Deutsche Minderheit

Facettenreich gemeinsam durchs Leben: Ehejubiläum im Hause Jacobsen

Facettenreich gemeinsam durchs Leben: Ehejubiläum im Hause Jacobsen

Facettenreich durchs Leben: Ehejubiläum im Hause Jacobsen

Rapstedt/Ravsted
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Ingrid und Horst Jacobsen feiern ein rundes Ehejubiläum. Foto: kjt

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Ingrid und Horst Jacobsen aus Rapstedt sind am 17. Juli seit 60 Jahren verheiratet. Gemeinsame Leidenschaft waren in all den Jahren Kunst und Kultur. Daran hat sich nichts geändert.

Das Zuhause von Ingrid und Horst Jacobsen in der Ravsted Hovedgade spiegelt die multikulturelle Ader beider in üppiger Weise wider. Überall stechen kleine und große Gegenstände mit künstlerischem oder nostalgischem Flair ins Auge. 

Die Kunst, die Kultur, Zeitgeschichtliches und der Sinn fürs Detail sind eine gemeinsame Passion des Ehepaares, das am 17. Juli diamantene Hochzeit feiert. Vor 60 Jahren gaben sie sich das Jawort.

Das diamantene Paar mit dem Hochzeitsfoto aus dem Jahr 1964 Foto: kjt

Die Räume des Jacobsenhauses kommen einem Kunst- und Heimatmuseum gleich, mit ganz viel Familiengeschichte.

„Da gibt es immer etwas zu tun, zu sortieren oder umzustellen. Langweilig wird es nicht“, sagt Ingrid Jacobsen mit einem Lachen. Horst Jacobsen pflichtet ihr bei. Er wolle die vielen Gegenstände im Haus aber nicht missen, vermitteln sie doch Familien- und Ortsgeschichte und geben das künstlerische Schaffen des Paares wieder.

Mit Rapstedt verwurzelt

Als Kind einer Familie der deutschen Minderheit wurde Horst Jacobsen 1939 auf dem Anwesen in der Hauptstraße geboren, auf dem sein Vater eine Tischlerwerkstatt betrieb. 

Horst Jacobsen ging in Nordschleswig in Rapstedt und Tingleff (Tinglev) zur Schule und wechselte an das Gymnasium in Niebüll (Nibøl). Deutsche Schulen in Nordschleswig waren in seiner Jugend nach der Besetzung Dänemarks durch Hitler-Deutschland vorübergehend geschlossen.

Haben in 60 Ehejahren ganz viel erlebt und auch geprägt: Horst und Ingrid Jacobsen Foto: kjt

Die Oberstufenzeit in Niebüll sollte eine ganz besondere Bedeutung bekommen, lernte Horst am Gymnasium doch seine Ingrid, eine geborene Andresen aus dem nordfriesischen Sprakebüll (Spragebøl) kennen und lieben. 1964 heiratete er die Bürgermeistertochter.

Prägenden Einfluss auf junge Menschen

Horst Jacobsen studierte an der Universität in Kiel Kunst und Musikpädagogik. Nach einer Realschullehrertätigkeit in Wahlstedt (Schleswig-Holstein) wurde Horst Jacobsen 1973 Leiter der Deutschen Nachschule Tingleff und bildete mit seiner Frau, die sich an der pädagogischen Hochschule in Flensburg ebenfalls zur Lehrerin hatte ausbilden lassen, 17 Jahre lang das Schulleiterpaar. 

Ein Markenzeichen von Horst und Ingrid war neben der pädagogischen Arbeit der künstlerische Einfluss auf die jungen Menschen. 

Multikünstler Horst

Horst ist nicht nur kunstschaffend, sondern auch sehr musikalisch. Er spielt mit Vorliebe Klavier und hat über die Jahre etliche Kompositionen verfasst. Das Komponieren ist immer noch präsent.

Auch Musik mit „Frontsänger" Horst ist ein prägendes Element im Hause Jacobsen. Foto: kjt

„Das passiert immer ganz spontan. Mir kommt auf einmal eine Melodie in den Sinn, und ich setze mich dann an das Klavier“, erzählt der 84-Jährige. 

Gesagt, getan: Horst Jacobsen geht in den Nebenraum des „Museums“, nimmt am Klavier Platz und spielt eine Melodie. „Die habe ich vergangene Woche komponiert“, so Jacobsen. 

„Das hört sich gut an. Eine schöne Melodie“, ruft Ingrid lobend in Richtung ihres musikalischen Mannes. 

„Am liebsten mag ich Kompositionen, zu denen man gut tanzen kann. Auch beim Malen inspirieren mich oft Stücke von Horst“, erzählt die Diamantbraut.  

Ingrid Jacobsen hat sich über die Grenzen Nordschleswigs hinaus einen Namen als Kunstmalerin gemacht. Sie male nicht mehr so viel wie früher, hin und wieder nehme sie aber den Pinsel in die Hand, wie sie sagt.

Ingrid Jacobsen in ihrem Atelier mit einem ihrer vielen Bilder Foto: kjt

Zu ihren Interessengebieten zählten und zählen auch die Literatur und die Lyrik. Dieses Interesse teilte sie federführend einst auch außerschulisch mit anderen Menschen in der Minderheit und organisierte Treffen.

Horizont erweitert

Wenn Horst seit seiner vorzeitigen Pensionierung 1990 nicht am Klavier saß und komponierte, war der umtriebige Rapstedter kunsthandwerklich aktiv. 

