Das gute Leben

Es geht beim Fußball nicht nur ums Gewinnen

Es geht beim Fußball nicht nur ums Gewinnen

Es geht beim Fußball nicht nur ums Gewinnen

Stübbek/Stubbæk
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Die Vertragsverlängerung wurde mit den Unterschriften des Vize-Vorsitzenden des Fußballverbandes, Bent Clausen (l.), und Apenrades Bürgermeister Jan Riber Jakobsen (r.) besiegelt. Foto: Anke Haagensen

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Für eine besondere Vertragsverlängerung kam der DBU-Direktor aus dem entfernten Kopenhagen ins beschauliche Stübbek. Der Weg ist für ihn jedoch ganz und gar nicht unbekannt.

Seit dem Jahr 2017 sind die Kommune Apenrade und der dänische Fußballverband (DBU) durch eine sogenannte Wohlfahrtsallianz (Velfærdsalliance) miteinander verbunden, bei der es darum geht, Kinder, Jugendliche und Erwachsene für den Fußballsport zu begeistern. Punkte und Tore sind Nebensache. Das Miteinander und der Spaß an der Bewegung stehen im Vordergrund. Dieser Vertrag wurde in dieser Woche nun um fünf weitere Jahre verlängert.

Erik Brøgger Rasmussen erzählte am Rande der Vertragsverlängerung über seine eigenen Erfahrungen und Erlebnisse als Mitglied von Ensted IF. Foto: Anke Haagensen

Von Kopenhagen nach Stübbek

Die feierliche Vertragsunterzeichnung fand in der Enstedthalle im Beisein vom DBU-Direktor Erik Brøgger Rasmussen statt. Der Weg von der DBU-Zentrale in Kopenhagener Vorstadtkommune Brøndby nach Enstedt bzw. Stübbek (Stubbæk), wo die Halle seinerzeit gebaut wurde, ist ihm nicht fremd. Er ist in rund drei Kilometer Entfernung aufgewachsen. Seine Eltern leben noch heute dort. Sie freuten sich, ihren Sohn bei „seiner Arbeit“ zu sehen. Sie hatten es sich nämlich nicht nehmen lassen, der Vertragsverlängerung beizuwohnen.

Seit Anfang Oktober ist der 55-jährige Erik Brøgger Rasmussen Direktor des Fußballverbandes. Zuvor war er rund 30 Jahre für das Außenministerium tätig und in den Jahren auch viel im Ausland wohnhaft. Sehr zur Freude der Eltern sehen sie ihren Sohn jetzt öfter.

Mit Ehrenamt aufgewachsen

Die Vertragsunterzeichnung fand in einem Sitzungsraum der Enstedthalle statt. „Diesen Teil gab es zu meiner Zeit noch gar nicht“, war die erstaunte Reaktion des DBU-Direktors. Die erste Halle gegenüber der Stübbeker Schule wurde in seiner Jugend gebaut. „Ich erinnere mich noch gut. Energische Männer und Frauen beschlossen eines Tages: Wir benötigen eine Halle! Sie sammelten Gelder und packten tatkräftig mit an. So waren plötzlich auch Hallensportarten möglich. Es war aber nur eine Sporthalle mit Umkleideräumen – mehr nicht“, erinnert sich der 55-Jährige. Vor wenigen Jahren ist die Enstedthalle um eine Multihalle und anderen Annehmlichkeiten wie zum Beispiel ein Fitnesscenter erweitert worden.

Teil des Vertrags ist, dass im Laufe der nächsten Jahre mindestens ein Jugendländerspiel in der Kommune stattfindet. Foto: Anke Haagensen

Fußball an der Vestergade

Als Kind hatte er „natürlich“ auch mit den Kumpels im Verein Fußball gespielt. „Unser Trainingsplatz war damals auf einem Feld am Ende der Vestergade“, erzählte der DBU-Direktor den Anwesenden. Einige konnten sich noch selbst an die Zeiten erinnern, wie deren zustimmendem Nicken zu entnehmen war. Erik Brøgger Rasmussens eigentliche Leidenschaft war jedoch das Turnen und mit dem Bau der Halle entdeckte er zudem seine Liebe zum Badmintonsport. Seine Fußballkarriere blieb auf der Strecke. Der DBU-Direktor konnte jedoch den Anwesenden von einer Meisterschaft im Schulfußball berichten.

Fürs Leben gelernt

Aber egal, ob Fußball, Badminton oder Turnen, so habe er das Vereinsleben genossen und habe dort viel fürs Leben gelernt. Er habe soziale Kompetenzen erworben, den Wert von Vereinsleben erfahren und gemerkt, was durch ehrenamtliche Arbeit möglich ist. Und genau das sind wichtige Bestandteile der Allianz zwischen Kommune und Fußballverband. „Das dänische Vereinsleben ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Das ist es aber nicht. Das Fundament unserer Gesellschaft in Dänemark ist das Vereinsleben. Ich bin in fremden Ländern gewesen, wo das mitnichten so ist. Unsere Vereine sind auf Ehrenamt aufgebaut. Dass das so bleibt, dafür lohnt es sich zu kämpfen“, betonte Erik Brøgger Rasmussen in einer kleinen Ansprache.

