Grundgesetz-Zeremonie

Ein Händedruck mit fadem Beigeschmack

Ein Händedruck mit fadem Beigeschmack

Ein Händedruck mit fadem Beigeschmack

Apenrade/Aabenraa
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Ausländer- und Integrationministerin Inger Støjberg (Venstre) führte die erste Grundgesetz-Zeremonie am 17. Januar dieses Jahres persönlich durch. Ab dem Herbst wird der Händedruck in die Kommunen verlagert. Foto: Liselotte Sabroe/Ritzau Scanpix

Der Staat lagert die Händedruck-Zeremonie in die Kommunen aus: Apenrades Bürgermeister Andresen ist da zwiegespalten. Er möchte Neubürger nicht anzeigen müssen, weil sie seine ausgestreckte Hand verweigern.

Die Regierung hat die Händedruck-Zeremonie für neue Staatsbürger ab dem Herbst dieses Jahres in die Kommunen verlagert. Zweimal im Jahr müssen die Kommunen solche sogenannten Grundgesetz-Zeremonien anbieten, bei denen neue Staatsbürger mit ihrer Unterschrift geloben, die dänischen Gesetze einzuhalten und die grundlegenden dänischen Werte zu respektieren. Der feierliche Akt wird mit einem Händedruck besiegelt, und zwar durch einen oder mehrere Vertreter der jeweiligen Kommune. Diese Vertreter können Stadtratsabgeordnete, aber auch Verwaltungsmitarbeiter sein.

Der Stadtrat der Kommune Apenrade hat beschlossen, dass die Zeremonie künftig zum Aufgabenbereich des kommunalen Bürgerservices gehört, dass aber Stadtratsabgeordnete auf Wunsch diesem Akt beiwohnen können.

Bürgermeister Thomas Andresen (Venstre) ist wenig glücklich darüber, dass die Kommunen diese Aufgabe aufgezwungen bekommen haben. Im Prinzip findet er es zwar gut, dass die Neubürger in den Kommunen, in denen sie leben, auch willkommen geheißen werden und nicht ganz nach Kopenhagen reisen müssen. Letzteres könnte sowohl zeitlich als auch finanziell eine Herausforderung für manche Familien sein. Er werde an dieser Zeremonie allerdings nicht teilnehmen, kündigte er an.

Pragmatische Problemlösung

 „Ich hätte da ganz große Schwierigkeiten, einen Neubürger anzeigen zu müssen, nur weil er mir wegen meines Geschlechts oder aus religiösen Gründen die Hand verweigert“, so Bürgermeister Andresen. Seines Erachtens könnte der offizielle „Händeschüttler“ ganz einfach aus dieser Zwickmühle herausgeholt werden. Und zwar mit einer kleinen Abänderung des Einbürgerungsformulars. „Die erste Frage könnte einfach lauten: ,Die Staatsbürgerschaft wird mit einem Händedruck besiegelt. Bist du dazu bereit?‘ Antwortet der Antragsteller auf diese Frage mit ,Nein‘, kann er sich ja die restliche Prozedur sparen“, so Andresen.

Apenrades Bürgermeister Thomas Andresen ist angesichts des verpflichtenden Händedrucks zwiegespalten. Foto: Hans Chr. Gabelgaard/ Ritzau Scanpix

Ob Stadtratsabgeordnete an der Zeremonie teilnehmen wollen, solle jeder mit sich ausmachen, fügt der Bürgermeister hinzu. Wichtig sei ihm nur, dass der Neubürger nicht an 30 Kommunalpolitikern vorbei defilieren und jedem einzelnen die Hand schütteln müsse. Das käme nahezu einem Spießrutenlauf gleich. Das wolle er keinem Neubürger zumuten. Es müsste deshalb koordiniert werden, wer und wie viele Kommunalpolitiker an den Zeremonien teilnehmen.

Für ihn würde es durchaus reichen, dass ein Verwaltungsmitarbeiter diesen Händedruck stellvertretend durchführt. Genau so sieht es der sozialdemokratische Abgeordnete Erik Uldall Hansen: „Wir müssen uns mal zusammensetzen, um konkret abzusprechen, wie viele Stadtratsabgeordnete maximal teilnehmen. Für mich würde es ganz klar reichen, wenn Verwaltungsmitarbeiter diesen Händedruck vollziehen.“ Er stellte dem Bürgermeister sogar ein – seltenes – Lob dafür aus, wie er diese kontroverse Frage gehandhabt habe.

Absurder Tagesordnungspunkt

„Ich finde diesen ganzen Tagesordnungspunkt merkwürdig. Es ist absurd, dass wir für die Symbolpolitik der Regierung vereinnahmt werden. Ich für meinen Teil gebe gerne anderen Leuten die Hand, will aber nicht andere Menschen dazu zwingen“, sagte Michael Christensen von der Sozialistischen Volkspartei (SF).

„Das hat mit Symbolpolitik nichts zu tun. Das ist schiere Höflichkeitspolitik. Ich werde sehr gerne an dieser Zeremonie teilnehmen. Es ist aber für mich auch in Ordnung, dass der Bürgermeister das nicht wünscht“, so Ejler Schütt von der Dänischen Volkspartei (DF), der den Händedruck als eine der vielen Kardinalfragen seiner Partei bezeichnet.

„Ich möchte gern neue Staatsbürger willkommen heißen, möchte aber nicht kontrollieren müssen, wie fest sie meine Hand drücken“, sagte Rasmus Elkjær Larsen von der Konservativen Volkspartei (Kons.). Sein Parteikollege Jan Riber Jakobsen bedauerte, dass eine Veranstaltung, die eigentlich ein Festtag für Neubürger sein sollte, jetzt zum Politikum gemacht werde.

„Dieser Händedruck ist ein Ausdruck dafür, dass unsere Integrations- und Flüchtlingspolitik überhaupt nicht zusammenhängt“, lautete der Kommentar von Jens Bundgaard von der Einheitsliste (EL).

Und Philip Tietje (V) rief abschließend allen noch einmal ins Gewissen, dass diese Zeremonie würdevoll und kultiviert abzulaufen habe.

Die Kosten für die Zeremonie werden auf 20.000 Kronen jährlich veranschlagt.

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