Umwelt und Natur

Nur schleppend Schutzzonen um Trinkwasserbrunnen

Nur schleppend Schutzzonen um Trinkwasserbrunnen

Nur schleppend Schutzzonen um Trinkwasserbrunnen

Apenrade/Aabenraa
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Möglichst per Vereinbarung auf freiwilliger Basis sollen Landwirte in Schutzzonen im Umfeld von Trinkwasserbrunnen auf den Einsatz von Agrarchemikalien verzichten. Doch das ist bisher nicht überall in Dänemark gelungen. Bis Jahresende müssen Auflagen zum Trinkwasserschutz erfüllt sein. Foto: Henning Bagger / Ritzau Scanpix

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Das dänische Umweltministerium, Wasserwerk-Verbände, Landwirtschaft und der Verband der Kommunen haben sich auf einen Plan zum besseren Schutz vor Pestiziden verständigt. Beim Apenrader Versorger ARWOS liegen Versorgungsbrunnen geschützt in Wäldern.

Das dänische Umweltministerium will den Trinkwasserschutz landesweit dadurch vorantreiben, dass die bereits 2019 im Folketing beschlossenen brunnennahen Schutzzonen ausgewiesen werden. Es hat sich gezeigt, dass es aktuell nicht überall gelungen ist, die bis Ende 2022 festzulegenden Schutzzonen auf kommunaler Ebene abzugrenzen.

Anspruch auf Entschädigung bei „Giftverzicht“

Ein Teil der Aufgabe betrifft Vereinbarungen mit den Grundbesitzerinnen und -besitzern, die Anspruch auf Entschädigung haben, wenn beispielsweise Agrarflächen nicht mehr intensiv genutzt werden dürfen, wenn sie den Titel „Boringsnære beskyttelsesområder“ (BNBO) erhalten haben, in denen Pestizide tabu sind.

„Der Einsatz zur Sicherung der ,BNBO´ gegen Verunreinigungen ist bisher nicht schnell genug gegangen, die Deadline ist bald erreicht“, heißt es am Montag in einer Mitteilung des Umweltministeriums. Zugleich wird verkündet, dass sich das Ministerium nun mit den Verbänden „Danske Vandværker“ und Danvas, dem Agrardachverband „Landbrug & Fødevarer“ sowie dem Verband der Kommunen, „Kommunernes Landsforening“ (KL), auf einen Plan verständigt hat, wie die Schutzzonen bis Jahresende überall realisiert werden können.

Umweltbehörde legt Schutzzonen fest

Wie groß die Schutzzonen im Bereich der einzelnen Brunnen sein müssen, hängt von den Bodenverhältnissen und anderen Faktoren ab. Die staatliche Umweltbehörde „Miljøstyrelsen“ ist dafür zuständig, die Flächen festzulegen.

Laut Umweltministerium waren bis zum 1. Januar 2022 landesweit 5.607 Bereiche als BNBO ausgewiesen worden. Von diesen waren 2.902 als risikobehaftet eingestuft worden. Prinzipiell dürfen Bereiche in einem Radius von bis zu zehn Metern um einen Trinkwasserbrunnen weder mit Pestiziden bespritzt, noch gedüngt, landwirtschaftlich genutzt oder in irgend einer Weise einer Grundwassergefahr ausgesetzt werden.

 

In Tondern arbeitet das Wasserwerk in Regie des Versorgers „Tønder Forsyning“. Das Wasserwerk liegt im nördlichen Industriegebiet, das Trinkwasser wird aber überwiegend aus Brunnen gefördert, die nördlich der Stadt im Bereich von Wäldern liegen. Foto: Volker Heesch

Problematisch sind in brunnennahen Schutzzonen neben dem Einsatz von Spritzmitteln für Feldfrüchte auch „Gifteinsätze“ von Hobbygärtnern oder Unkrautbekämpfung auf Gehsteigen und Parkplätzen. Allerdings gibt es auch viele Kommunen, in denen bereits Vorsorge getroffen worden ist.

Apenrader Wasser aus Wäldern

„Unsere Trinkwasserbrunnen liegen alle in Bereichen von geschützten Waldgebieten“, berichtet der für das Trinkwasser im Apenrader Versorgungsbetrieb „Arwos“ zuständige Mitarbeiter, Finn Reese.

 

Finn Reese ist im Bereich Apenrade für die Qualität des Trinkwassers zuständig. Foto: Arwos

Er kann aber nur über die Wasserversorgung im Bereich der Stadt Apenrade Auskunft geben. In der Gesamtkommune sind viele private Wasserwerke tätig, um Unternehmen und Privathaushalte mit Trinkwasser zu versorgen.

