Entwicklungshilfe

Apenrader hilft in Beirut

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Beirut/Apenrade
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Die Druckwelle der Explosion am Hafen hat Fensterscheiben bis in eine Entfernung von über einem Kilometer zerstört. Inzwischen sind die Straßen und Bürgersteige in Beirut vom Schutt befreit. Foto: Privat

Martin Bjerregaard befindet sich derzeit in der von einer Explosion zum Teil schwer zerstörten Stadt. Der Meldgaard-Mitarbeiter berichtet über seine Aufgaben und von seinen Eindrücken.

„Der Hafen ist total zerstört. Rund um das Hafengebiet sind ganze Straßenzüge fast dem Erdboden gleichgemacht. Fenster und Türen der Gebäude wurden durch die Wucht der Explosion zertrümmert. Viele Gebäude sind einsturzgefährdet“, berichtet Martin Bjerregaard aus der libanesischen Hauptstadt Beirut. Der Meldgaard-Mitarbeiter und Recyclingexperte wurde als Leiter einer EU-Mission dorthin geschickt, nachdem eine Explosion am 4. August einen Teil der Stadt zerstört hatte. Ein Brand in einem Lagerhaus am Hafen brachte fast 3.000 Tonnen Ammoniumnitrat zur Explosion, so der letzte Stand der Ermittlungen. Mindestens 220 Menschen kamen bei dem verheerenden Unglück ums Leben, mehr als 6.000 wurden verletzt.

Bjerregaard beschreibt die Zustände weiter: „Ein Teil des Bauschutts wurde inzwischen aus den Straßen entfernt, doch es gibt viele Häuser, die einsturzgefährdet sind.“ Und hier kommt Bjerregaard ins Spiel. Seine Aufgabe als Leiter der EU-Mission ist es unter anderem, die Gebäude zu identifizieren, die abgerissen werden müssen, damit nicht noch mehr Menschenleben gefährdet werden.

Bei der Begehung werden die Gebäude identifiziert, die abgerissen werden sollen, weil sie einzustürzen drohen. Foto: Privat

Handhabung des Abfalls

„Als Teamleiter bin ich dafür verantwortlich, die weiteren Aufräumarbeiten in Gang zu setzen und die Behörden sowie die Bevölkerung dabei zu unterstützen, die zerstörten Stadtbereiche so weit vorzubereiten, dass von dort keine Gefahr mehr für das Leben der Menschen ausgeht. Die Herausforderung dabei ist, die große Menge an Bauschutt, die mit Chemikalien und anderen gefährlichen und weniger gefährlichen Stoffen vermengt ist, zu händeln“, erklärt Bjerregaard seine Aufgabe in Beirut. Das Ziel sei es, die Abfälle zu sammeln, zu lagern und letztlich ein Recyclingsystem zu schaffen, so der EU-Missionsleiter weiter.

Zerstörte Gebäude sind ein Problem, das es für Experte Bjerregaard zu lösen gilt. Ein anderes – wegen des Mixes aus gefährlichem und ungefährlichem Abfall, den es zu trennen gilt. Foto: Privat

Erfahrung seit 1995

Martin Bjerregaard hat Erfahrung mit Einsätzen im Ausland und unter schwierigen Bedingungen. So war er 1995 schon in der Stadt Mostar in Bosnien, um dort – ebenfalls unter der EU-Flagge – während des Bürgerkrieges Aufräumarbeiten durchzuführen. Es folgten weitere Einsätze weltweit, zu denen der Spezialist gerufen wurde. Dazu gehören Syrien, Irak, Gaza, Haiti, Nigeria, Pakistan, Bangladesch und Indonesien nach dem Tsunami 2004.

Doch wie verkraftet er die Eindrücke?

„Es ist wichtig, für sich selbst zu sorgen. Es muss einem gut gehen, soweit das möglich ist. Das ist selbstverständlich nicht immer einfach, wenn rundherum der Alltag der Menschen plötzlich, wie hier in Beirut, oder über Jahre, wie in Bosnien, zerfällt. Im Libanon gab es schon vor der Explosion eine wirtschaftliche Krise. Die Währung verlor an Wert; hinzu kam das Coronavirus, dann die Explosion, und die Regierung trat zurück. Es mangelt den Menschen zum Teil an fast allem. Durch die Krise können sich die Menschen nicht mehr viel leisten. Ihnen fehlen zum Teil die notwendigsten Dinge zum Leben. Aber es ist ein starkes Volk, und ich bin sehr beeindruckt von dem Zusammenhalt und der Art, wie die Menschen mit all diesem Unglück umgehen. Das stärkt mich und meine Arbeit hier.“

Untergebracht ist Martin Bjerregaard in einem Hotelzimmer, in das er am Abend, nach einem langen Tag mit Meetings und Ortsbegehungen bei tagsüber derzeit 32 Grad im Schatten, zurückkehrt und Schlaf sucht.

Partner und Kollegen

Die Menschen, mit denen er täglich zusammenarbeitet, kommen von den örtlichen Behörden, es sind Mitarbeiter des Entwicklungsprogramms der UN (United Nations Development Programme), Mitarbeitern verschiedener nicht-staatlicher Hilfsorganisationen (NGO), örtlichen Ingenieuren und Handwerkern. „Es gibt von so vielen Seiten großes Interesse zu helfen. Wichtig ist jetzt die Koordination, damit die Hilfe an der richtigen Stelle und zum richtigen Zeitpunkt ankommt und es keine Doppelarbeit gibt“, erklärt er die Herausforderung.

Innerhalb des internationalen EU-Teams, das Bjerregaard leitet, sind die Kollegen zumeist Abbruch- und Recyclingexperten aus dem Libanon, Neuseeland, Großbritannien, Griechenland und Deutschland. Die Treffen mit ihnen finden allerdings nicht vor Ort statt, sondern werden per Konferenzschaltung über das Internet übertragen.

 

 

Meeting mit anderen Experten Foto: Privat
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