Leitartikel

„Willkommen: Neu in Nordschleswig“

Willkommen: Neu in Nordschleswig

Willkommen: Neu in Nordschleswig

Nordschleswig
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Die deutsche Minderheit wächst in diesen Jahren, weil viele deutsche Familien nach Nordschleswig ziehen. Das ist eine Chance für die Minderheit und für die Zuzügler zugleich, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Über Jahrzehnte ist die deutsche Minderheit in Nordschleswig geschrumpft. Viele junge Leute haben den Landesteil verlassen, um sich anderswo auszubilden, und nicht immer kamen sie wieder in ihre Heimat zurück. Das gilt übrigens auch für die Mehrheitsbevölkerung – Nordschleswigs Einwohnerzahl ist in den vergangenen Jahrzehnten gesunken. Doch eine kleine Minderheit, wie die deutsche Volksgruppe, trifft diese Entwicklung noch härter.

Seit einigen Jahren wendet sich das Bild allerdings. Lagen die Schülerzahlen an den deutschen Schulen in Nordschleswig viele Jahre um die 1.200 oder darunter, wurde zunächst die 1.300-Marke langsam überschritten und die neuen Höchststände von 1.400 und bald gar 1.500 im Sauseschritt übertroffen.

Die deutsche Minderheit wächst – zumindest in den Kindergärten und Schulen. Aber auch die Vereine im Deutschen Jugendverband für Nordschleswig merken zum Teil den Zugang neuer Mitglieder.

Gründe gibt es mehrere: Es wählen junge Menschen mit Wurzeln in der Minderheit verstärkt das deutsch-nordschleswigsche Angebot (wenn es vor Ort denn gut genug ist). Das gilt vermehrt auch für dänische Familien, die kleine Schulen, Zusammenhalt und zwei Sprachen als einen Vorteil sehen – wobei der Deutsche Schul- und Sprachverein für Nordschleswig Wert darauf legt, keine Sprachschule, sondern eine Minderheitenschule zu sein.

Schließlich ziehen immer mehr deutsche Familien aus unterschiedlichen Gründen nach Dänemark und können durch die deutsche Minderheit in Nordschleswig einen leichteren Einstieg in ihrem neuen Land bekommen: Auswandern light.

In vielen Orten Nordschleswigs fehlt es der Minderheit an kritischer Masse, um den Vereinsbetrieb, Mannschaften oder Aktivitäten aufrechtzuerhalten. Die neuen Familien, die sich im Landesteil ansiedeln, sind daher eine Chance für die deutsche Minderheit.

Die Zuzügler sind außerdem unsere neuen Nachbarn. Überall in Nordschleswig ziehen Deutsche ins Nachbarhaus – man trifft sich quasi über die Hecke. Aber wie bringt man den neuen Familien die Angebote der Minderheit bei?

In Renz-Jündewatt hat die deutsche Gemeinschaft einen Kennenlern-Abend durchgeführt, der Bund Deutscher Nordschleswiger hat einen gelungenen Abend für potenzielle Zuzügler unter den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abgehalten, und in Sonderburg wollen die Minderheitenvereine zu einer Vereinsmesse einladen, um die gesamte Angebotspalette der Minderheit zu präsentieren.

Es ist gewiss keine leichte Aufgabe, jede neue deutsche Familie in Nordschleswig oder Dänemark aufzufangen. Die Minderheit bekommt nirgendwo offiziellen Bescheid, dass Deutsche hierhergezogen sind, und Zuzügler halten auch kein Schild in der Hand, um auf sich aufmerksam zu machen.

Daher ist jede Initiative willkommen – und neue Ideen werden händeringend gesucht. Dabei ist es wichtig, auf der einen Seite die notwendige Offenheit gegenüber unseren neuen Nachbarn zu zeigen, gleichzeitig aber auch auf die Werte-Gemeinschaft und die DNA, die die Minderheit ausmacht, aufmerksam zu machen, ohne sich dabei neuen Dynamiken zu verschließen. Wenn das unter einen Hut gebracht werden kann, ist das ein Gewinn für alle.

 

 

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