„Bei unseren Brunnen gibt es keine landwirtschaftliche Nutzung, sie liegen in den Buchenwäldern bei Lensnack (Lindsnakke) und Färbersmühle (Farversmølle)“, so Reese. Schon vor Jahrzehnten hatten auch Wasserwerke wie das in Pattburg (Padborg) Wälder neu gepflanzt, um dort liegende Trinkwasserbrunnen vor Pestizideinträgen zu schützen.

Weiter Brunnen belastet

Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Meldungen der Grundwasserüberwachung in Dänemark weiterhin dazu führen, dass Trinkwasserbrunnen geschlossen werden, weil dort Grenzwerte hinsichtlich Pestizidgehalt oder -abbauprodukten überschritten werden.

Die Lage hat sich zugespitzt, nachdem die Trinkwasserüberwachung auf immer mehr bedenkliche Substanzen ausgedehnt worden ist. Der für das Trinkwasser beim Versorger „Tønder Forsyning“ zuständige John Pies Christiansen, berichtet, dass in seinem Zuständigkeitsbereich noch Verhandlungen mit Landwirten laufen, denen auch Entschädigungen gezahlt werden müssen, wenn sie nicht mehr in der Nähe von Wasserwerksbrunnen Schadstoffe ausbringen.

Kein Verursacherprinzip

„Und bezahlen werden dafür letztlich die Kunden der Wasserversorgung“, so Pies Christiansen. Er berichtet, dass zwar bei den Wasserwerken im Bereich Tondern (Tønder) und Lügumkloster (Løgumkloster) viele Brunnen in geschützten Wäldern liegen, aber gerade die Ausweitung der Trinkwasserüberprüfung auf immer mehr bedenkliche Substanzen zwingt auch „Tønder Forsyning“, mehr zu investieren. „Wir erwägen aktuell, neue Brunnen für das Wasserwerk in Hoyer (Højer) anzulegen", so Pies Christiansen, das sei eine Konsequenz der erweiterten Wasseruntersuchungen, ebenfalls mit Kosten für die Nutzer des Trinkwassers.  

 Die Ausweisung der Schutzzonen hat sich verzögert, da die einzelnen Wasserversorger oder Kommunen mit den berührten Grundbesitzerinnen und -besitzern per Eintragung ins Grundbuch vereinbaren, dass keine Spritzmittel oder Düngemittel mehr ausgebracht werden dürfen.

Finanzierung per Wassergebühr

Die Grundeigentümer haben dabei Anspruch auf Entschädigungszahlungen, die über die Wassergebühren finanziert werden. Möglich ist es auch, Flächen aufzukaufen, um auf diesen beispielsweise Wald als Grundwasserschutz anzupflanzen. Gibt es keine Einigung, können die Kommunen selbst die Schutzzonen ausweisen und den Einsatz von Spritzmitteln verbieten.

Ministerin drängt auf mehr Einsatz

„Wir sollten auch in Zukunft die Möglichkeit haben, Wasser aus dem Wasserhahn zu trinken, auch späteren Generationen muss das möglich sein“, so Umweltministerin Lea Wermelin (Sozialdemokraten). „Unser Trinkwasser darf nicht durch Spritzmittel verunreinigt werden. Leider ist die Arbeit zur Sicherung der Brunnen gegen Verunreinigungen bisher viel zu langsam erfolgt. Deshalb freue ich mich, dass sich alle Beteiligten jetzt auf einen gemeinsamen Plan verständigt haben, damit die Zielsetzung mit Tempo erreicht wird“, so Wermelin. Erfreut äußerten sich nicht nur die Vertreterinnen und Vertreter der Trinkwasserversorger.

Landwirtschaft zieht mit

Auch der Vizevorsitzende des Agrarverbandes L&F, Thor Gunnar Kofoed, erklärte, dass man sich auf eine beschleunigte Ausweisung der Schutzzonen freue.

„Viele unserer konventionellen und ökologischen Landwirte und Landwirtinnen sind sehr ungeduldig, nachdem sie bereits angesprochen worden sind, Vereinbarungen über den Schutz der Trinkwasserbrunnen zu treffen“, so der Vertreter der Landwirtschaftsorganisationen.

„Für sauberes Trinkwasser zu sorgen, ist eine gemeinsame Aufgabe. Deshalb sind wir beim Verband der Kommunen (KL) froh, dass der Einsatz jetzt beschleunigt wird“, so die Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt und Versorgung bei KL, die Bürgermeisterin der Kommune Frederikshavn, Birgit S. Hansen (Sozialdemokraten).  

Eine breite Mehrheit im Folketing hat bereits beschlossen, dass ein Anwendungsverbot für schädliche Chemikalien in der Umgebung von Trinkwasserbrunnen verhängt wird, falls es bis zum Jahresende nicht gelingt, Vereinbarungen auf freiwilliger Basis mit den Grundeigentümerinnen und -eigentümern abzuschließen. 

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