Vereinswelt
Naturbehörde erteilt Kanonengilde „Aurora“ Absage für Salut-Schüsse: Tradition in Gefahr
Naturbehörde erteilt Kanonengilde Absage für Salut-Schüsse: Tradition in Gefahr
Naturbehörde erteilt Kanonengilde Absage für Salut-Schüsse
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Die Apenrader Kanonengilde „Aurora“ steht vor einer ungewissen Zukunft. Vorsitzender Per Sølbeck ist frustriert: Die Naturbehörde verweigert die Genehmigung für die traditionellen Salut-Schüsse beim Werfttag auf Kalö. Die finanzielle Lage des Vereins spitzt sich dadurch zu, doch Hoffnung kommt durch die Unterstützung aus der Online-Community.
Per Sølbeck, der Vorsitzende der Apenrader Kanonengilde „Aurora“, ist einigermaßen frustriert. Der Verein hatte kürzlich bei den Behörden beantragt, anlässlich des Werfttags am auf Kalö (Kalvø) am 18. August einen Salut abgeben zu dürfen. Da die Kanonengilde das schon seit 15 Jahren macht, hielt Sølbeck es für eine Formalität, dass sein Verein selbstverständlich auch beim 16. Mal die Genehmigung erhalten würde. Aber der Schuss ging voll nach hinten los, um in der Kanoniersprache zu bleiben.
Kürzlich erhielt der Vorsitzende die Nachricht, dass die Naturbehörde gegen die Böllerschüsse mit Rücksicht auf Natur und Umwelt die Genehmigung für wiederkehrende Ereignisse nicht erteilt.
Wiederkehrende Ereignisse
Gerade die Formulierung „wiederkehrende Ereignisse“ hat bei Per Sølbeck eine enorme Frustration ausgelöst. Ja, der Werfttag sei ein wiederkehrendes Ereignis, um nicht zu sagen eine liebgewonnene Tradition. „Sie findet aber nur einmal im Jahr statt. Wenn man uns nicht erlaubt, uns jeden Tag auf den Fahnenhügel von Kalö zu stellen, um einen Salut abzuschießen, dann würde ich das Argument ja verstehen. Und wenn man uns es während der Brutzeit der Vögel nicht erlaubt, kann ich das auch nachvollziehen. Aber all das ist ja nicht gegeben“, sagt Per Sølbeck.
Außerdem kann er das Argument, dass die Kanonensalven eine Lärmbelästigung für die Umwelt darstellen, schwer akzeptieren. „Die Düsenjäger aus Skrydstrup ziehen regelmäßig über Kalö hinweg. Das lärmt wesentlich mehr als ein Kanonenböller“, ist er überzeugt.
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Besondere Anlässe
Seine Frustration erhöht allerdings der Nachsatz der Naturbehörde, dass künftig nur für „besondere Anlässe“ eine Genehmigung erteilt werde. Solche „besondere Anlässe“ sind unter anderem Schiffstaufen.
„Das könnte in diesem Jahr unsere ,Rettung‘ sein. Die Apenrader Jollen- und Wrigggilde wird nämlich im Rahmen des Werfttags auf Kalö ein selbst gebautes Boot taufen. Wir wollen nun versuchen, die Erlaubnis für diesen ,besonderen Anlass‘ eine Erlaubnis einzuholen“, sagt Sølbeck.
Weitreichende Konsequenzen
Hält die Naturbehörde an ihrem Nein für Salutschüsse bei wiederkehrenden Ereignissen fest, sieht Sølbeck weitreichende Konsequenzen für seinen Verein. „Wir haben nicht viele Einnahmemöglichkeiten. Wir finanzieren uns aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und vor allem durch die Einnahmen, wenn wir gebucht werden. Seit Corona ist die Anzahl der Veranstaltungen, für die man uns hinzuruft, schon merkbar geringer geworden. Wenn man uns jetzt aber noch die ,Stammkundschaft‘ nimmt, dann gräbt man uns auf Sicht das Wasser ab“, sagt der Vorsitzende der Kanonengilde.
In letzter Konsequenz müsste sich die Kanonengilde auflösen, denn Mitgliedsbeiträge und Spenden allein würden allein nicht aus, um den Verein am Leben zu halten, fügt Sølbeck hinzu.
