Deutsche MInderheit

Hinrich Jürgensen: „Die Minderheit hat Königin Margrethe viel zu verdanken – und kann sich auf König Frederik freuen“

„Minderheit hat Margrethe viel zu verdanken – und kann sich auf Frederik freuen“

Jürgensen: „Minderheit hat Margrethe viel zu verdanken“

Apenrade/Aabenraa
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Königin Margrethe II., Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Hinrich Jürgensen (Bildmitte) am 13. Juni 2021 in Sonderburg Foto: Cornelius von Tiedemann

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Der Chef des Dachverbandes der deutschen Minderheit in Nordschleswig spricht im Interview über Gänsehaut am Silvesterabend, seine bewegendsten Momente mit der Königin, wie er sie zum Lachen brachte – und darüber, wie es mit dem neuen König weitergehen wird.

Wie die meisten Menschen in Dänemark hat auch der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Hinrich Jürgensen, ab 18 Uhr am Silvesterabend vor dem Fernseher gesessen und der traditionellen Neujahrsansprache der Königin gelauscht. Kurz nach der Nachricht vom Abdanken Margrethe II. klingelt bei ihm das Telefon: „Der Nordschleswiger“ will von dem 64-Jährigen wissen, was dieser historische Schritt für ihn persönlich und für die deutsche Minderheit bedeutet.

Hinrich Jürgensen, eigentlich wollten wir fragen, wie du es findest, dass die Königin die deutsche Minderheit diesmal nicht in der Neujahrsansprache erwähnt hat. Aber dann hat sich da gegen Ende noch ein ganz anderes Thema aufgedrängt. Wie hast du reagiert?

„Wir saßen in kleiner Runde und redeten, und plötzlich sagte einer, Mensch, das hört sich so an, als wenn sie zurücktreten will. Ich wollte das zunächst gar nicht glauben. Sie hatte doch mehrere Male gesagt, dass das nicht passieren würde, dass sie an der Tradition festhalten würde.“

Hinrich Jürgensen

Hinrich Jürgensen

  • Geboren am 5. November 1959 in Baistrup (Bajstrup)
  • Landwirt
  • 1993 bis 2001 Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Nordschleswig (LHN)
  • 2001 bis 2005 Mitglied für die Schleswigsche Partei (SP) im Amtsrat Nordschleswig
  • seit 2007 Hauptvorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN)

 

Doch es ist dann wirklich passiert. Zum 14. Januar wird sie an Kronprinz Frederik übergeben.

„Das war eine richtige Bombe, die da einschlug. Ein richtiger Gänsehautmoment. Ich muss gestehen, dass mich das bewegt hat, und ja, ich wurde auch ein wenig emotional. Sie ist ja fast so lange ich denken kann, Königin gewesen. Das war schon ein bewegender Moment.“

Du hast die Königin gleich mehrmals getroffen. Woran denkst du, wenn du an Königin Margrethe II. denkst?

„An eine unwahrscheinlich interessierte und begabte Frau. Sie war wissbegierig und in den Gesprächen gut informiert. Sie fragte interessiert nach, auch was die Minderheit angeht. Es war immer sehr interessant, mit ihr zu sprechen, und dazu habe ich ja verschiedene Gelegenheiten gehabt, auch ganz direkt und quasi unter vier Augen. Das waren spannende Gespräche, und ich war immer wieder überrascht über ihr Wissen. Sie ist eine große Persönlichkeit.“

Dein nächstes geplantes Treffen mit der Königin steht jedoch auf der Kippe. Weshalb?

„Für mich persönlich gab es ja noch mal ein Highlight mit meiner Auszeichnung mit dem Dannebrog-Orden auf dem Deutschen Tag im Herbst. Jetzt habe ich einen Termin für die Audienz – und die ist im Februar. Da bin ich gespannt, wie das laufen wird, ob dieser Termin dann weiterhin stattfindet und ob jetzt der neue König die Verpflichtung übernimmt. Dann würde ich ja relativ schnell auch mit ihm ein Gespräch führen können.“

Königin Margrethe II.