Ob Schmuckdesign, Bildhauerei, Skulpturenkunst oder Holzschnitzereien: Der heute 84-Jährige hat seine Kreativität stets fließen lassen und absolvierte etliche Kurse, um sein künstlerisches Wirken noch facettenreicher zu machen.

Schmuckkreationen von Horst Jacobsen Foto: kjt

Das körperlich fordernde Arbeiten mit Holz mache er kaum noch. „Ich kreiere aber nach wie vor gern Schmuck oder mache Entwürfe“, so Horst Jacobsen über einige seiner vielen „Nebenbeschäftigungen“.

Musikalisch beherrscht er nicht nur das Klavierspielen. In jungen Jahren heizte Horst in der Band bei Tanzevents mit Gitarre, Akkordeon oder Trompete ein. Auf seiner Visitenkarte steht auch noch ausgebildeter Organist und Chorleiter.  

Nach der Rückkehr nach Nordschleswig gründete er die Schluxharde Sänger und war für Kirchspiele der Nordschleswigschen Gemeinde als Organist tätig.

Einsatz für die Gemeinschaft

In enger Kooperation mit Ingrid war Horst Jacobsen als überzeugter Volksgruppenangehöriger viele Jahre bemüht, Bewegung im Sozialdienst Rapstedt zu halten, der nach der Auflösung zunächst noch als Hyggeklub weitergeführt wurde. 

In früheren Jahren brachte sich Horst darüber hinaus in vielen anderen Vereinen und Verbänden der deutschen Minderheit für das Gemeinwohl ein.

Haben sich unter anderem für den ehemaligen Sozialdienstverein Rapstedt engagiert: Horst und Ingrid Jacobsen. Foto: kjt

Lokalhistorisch interessiert, engagierte sich Horst Jacobsen auch im lokalhistorischen Gemeinschaftsarchiv in Rapstedt und war eine treibende Kraft bei dessen Gründung. 

Wandelndes Lexikon

Aus der Vorstandsarbeit hat sich Jacobsen mittlerweile zurückgezogen, der Kontakt besteht aber nach wie vor, und der Ur-Rapstedter trägt als wandelndes Lexikon der Lokalgeschichte bei Sonderausstellungen immer wieder mit Aufsätzen oder Material aus dem familieneigenen Fundus bei.

So konnte er vor nicht langer Zeit etwa die Ausstellung zum 125-jährigen Bestehen der örtlichen Feuerwehr um Daten und Fakten ergänzen. „Mein Großvater war von Beginn an dabei, wurde später aber hinausgeschmissen, weil er Minderheitendeutscher war“, erzählt Horst Jacobsen von den Folgen des von Deutschland verursachten Zweiten Weltkrieges.

Von der ehemaligen Tischlerwerkstatt seines Vaters hat Horst Jacobsen noch vieles erhalten. Foto: kjt

Mit Mitte 80 lassen es die beiden Tausendsassa mittlerweile ruhiger angehen. Man ist nun einmal keine 20 mehr, und das macht sich vor allem körperlich bemerkbar. 

„Es wird alles beschwerlicher, und es dauert alles dreimal so lange wie in jungen Jahren. Seien es der Arztbesuch oder andere Termine. Aber dann ist es eben so“, sagt Horst Jacobsen, der gesundheitliche Probleme gut weggesteckt hat und sich darüber freuen kann, geistig auf der Höhe zu sein.

„Wir gehen jeden Tag spazieren und spielen jeden Tag etwas, um die grauen Zellen in Gang zu halten“, erwähnt Ingrid. 

Der Wirbelwind im Hause Jacobsen

Ingrid ist als Wirbelwind und euphorische Zeitgenossin mit einer herzlichen Art bekannt. Sie kommt mit anderen gern ins Gespräch oder sucht auf andere Art den Kontakt. Bei den Spaziergängen durch den Ort winke sie Leuten immer gern zu, egal ob sie sie kennt oder nicht. „So bin ich nun einmal, und es wird sich sicherlich nicht ändern“, so Ingrid Jacobsen in ihrer temperamentvollen Art mit einem Augenzwinkern.

Gatte Horst ist da als ruhender Pol eher das Gegenstück. Die Kombination passt offensichtlich und scheint ein Erfolgsrezept für 60 Jahre Ehe zu sein.

Enger Austausch mit Tochter Corda und den Enkelkindern

Engen Kontakt hält das Diamantpaar zur Tochter Corda, die in Wahlstedt lebt und Mutter einer Tochter und eines Sohnes ist. Die beiden mittlerweile erwachsenen Kinder haben seit jeher ein enges und vertrauensvolles Verhältnis zu ihren Großeltern in Rapstedt, wo sie immer gern zu Besuch waren. 

Die „Kleinen“ sind eigenständiger und mobiler geworden. Oma Ingrid und Opa Horst in Nordschleswig werden über soziale Medien aber regelmäßig per Textgruß, Fotos und auch mal per Video auf dem Laufenden gehalten.

Kontakte pflegen Ingrid und Horst Jacobsen nach wie vor auch zu Familie und Freunden in Ingrids alter Heimat.

Gefeiert wird das Ehejubiläum in mehreren Etappen in kleinen Familien- und Freundeskreisen. Getroffen wird sich unter anderem im Jacobsen-Sommerhaus auf Röm (Rømø), das den Ruf hat, das älteste Freizeithaus auf der Insel zu sein.

Wenn all die Feierlichkeiten „überstanden“ sind, kann es ja wieder weitergehen mit Malen, Musizieren und mit dem Gestalten des Multi-Anwesens in der Rapstedter Hauptstraße.

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