Deutsch-dänische Geschichte

US-Familie an Schauplätzen der Rettung ihrer Angehörigen 1943

US-Familie an Orten der Rettung ihrer Angehörigen 1943

US-Familie an Orten der Rettung ihrer Angehörigen 1943

Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Alfred Zöpf und seine Tochter, die Journalistin Katherine Zöpf, berichteten in der Redaktion des „Nordschleswiger" über ihren Besuch und die eigene Familiengeschichte in Dänemark. Foto: Volker Heesch

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die New Yorker Journalistin Katherine Zöpf von der Zeitung „Foreign Affairs“ besuchte mit ihrem Vater Apenrade. Durch Siegfried Matloks Artikel in „Jyllands-Posten“ erfuhr die Familie von der Rolle des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Friedrich Wilhelm Lübke bei der Rettung dänischer Juden vor der Deportation durch die Nazis.

Am Montag haben der 1945 in Aalborg geborene Alfred Zöpf und seine Tochter Katherine in Apenrade zusammen mit dem früheren Chefredakteur Siegfried Matlok dem „Nordschleswiger“ einen Besuch abgestattet.

Jüdische Emigrantin in Dänemark

Anlass für den Besuch der in Cincinatti bzw. in New York lebenden US-Amerikaner ist ein dramatisches Kapitel in der eigenen Familiengeschichte: Der Vater Alfred Zöpfs, Kapitän Werner Zöpf, hatte 1943 seine spätere Frau Hilde in Aalborg kennengelernt, wo er als Offizier der deutschen Kriegsmarine tätig war.

 

Das Foto links zeigt Hilde Rubinstein mit ihrem Vater Jakob und ihrem Bruder Adolf. Auf dem Foto rechts sind Werner und Hilde Zöpf während einer Reise in Europ um 1970 abgebildet. Foto: Alfred Zöpf

 

Die spätere Hilde Zöpf war als Jüdin, geboren 1912 in Lötzen in Ostpreußen als Hilde Rubinstein, 1933 vor den Naziverfolgungen zunächst in die Tschechoslowakei und 1938 nach Dänemark entkommen. Sie verdiente sich ihren Lebensunterhalt als Lehrerin in der Berlitz-School in Aarhus.

 

1943 Sprachlehrerin des deutschen Marinekommandanten

Das spätere Ehepaar hat über den Vorgesetzten von Werner Zöpf, geboren 1899 ebenfalls in Ostpreußen, den späteren schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Friedrich Wilhelm Lübke (1887-1954), in Dänemark kennengelernt, denn dieser erhielt bei Hilde Rubinstein Dänisch-Unterricht. Ein in Dänemark lebender Verwandter von Werner und Katherine Zöpf, Christian Janus Køster, informierte seine in den USA lebenden Verwandten im Jahre 2012 über einen Artikel Siegfried Matloks in „Jyllands-Posten“, in dem dieser über die Beteiligung Friedrich Wilhelm Lübkes an der Rettung der meisten in Dänemark lebenden Juden vor der bereits vom damaligen deutschen „Reichsbevollmächtigten“ Werner Best an der Spitze des Besatzungsregimes angeordneten Deportation in Vernichtungslager informiert worden. „Wahrscheinlich haben auch meine Eltern Friedrich Wilhelm Lübke auf die Situation der Juden aufmerksam gemacht“, so Alfred Zöpf beim Besuch in der Redaktion des „Nordschleswigers“.

Das Schiff „Monte Rosa" konnte 1943 nicht von Aarhus nach Kopenhagen auslaufen. Der spätere schleswig-holsteinische Ministerpräsident Friedrich Wilhelm Lübke hatte das mit dem Hinweis auf Motorschaden des Schiffes verhindert. Der angeordnete Abtranport dänischer Juden in deutsche KZ-Lager wurde damit sabotiert. Foto: Archiv DN

 

Lübke, Leiter der deutschen „Seedienststelle“ in Dänemark, hatte 1946 berichtet, während eines Urlaubsaufenthaltes von der bevorstehenden Deportation der Juden erfahren zu haben. Über  Informationen aus dem Umfeld von Best hatte der Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Kopenhagen, Georg Ferdinand Duckwitz, seinen dänischen Verbindungsleuten Mitteilung von den Deportationspläne gmacht. So konnten viele dänische Juden gewarnt und nach Schweden in Sicherheit gebracht werden. 

