Leitartikel

„Absichtlich wild“

Absichtlich wild

Absichtlich wild

Nordschleswig/Apenrade
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In Dänemark wächst der Rasen in einigen Kommunen wild – und zwar absichtlich. Doch vielleicht muss das Projekt noch zugeschnitten werden, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Das Gras wächst, und die Blumen blühen. In Dänemark hat sich ein Trend durchgesetzt, öffentliche Rasenflächen nicht zu mähen: „Vild med vilje“ – „Absichtlich wild“, heißt das Phänomen, das sich auch in Nordschleswig verbreitet hat.

In Dänemark haben sich 24 Kommunen dem Wildnis-Projekt angeschlossen – und auch private Gartenbesitzer können die Aktion unterstützen. Ziel ist es, mehr Lebensraum für Insekten, Kleintiere und Vögel zu schaffen.

Das ist eine gute Initiative. Vor allem in Dänemark, wo es oft üblich ist, millimetergenau Hecken, Büsche und Bäume zu schneiden, um den minimalistischen nordischen Stil zu treffen. Dazu passend ein frisch gemähter Rasen mit scharf geschnittenen Kanten. Garten neben Garten. Da bleibt nicht viel Platz für Artenvielfalt.

Ein bisschen mehr Wildnis tut also gut. Aber wie wild? Und vor allem wo? Zwar haben sich die Kommunen dem Projekt angeschlossen, aber wie genau die Wildnis unter Kontrolle gehalten werden kann, scheint noch nicht festzustehen.

Einigen Gemeinden scheint das Projekt als Sparmaßnahme zu dienen, nach dem Motto: Hier müssen wir nicht mehr Rasen mähen. So ganz scheint es noch kein Konzept zu geben, wo sich die Wildnis verbreiten soll – und wo es keinen Sinn ergibt, zum Beispiel wenn das Gras auf Straßen und Fußwege wuchert.

Hinzu kommt, dass Asthmatiker und Allergiker durch das frei wachsende Gras zusätzliche Atem-Probleme bekommen, wenn es entlang der Fußwege zu wild wird.

„Absichtlich wild“ ist eine gute Sache für die Natur, obwohl langes Gras allein die Welt nicht retten wird. Das Projekt muss nach den ersten Erfahrungen noch mal überdacht und zugeschnitten werden – dann wird es hoffentlich ein blühender Erfolg. 

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