Geschichte

Der „Steuermann“ der dänischen Politik

Der „Steuermann“ der dänischen Politik

Der „Steuermann“ der dänischen Politik

Reinhard Laszig
Nordschleswig/Kiel
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Hornemanns Buch über A. P. Bernstorff Foto: Wachholtz Verlag

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Reinhard Laszig hat eine Rezension über das Buch „Andreas Peter Bernstorff“, das im Wachholtz Verlag erschienen ist, geschrieben.

Es handelt sich um „Schwergewichtiges“. Im übertragenen Sinne geht es um den deutsch-dänischen Staatsmann Andreas Peter Bernstorff (1735-1797) und im wörtlichen Sinne um die 1,5 Kilogramm schwere und 512 Seiten umfassende Lebensgeschichte von A. P. Bernstoff, eines herausragenden Menschen des 18. Jahrhunderts in Dänemark.

Der dänische Theologe, Historiker und Journalist Jörgen Hornemann (1936-2006) legt in Zusammenarbeit mit Hartwig Graf von Bernstorff (1950) für die deutsche Ausgabe nun ein umfassendes Werk im Wachholtz Verlag vor.

In akribischer Weise hat Hartwig Graf von Bernstorff die deutsche Ausgabe des Werkes „Danmarks statsmand – A. P. Bernstorff og hans samtid“ bearbeitet, das Jens Schmid-Mölholm in eine flüssig lesbare deutsche Lektüre übersetzt hat. Viel zu oft wird gerade diese Schwerstarbeit zu wenig gewürdigt und hervorgehoben.

Eine Statue von A. P. Bernstorff Foto: Aus dem Buch

Die Bernstorff-Familie

Aber wer war eigentlich A. P. Bernstorff? Sein Onkel J. H. E. Bernstorff (1712-1772) und Protegé aus norddeutscher Gutsbesitzerfamilie stammend, war ein hoch angesehener Beamter und Staatsminister unter König Frederik V. Er erwarb sich große Verdienste unter dem absolutistischen Herrscher im Verhältnis zu seinen nicht gerade freundlich gesinnten Nachbarn wie Schweden oder Russland.

Der Vielvölkerstaat brauchte eine ruhige, möglichst neutrale Haltung zu seiner Umgebung in einer Zeit zunehmender Spannungen auf ökonomischem und politischem Terrain.

Hier nun nahm der spätere Außenminister A. P. Bernstorff stets Bezug zu seinem Onkel und Vorgänger im Amt.

Die Aufklärung „wütete“ nach Ansicht vieler einflussreicher Zeitgenossen in Europa, und es musste für einen Außenminister ein dringendes Ziel sein, das Land in ruhigem Fahrwasser zu halten.

Fortuna – der Sitz der Familie Bernstorff Foto: Aus dem Buch

Zurück nach Kopenhagen

Noch mehr als sein Onkel fühlte er sich einer dänischen Neutralitätspolitik verpflichtet, nachdem er von Johann Friedrich Struensee (1737-1772), auch einem Deutschen, ins Pariser Exil geschickt wurde. Nach Struensees Hinrichtung wurde er jedoch vom Kronprinzen, dem späteren König Frederik VI., 1773 wieder nach Kopenhagen gerufen.

Hier residierte er im von seinem Onkel geerbten Schloss Bernstorff nördlich der Stadt. Dieser „Rückruf“ stellte schon eine Besonderheit dar, wurde doch unter Ove Hoegh Guldberg das Indignatsgesetz geschaffen, was Ausländern verbot, „… Zugang zu öffentlichen Ämtern im dänischen Gesamtstaat zu haben …“.

Mehr Macht für Guldberg

Nach Struensees Sturz wurde das Geheime Conseil als Geheimer Staatsrat wieder hergestellt und bedeutete mehr Macht für Ove Hoegh Guldberg. Dieser regierte mit einem Kabinettsrat an allen staatlichen Institutionen vorbei, und so wurde unter Christian VII. A. P. Bernstorff auch als „Aushängeschild“ benutzt.

Guldberg regierte mit Kabinettsordern an Bernstorff vorbei, was schließlich zum Zerwürfnis führte. Der Außenminister A. P. Bernstorff und Chef der Deutschen Kanzlei quittierte den Dienst 1780 und ging in das „zweite Exil“, wie er es nannte auf seine deutschen Güter.

Schon 1779 beschwerte sich Bernstorff: „… die Kabinettsordern haben in einem unüberschaubaren Maße zugenommen. Alle Departements – allein die meinen ausgenommen – sind ihm absolut wie Sklaven unterworfen …“.

Aber 1784 rief ihn der spätere König Frederik VI. zurück, und so konnte A. P. Bernstorff seine für das Land segensreiche Tätigkeit als Außenminister bis zu seinem Tode 1797 fortsetzen.

Ermelunden – gemalt von A. E. Kieldrup 1863 Foto: A. E. Kieldrup

Altes Gesetz gilt noch

Dies ist umso erstaunlicher, als das Indignatsgesetz Ausländer von hohen Ämtern fernhielt. Das Gesetz gilt übrigens heute noch. Bernstorff war einfach mit seiner auf das Wohl des Landes ausgerichteten Neutralitätspolitik und seiner absoluten Loyalität zum König ein fester Anker in der oft durch Vetternwirtschaft und Günstlingswirtschaft gefährdeten Monarchie.

Kurzum: A. P. Bernstorff, der Neffe des bis dato erfolgreichsten Außenministers des dänischen Königsreiches im 18. Jahrhundert bleibt in der Geschichte als Mann der durchdachten Reformen seines Landes im Gedächtnis. War er doch der, der mit Ernst von Schimmelmann (1747-1831) und Detlev von Reventlow (1712-1783) aus heutiger Sicht mutige Reformen in der Agrarwirtschaft, der Abschaffung der Leibeigenschaft in Holstein und des Schollenbandes, der Abschaffung der Sklaverei und des Dreieckshandels und die Friedenspolitik Dänemarks begründete.

Fast schon detailverliebt beschreibt J. Hornemann in zwölf Kapiteln mit aussagekräftiger Bebilderung den Reformer „von oben“, der Altes und Neues geschickt zu verbinden verstand.

Hornemanns Buch über A. P. Bernstorff Foto: Wachholtz Verlag
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