  •  am 16. April 1940 auf Schloss Amalienborg in Kopenhagen geboren.
  • Tochter von König Frederik IX. (1972 verstorben) und Königin Ingrid, geborene Prinzessin von Schweden (2000 verstorben).
  • Margrethe Alexandrine Þórhildur Ingrid wurde 1972 die Königin Dänemarks.
  • ​Damit sie Königin werden konnte, musste Dänemark 1953 das Grundgesetz ändern. Hätte Margrethe einen kleinen Bruder bekommen, wäre dieser König geworden. Eine Volksabstimmung bahnte ihr den Weg zum Thron.
  • 2009 wurde das Thronfolgegesetz geändert, sodass nun jederzeit das älteste Kind unabhängig des Geschlechts den Thron erbt.
  • Hochzeit am 10. Juni 1967  mit dem Franzosen Henri Marie Jean André Graf de Laborde de Monpezat – Prinz Henrik von Dänemark.
  • Das Paar war über 50 Jahre lang verheiratet. Der Prinz verstarb am 13. Februar 2018.
  • Kinder: Die Söhne Kronprinz Frederik André Henrik Christian (1968) und Prinz Joachim Holger Waldemar Christian (1969).
  • Die Königin hat zwei Schwestern: Prinzessin Benedikte und Anne-Marie.

Was musst du Frederik noch über die Minderheit beibringen?

„Er ist ja 2008 bei uns gewesen, und zwar von morgens um 10 bis 16 Uhr. Und da hat er alles über die Minderheit mitgekriegt. Und dann habe ich ihn bei verschiedenen Gelegenheiten später auch getroffen und bin ein paar Mal auch mit ihm zur Jagd gewesen. Also, da bedarf es überhaupt keiner Aufklärung. Er weiß sehr gut Bescheid.“

Wie bewertest du die Entscheidung der Königin?

„Ich finde es eine fantastische Entscheidung der Königin, jetzt, wo sie selbst bestimmen konnte, wann der Wechsel kommt. Es ist hervorragend, dass sie diesen Schritt gemacht hat und dass es nicht erst so weit kommt, dass die Leute sagen, dass es langsam auch mal Zeit wäre. Die Meinungsumfragen sind momentan traumhaft für sie und für das Königshaus, und es ist ein wunderbarer Moment und Anlass gewesen, diese Entscheidung zu treffen. Sie verdient großen Respekt für diese Entscheidung.“

Was bedeutet das Königshaus für die deutsche Minderheit?

„Ich sagte ja in meiner Rede anlässlich 100 Jahre Minderheit am Deutschen Museum in Sonderburg, dass wir das Glück haben, als deutsche Minderheit sowohl eine Königin zu haben als auch einen Bundespräsidenten. Damals waren beide anwesend. Ich persönlich finde, dass wir als Minderheit ein fantastisches Königshaus haben. Mit ihrer Anwesenheit damals (13. Juni 2021, Red.) hat die Königin noch mal den Wert der deutschen Minderheit hervorgehoben. Sie hat auch in ihren Ansprachen, etwa zu Neujahr, immer wieder hervorgehoben, dass wir ein Teil Dänemarks sind. Sie hat uns immer als Teil der dänischen Bevölkerung betrachtet und dass wir dazugehören.“

Königin Margrethe II. und Hinrich Jürgensen am 13. Juni 2021 vor dem Deutschen Museum in Sonderburg. Foto: Cornelius von Tiedemann

Was ist deine schönste Erinnerung an Königin Margrethe?

„Das Schönste war die Baumpflanzaktion beim Museum in Sonderburg, wo sie und der Bundespräsident zusammenkamen. Überhaupt waren die Festlichkeiten zu 100 Jahren Minderheit und zur Grenzziehung ein ganz großes Highlight, wo ich mehrfach die Königin treffen durfte. Im Alsion in Sonderburg zum Beispiel gab es eine Veranstaltung zusammen mit der dänischen Minderheit, wo ich auch interviewt wurde. Da erzählte ich ein wenig über die deutsche Minderheit und auch darüber, dass wir erst in den vergangenen 30 Jahren ein engeres Verhältnis zur dänischen Minderheit bekommen haben. Wenn wir früher zum Beispiel zur FUEN (Dachverband europäischer Minderheiten, Red.) gefahren sind, saß man dann getrennt im Zug – und heute bucht man die Tickets gemeinsam. Das habe die Königin sehr zum Lachen gebracht, wurde mir später aus dem Königshaus gesagt. Diese kleinen Geschichten sind es dann eben auch, die in Erinnerung bleiben. Und natürlich die vielen Besuche im Schloss Gravenstein (Sommerresidenz des Königshauses in Nordschleswig, Red.), das ist immer ein Highlight. Es hat etwas Magisches, wenn man mit einer solchen Persönlichkeit zusammen ist.“

Was wünschst du der Königin jetzt?

„Ich wünsche ihr vor allen Dingen Gesundheit, dass sie uns noch recht lange erhalten bleibt und dass sie jetzt das Leben genießt und ein wenig relaxen kann. Dass sie im Sommer vielleicht mit ihren Schwestern etwas länger in Gravenstein bleiben kann, ohne diesen ganzen Verpflichtungen nachlaufen zu müssen.“

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