Journalistin von „Foreign Affairs" recherchiert

Katherine Zöpf, die erstmals länger zu einem Besuch nach Dänemark gekommen ist, sie war in früheren Jahren unter anderem Korrespondentin der „New York Times“ im Nahen Osten, hat sich für die Reise mit Dokumenten zu den Ereignissen 1943 in Dänemark versorgt. Dazu zählt eine Kopie der „Geheimen Kommandosache“ gemäß „Führerbefehls“ vom 28. September 1943, in dem der Abtransport von 5.000 Juden von Kopenhagen nach Swinemünde angeordnet wird. „Auf dem Originalpapier ist die ursprüngliche Formulierung Menschen durchgestrichen und durch das handschriftlich hinzugefügte Wort Juden ersetzt worden“, so Katherine Zöpf.

 

Der spätere Ministerpräsident Friedrich Wilhelm Lübke engagierte sich als deutscher Marineoffizier zugunsten der dänischen Juden. Foto: Konrad Adenauer Stiftung

 

Friedrich Wilhelm Lübke vereitelte den Abtransport zusammen mit dem Kapitän des im Hafen von Aarhus liegenden Schiffes „Monte Rosa“, das für die Deportation der Juden ausersehen war: Sie meldeten nach Kopenhagen, das Schiff könnewegen Maschinenschadens nicht auslaufen. Zu diesem Zeitpunkt warnte Werner Zöpf seine dänische Verlobte Hilde Rubinstein über die Gefahr, in der sie schwebte. Mithilfe von Dänen in Aarhus wurde für sie eine Pro-Forma-Ehe arrangiert, ihr Name Rubinstein wurde durch den unauffälligen Namen Sörensen ersetzt. Sie kam in Aalborg unter, ihr damaliges Wohnhaus haben Alfred und Katherine Zöpf vor einigen Tagen besucht. Werner Zöpf blieb bis kurz nach Kriegsende in Dänemark, seine Freundin Hilde brachte den gemeinsamen Sohn im Oktober 1945 in Horsens zur Welt. Werner Zöpf musste das Land verlassen, nach Auflösung der Pro-Forma-Ehe heiratete das Paar im Dezember 1946 in Hamburg und lebte bis 1949 in Bremen.

 

Christian Janus Køster, Siegfried Matlok, Katherine Zöpf und Alfred Zöpf am Haus der Medien in Apenrade Foto: Volker Heesch

 

Im November des Jahres wanderten Werner und Hilde Zöpf in die USA aus, wo sie sich nach der Ankunft in New York als Seemann und Kellnerin durchschlugen. Wie seine Eltern erhielt Alfred Zöpf, in den USA Fred genannt, 1955 die Staatsbürgerschaft der Vereinigten Staaten. „Meine Mutter wollte nicht in Deutschland bleiben“, berichtet Alfred Zöpf.

Hilde Zöpfs Vater Jakob Rubinstein in Auschwitz ermordet

Ihr Vater Jakob Rubinstein, der mit einem Bruder in Lötzen das Porzellangeschäft Gebrüder Rubinstein geführt hatte, war von seinem letzten Wohnort Berlin 1943 ins Konzentrationslager Auschwitz verschleppt und dort ermordet worden. Hilde Zöpfs Mutter war bereits 1915 verstorben. Ihr Bruder Adolf war 1937 aus Deutschland entkommen, der Vater hatte es abgelehnt, sein Heimatland zu verlassen. Kathrine Zöpf hat sich während ihres Besuchs in Dänemark viele Notizen gemacht. Sie wünscht sich, dass mehr Menschen über das Wirken von Personen wie Friedrich Wilhelm Lübke und dessen Mitarbeiter erfahren. Ihr eigener Großvater Werner Zöpf zählte zu diesem Kreis, dem auch ihre Großmutter ihr Leben verdankte. Für die Familie führte das zum „Happy End mitten im Holocast“, so die Überschrift des Artikels von Siegfried Matlok im „Nordschleswiger“ am 2. November 2013 über das Schicksal der Familie Zöpf.        

 

Mehr lesen