Deutsch-Dänisch

Grenzsteine, tote Ratten und Straßenlaternen: Was es mit der Grenzkommission auf sich hat

Grenzsteine und Straßenlaternen: Was es mit der Grenzkommission auf sich hat

Was es mit der Grenzkommission auf sich hat

Matti Gerstenlauer
Nordschleswig/Südschleswig
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„Kongeriget Danmark“, zu Deutsch „Königreich Dänemark“ prangt auf einem angebrachten Schild an der Grenze zwischen Deutschland und Dänemark. Ob das Haus im Hintergrund nun dänisch oder deutsch ist, kann man aufgrund der krakeligen Grenze am Ende wohl nur mit einem Blick in den Grenzatlas sagen.  Foto: Matti Gerstenlauer

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Entlang der deutsch-dänischen Grenze gibt es etwa 500 Grenzmarkierungen. Alle zehn Jahre werden sie von der Grenzkommission überprüft, um den Verlauf der Grenze zu wahren.

Die Sonne scheint erbarmungslos auf eine Gruppe von etwa dreißig Menschen, die auf einem Parkplatz im dänischen Rudbøl (Rutteüll) stehen. Was zunächst wie eine gewöhnliche Reisegruppe aussieht, ist in Wahrheit ein wichtiges Organ der deutsch-dänischen Freundschaft. Alle zehn Jahre überprüft die sogenannte Grenzkommission über zwei Tage hinweg den Grenzverlauf zwischen Deutschland und Dänemark sowie den Zustand der Grenzmarkierungen. 

Zwischen dem deutschen Ort Rosenkranz und Rutteüll klärt Axel Johnsen, der Direktor des Museums Sønderjylland, die Mitglieder der zehnten Grenzkommission – darunter auch der Hauptvorsitzende der deutschen Minderheit, Hinrich Jürgensen, über Grenzsteine, Straßenlaternen und die Zuständigkeit für eine tote Ratte auf, die im Grenzbereich verendet ist.

Grenzkommission überprüft die Grenze alle zehn Jahre

Im Zuge des Versailler Vertrags wurde die Grenze zwischen Deutschland und Dänemark im Jahr 1920 offiziell gezogen. Da Grenzüberschreitungen in dieser Zeit schon fast zur deutschen Tugend gehörten und sich die Beziehung der beiden Länder verbessern sollte, entschied man sich, die 138 Kilometer lange Grenze mithilfe einer Kommission alle zehn Jahre zu überprüfen. 

1924 geschah dies zum ersten Mal. Kein leichtes Unterfangen, wie auch die Mitglieder der zehnten Grenzkommission erkennen. 

„Ein einziges Hin und Her“, sagt ein deutsches Mitglied mit Blick auf die scheinbar willkürlich gesetzten Grenzsteine, die dort nun mehr als 100 Jahre liegen.

Ursprünglich habe man versucht, dem einzigen anwesenden Japaner die Schuld für dieses Durcheinander in die Schuhe zu schieben, erklärt Axel Johnsen den Mitgliedern der Kommission mit einem Lachen. Dies sei aus heutiger Sicht allerdings längst widerlegt. 

Ob aus Freundschaft und gegenseitigem Vertrauen oder aus Misstrauen heraus, soll die Grenzkommission nun sicherstellen, dass Änderungen und Markierungen entlang der krakeligen Grenze trotz Jahren der Witterung im Einklang mit den ursprünglichen Absichten liegen.

Grenzsteine, Straßenlaternen und tote Ratten

Dass es tatsächlich einen Unterschied macht, ob man weiter westlich oder östlich steht, veranschaulicht Johnsen den Anwesenden an einem handfesten Beispiel. Eine Ratte, die wohl von einem Auto oder Traktor überfahren wurde, klebt plattgedrückt auf dem Asphalt. Doch sie klebt nicht irgendwo, sondern genau im Grenzbereich zwischen Deutschland und Dänemark. 

„Wenn wir jetzt mit einem Lineal genau entlang der Grenzmarkierung gehen, sehen wir, dass es eine deutsche Ratte ist“, schmunzelt Johnsen und erntet Gelächter. Damit seien die deutschen Behörden zuständig, die Straße von der Ratte zu befreien.

Vor hundert Jahren sei es natürlich um ernstere Vorkommnisse gegangen, das Prinzip sei aber dasselbe, so Johnsen. So mussten Sylt-Freunde vor der Grenzziehung über Dänemark einreisen, was vielen nicht gefiel. 

Doch nicht nur die Zuständigkeiten ändern sich, wenn man in der Mitte der L312 steht, einer Straße, die auf der einen Seite „Rosenkranzstraße“ und auf der anderen Seite „Rudbølvej“ heißt. Auch grundlegende Dinge wie die Beleuchtung ändern sich, da sich die beiden Länder nicht auf ein einheitliches Design der Straßenlaternen einigen konnten, wie Johnsen erklärt.

Die Grenzüberprüfung: Ein besonderes Ereignis

Für die Mitglieder der Kommission sind diese zwei Tage voller Geschichte, Busfahrten durch die Grenzregion und gleißender Hitze mehr als nur ein Auftrag. 

Erik Becker ist Zollbeamter im gehobenen Dienst und wurde kurzfristig eingeladen, für den Zoll an der Grenzkommission teilzunehmen, wie er berichtet. „Da ist die Einladung wohl zunächst untergegangen“, schmunzelt er.

Da das Ereignis nur alle zehn Jahre stattfindet und es sich bei der Grenze und der Grenzregion ohnehin um das Hauptaufgabengebiet der Zöllner handelt, sei er besonders froh, dabei zu sein. „Wir als Zöllner sind gemeinsam mit der Bundespolizei für die Grenze zuständig. Da ist es hilfreich, sich genau auszukennen“, betont Becker.

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