Bent Clausen aus Hadersleben ist nicht nur Vize-Vorsitzender des dänischen Fußballverbandes, sondern auch Vorsitzender des Landesverbandes DBU Jylland. Foto: Anke Haagensen

Ehrenamt ist Trumpf

Es muss ihn deshalb ungemein gefreut haben, dass der Vorsitzende der Fußballabteilung von Ensted IF, Manuel Petersen, davon berichten konnte, dass allein seine Sparte 140 Aktive zählt – bei 1.200 Einwohnerinnen und Einwohnern ist das ein ausgezeichneter Schnitt. Sie werden allesamt von ehrenamtlich Tätigen trainiert und betreut. Eltern und Großeltern übernehmen alle anderen anfallenden Aufgaben: vom Trikot waschen bis zum Kuchenbacken.

Ensted IF verfügt über viele fleißige Helferinnen und Helfer. Aber auch dort in dieser kleinen Ortschaft werde es merkbar schwieriger, Personen zu finden, die viele Stunden in der Woche, noch dazu womöglich über viele Jahre, sich für den Verein engagieren. „Der Wettbewerb um die Freizeit der Menschen ist größer geworden“, formuliert es der Vorsitzende der Fußballabteilung.

Workshop Ende Februar

Die Aussage von Manuel Petersen spiegelt genau die Erfahrungen wider, die auch der Fußballverband landesweit festgestellt hat. „Wir haben noch nie so viele Menschen gehabt, die sich ehrenamtlich engagieren. Sie wollen nur nicht so viel machen wie frühere Generationen“, sagt Bent Clausen. Der Mann aus Hadersleben (Haderslev) ist Vorsitzender des jütischen Landesverbandes und stellvertretender Vorsitzender im DBU-Hauptvorstand.

Manuel Petersen begrüßt wie sicherlich viele seiner Kolleginnen und Kollegen in den umliegenden Vereinen auch das Angebot des Fußballverbandes, bei der Rekrutierung von ehrenamtlich Tätigen helfen zu wollen. Am 28. Februar werden Vertreterinnen und Vertreter der Fußballvereine der Kommune zu einem Treffen eingeladen, wo sie vielleicht Ideen und Vorschläge erhalten können, wie das Ehrenamt in den einzelnen Vereinen attraktiver gestaltet werden kann.  

Bürgermeister Jan Riber Jakobsen unterstrich, dass die Sporthallen in der Kommune Stätten der Begegnung von Jung und Alt seien. Foto: Anke Haagensen

Hallen als Begegnungsstätten

Für Apenrades Bürgermeister Jan Riber Jakobsen (Kons.) stellte sich die Frage nicht wirklich, ob die Allianz mit dem Fußballverband verlängert werden solle oder nicht. Er kommt zwar selbst primär aus dem Handballbereich und war jahrelang in den Hallen des ganzen Landes als Schiedsrichter unterwegs. Aber auch er weiß den Wert von Vereinsleben und Ehrenamt zu schätzen. „Ja, wir haben viele Hallen in unserer Kommune. Sie sind mehr als nur Sporthallen. Sie sind Begegnungsstätten – für Kinder und Jugendliche, aber auch für Erwachsene sowie für Seniorinnen und Senioren. Physische Aktivität und physische Gemeinschaft sind in allen Altersstufen wichtig“, betonte Riber Jakobsen.

Das gute Leben

Ziel und Zweck der Allianz mit dem Fußballverband sei es vor allem, den Breitensport zu bewahren und nicht nur den Spitzensport zu fördern. Und all das sei mit der vom Stadtrat verabschiedeten Entwicklungsstrategie mit dem Titel „Das gute Leben“ (Det gode liv) bestens zu vereinen, so der Bürgermeister.

Ein Fokusgebiet in kommenden Jahren wird das Fladhøj-Viertel in Rothenkrug (Rødekro) sein. Dort ist in den vergangenen Jahren in direkter Nachbarschaft von Sporthalle und -anlagen ein großer Kindercampus mit Kindergarten, Schule und Betreuungsstätten entstanden, weshalb dort gute Möglichkeiten gegeben sind, um Synergien zu nutzen.

In der Absprache ist übrigens auch ein Versprechen des Fußballverbandes enthalten, ein oder gar mehrere Jugendländerspiele in der Kommune Apenrade abzuhalten.

Ein kleiner Nachtrag:

Auf die Frage, ob er denn eigentlich Sønderjysk spreche, den Dialekt des Landesteils, beantwortet Erik Brøgger Rasmussen mit einem breiten Grinsen. „In Kopenhagen reichen meine Sønderjysk-Kenntnisse, um die Zuhörenden in Staunen zu versetzen. Wenn ich aber hier in Nordschleswig anfange, in Mundart zu reden, würde ich wahrscheinlich ausgelacht werden“, vermutet der 55-Jährige. Er entschuldigt sich aber, dass in seinem Elternhaus auch nicht Sønderjysk am Esstisch gesprochen wurde, weil er in einem Lehrerhaushalt groß geworden ist. „Aber selbstverständlich verstehe ich es …!“

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