attraktivität

Die Nachfrage wird unter anderem dadurch beflügelt, dass der dänische Staat unlängst für E-Autos Vergünstigungen bei den traditionell enorm hohen Zulassungsgebühren in Kraft gesetzt hat. So heißt es beim Verband des dänischen Kfz-Gewerbes, Autobranchen. Bis zu einer bestimmten Preisgrenze ist die Zulassung sogar kostenlos.

Es ist alles legal

Allein die Marktpreise durch ein allgemein höheres Preisniveau in Dänemark würden dort aber noch nicht für ein so großes Angebot importierter E-Gebrauchter sorgen. Lukrativ wird der Weiterverkauf von Gebrauchtwagen mit Elektroantrieb für Deutsche Richtung Norden erst durch die stattlichen Prämien in der Bundesrepublik. Neben Gewerbetreibenden haben auch Privatleute dieses Geschäft entdeckt, verraten die Angebote auf verschiedenen Websites.

Der Staat fördert, finanziert vom Steuerzahler, den Kauf eines E-Autos mit bis zu 6000 Euro. Vom Hersteller gibt es bis zu weitere 3000 Euro obendrauf. Das gleicht den Wertverlust innerhalb eines halben Jahres mehr als aus, berichten Experten. Und nach einem halben Jahr endet die Frist, in der ein prämiengefördertes Auto mindestens in Deutschland zugelassen sein muss.

Eine Veräußerung ins Ausland sei legal, versichert das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Das Bafa führe in regelmäßigen Abständen Abgleiche mit dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) in Flensburg durch, um die Einhaltung der Mindesthaltedauer zu überprüfen.

Kritische Überprüfung zumindest nicht ausgeschlossen

Unterm Strich ist ein Teil der zunächst mit deutschem Steuergeld geförderten E-Autos aber nur kurz auf deutschen Straßen unterwegs. Ihre Hauptlebensdauer fördert die Luftqualität jenseits der Grenzen. Dass dies geändert wird, kann Bafa-Sprecher Nicolai Hoberg derzeit nicht verkünden. Aber er deutet an, dass doch Bewegung in die Sache kommen könnte: „Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) überwacht fortlaufend, ob die Förderrichtlinie zum Umweltbonus auf Grund aktueller Entwicklungen angepasst werden muss. Das BMWi wird daher eine Verlängerung der bestehenden Mindesthaltedauer sorgfältig prüfen.“

Alternativen

Wie soll es stattdessen gehen?

Und wie wollen die Kritiker der E-Autoprämie in ihrer jetzigen Form den Straßenverkehr abgasärmer gestalten? „Eine wirkliche Lenkungswirkung entfalten Prämien nur, wenn Sie direkt am CO2-Preis ansetzen“, findet Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP). „Preise sind Knappheitsindikatoren. Der CO2-Preis ist daher ein effizientes Instrument, um den Marktteilnehmern zu signalisieren, dass Emissionen ein knappes Gut sind. Und je knapper die zulässigen Emissionen sind, umso höher wird der CO2-Preis sein, der sich am Markt bildet. Man erreicht mit einem umfassenden CO2-Emissionshandelssystem vielleicht nicht, dass sich jeder ein Elektroauto kauft, der es jetzt aufgrund der hohen Subventionen tut. Mancher wird stattdessen vielleicht ein Fahrrad kaufen, Strecken vermeiden oder öfter den ÖPNV nutzen.
Aus Sicht der auf Energiethemen spezialisierten Grünen-Bundestagsabgeordneten Ingrid Nestle macht der Export prämienfinanzierter E-Autos ins Ausland „erneut deutlich, dass für die Antriebswende mehr notwendig ist als eine reine Kaufprämie“. Dazu zählt für Nestle zum Beispiel eine Reform der Strompreise, damit E-Autos kostengünstig mit dem Wind- und Sonnenstrom aus der Region geladen werden können.
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