Leitartikel

„Schatz, wir müssen reden – über das Leben in der Minderheit“

Schatz, wir müssen reden – über das Leben in der Minderheit

Schatz, wir müssen reden – über das Leben in der Minderheit

Nordschleswig/Sønderjylland
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Identität: Wie ist es, Teil der deutschen Minderheit zu sein? Ein neues Spiel – das gar keins ist – sorgt für Aufklärung und jede Menge Gesprächsstoff.

Wie deutsch bist du? Wenn Deutschland gegen Dänemark spielt – für wen bist du? In welcher Sprache träumst du? Ist dein Minderheitenleben anders als das deiner Eltern? Dein Kind möchte zum Geburtstag einladen und die Einladung mit Dannebrog-Flaggen schmücken – wie ist deine Haltung dazu?

Diese und viele andere Fragen stehen in diesen Tagen und Monaten in der deutschen Minderheit in Nordschleswig zur Diskussion. Der Hintergrund ist, dass die Minderheit sich dazu entschlossen hat, sich mehr mit dem Thema Identität zu beschäftigen. Das erste Ergebnis ist „Das Identitätsgespräch“ – Gesprächskarten, bei denen Nordschleswig gemeinsam reflektiert, wie es auf der Box steht.

Die Gesprächskarten hat Kommunikationsmitarbeiterin Sally Flindt-Hansen vom Bund Deutscher Nordschleswiger entwickelt. Bei den Karten geht es darum, über sich selbst und das Leben in der Minderheit zu reflektieren. Dabei gibt es keine richtigen oder falschen Antworten, sondern es geht vor allem um persönliche Antworten, Reflexion und Gedanken über das eigene Leben und die Minderheit.

Wer in der deutschen Minderheit lebt, wird im deutsch-dänischen Grenzland fast täglich mit der eigenen Identität konfrontiert. Trotzdem kann es manchmal schwierig sein, wenn man konkret gefragt wird, wie es ist, Teil der deutschen Minderheit zu sein: Wurzeln, Familie, Identität, Kultur, Sprache sind Wörter, die einem einfallen, aber seien wir mal ehrlich: Das „Gefühl Minderheit“ ist nicht leicht zu erklären, wenn man nicht wenigstens ein Bein in der Minderheit hat.

Nicht alle haben das Glück, jede zweite Woche einen Vortrag über die Minderheit halten zu dürfen. Welchen Vortrag möchtet ihr? Den mit dem geschichtlichen Hintergrund? Oder über die Herausforderungen einer modernen Minderheit? Oder über den „Nordschleswiger“ in der dänischen Medienlandschaft? 

Und sogar einem Profi wie mir fällt es manchmal schwer, das Thema Minderheit präzise an andere zu vermitteln. Bei der Geschichte ist es noch leicht und bei den Fakten sowieso? Aber Minderheitenleben ist viel mehr als das. Es wächst im Herzen. Aber wie fasst man das Glücksgefühl am Sonnabend beim Ehemaligenfest am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig in Worte? Anderen, die da waren, muss man nur zunicken, und schon breitet sich ein großes Lächeln aus – wir waren da.  

Schatz, wir müssen also reden: Das Identitätsgespräch des BDN ist ein sehr gelungenes „Spiel“. Es geht die Gespräche über die eigene Identität strukturiert an, wobei es schnell eine lockere Runde wird, in der ganz unkompliziert und ungezwungen Gefühle, Erfahrungen und Meinungen ausgetauscht werden. Es macht Spaß, über Identität zu sprechen.

Dabei geht es dem BDN eben nicht um eine einheitliche Identität und ein „So musst du denken und agieren, wenn du in der Minderheit bist“. Spätestens im Gespräch wird einem bewusst, dass es nicht „eine Minderheitenidentität“ gibt, sondern dass unsere Minderheit zwar auf gemeinsame Strukturen und Werte baut, aber sobald es persönlich wird, sehr fragmentiert und unterschiedlich aufgefasst wird.

Das „Spiel“ ist ein Geschenk für die Minderheit, denn es schafft ein Gemeinschaftsgefühl – obwohl wir alle unterschiedlich sind – und es schafft ein Verständnis dafür, dass wir alle auf unsere eigene Art und Weise Minderheit sind.

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