Facebook-Post aus Frustration
Aus Frust hatte er deshalb am Sonntag einen Facebook-Post abgesetzt, wo er eben jene Situation mit klaren Worten beschreibt und die mögliche Auflösung des Vereins im September ankündigt. „Alles steht und fällt mit den Finanzen. Die Versicherung kostet allein 5.000 Kronen im Jahr. Hinzu kommt die Miete für unser Vereinshaus. Die Teilnahme an einem Kanonierkursus kostet pro Person 1.500 Kronen. Das läppert sich“, sagt Sølbeck.
Kampfgeist wiederbelebt
Während er am Sonntag fast schon aufgegeben hatte, haben die vielen positiven Reaktionen seinen Kampfgeist wiederbelebt.
„Mehrere Facebook-Nutzer haben schon angekündigt, dass sie gewillt sind, zu spenden. Andere haben geschrieben, dass sie Mitglieder werden wollen“, erzählt der Vorsitzende.
„Tatsächlich sind bereits mehrere Beträge auf unser Konto eingegangen“, bestätigt Vereinskassiererin Anna Lyck Nissen. Sie ist nicht nur die Frau von Oberkanonier Ervin Nissen, sondern auch selbst Gildenmitglied.
Eine Frau hütet die Kasse
„Anfangs war es eine reine Männergilde, aber eine Satzungsänderung vor einigen Jahren macht es möglich, dass auch wir Frauen dem Verein beitreten können“, erzählt Anna L. Nissen. Sie wurde übrigens sofort in den Vorstand gewählt und hütet jetzt die Vereinskasse. „Es war nie mein Ziel, selbst aktiv an der Kanone zu stehen. Ich wollte den Verein nur gern unterstützen, zumal der langjährige Kassierer gerade verstorben war und der Posten vakant wurde.“ Als langjährige Bürokauffrau hatte sie zudem eine Affinität zu Zahlen und Buchhaltung.
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Überschaubare Buchhaltung
„Die Kassenbuchführung ist bei 11 Mitgliedern, von denen nur 8 derzeit aktive Kanoniere sind, allerdings auch überschaubar“, fügt Anna L. Nissen augenzwinkernd hinzu. Sie freut sich deshalb auf die Mehrarbeit, die ihr der Frustrationspost des Vorsitzenden bereits beschert hat, weil sie schon einige Einzahlungen registriert hat.
„Ich weiß noch nicht, ob es sich um Spenden oder Mitgliedsbeiträge handelt“, gibt die Kassiererin zu. Das wird sich sicherlich in den nächsten Tagen herausstellen. Spenden sind schön; neue Mitglieder zu bekommen, wäre aber noch schöner, weil die Gilde eine Blutauffrischung nach ihren Worten gut vertragen könne, sagt Anna L. Nissen. „Der Vorsitzende ist mit seinen 55 Jahren derzeit das jüngste Mitglied. Die beiden ältesten sind Mitte 90“, fügt sie erläuternd hinzu.
Zukunftssicherung der Gilde
„Um die Zukunft der Gilde zu sichern, wäre es tatsächlich gut, etwas jüngere Leute für den Verein begeistern zu können. Allerdings hat es auch Vorteile, Menschen im Rentenalter dabei zu haben. Sie haben in der Regel auch an Werktagen die Möglichkeit, Salutschüsse abzugeben. Wer – wie ich – noch voll berufstätig ist, hat es da schon schwieriger, sich die nötige Zeit freizuschaufeln“, sagt Sølbeck.
Mehr weibliche Mitglieder willkommen
Die Kassiererin ist bislang einziges weibliches Mitglied in der Gilde. „Ich würde mich freuen, wenn sich mehr Frauen zu einer Mitgliedschaft entscheiden könnten. Und richtig spannend würde ich es finden, wenn eine oder mehrere dieser Frauen auch eine Ausbildung zum Kanonier machen würden“, sagt sie.
Der Vorsitzende unterstützt die Kassiererin in ihrem Wunsch. „Ja, wir freuen uns über Mitglieder jeden Geschlechts. Wir werden dann wahrscheinlich überlegen müssen, wie die Uniformen der weiblichen Kanoniere aussehen sollen. Aber das ist kein Problem, sondern eine schöne Herausforderung“, betont Per Sølbeck abschließend.