Leitartikel

„Eile und Resultate beim Klimaschutz nötig“

Eile und Resultate beim Klimaschutz nötig

Eile und Resultate beim Klimaschutz nötig

Apenrade/Aabenraa
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Der meist als UN-Klimarat bezeichnete Wissenschaftlerausschuss hat in seinem neuesten Fachgutachten deutlich gemacht, dass sich der bedrohliche Klimawandel beschleunigt und deshalb keine Zeit mehr verloren werden darf, um Maßnahmen zur Abwendung schlimmer Konsequenzen zu ergreifen.

Der neueste „Sachstandsbericht“ des „Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen“ (IPCC) unter dem Dach der Vereinten Nationen (UN) hat am Montag ein lebhaftes Echo in den Medien gefunden.

Bereits 1988 ist das Gremium geschaffen worden, das mit dem neuesten Bericht die mittlerweile sechste wissenschaftliche Darlegung zum wirklich nicht mehr neuen Problem Klimawandel und Erderwärmung präsentiert hat. Doch langsam erweisen sich die Fakten als sehr brenzlig, nicht nur aufgrund der aktuellen Feuerkatastrophen in südeuropäischen Regionen.

Alarmierend sind die Aussagen der internationalen Wissenschaftlergemeinschaft vor allem, weil auf ein steigendes Tempo beim Klimawandel hingewiesen wird, dessen Ursachen, zu hohe Konzentrationen klimaschädlicher Gase in der Atmosphäre, erst in Jahrzehnten rückgängig gemacht werden können. Und es ist leider die bittere Wahrheit, weil längst bekannte Gegenmaßnahmen unterlassen worden sind.

Aus Dänemark kommen seit Jahren bekannte Kommentare, dass man hierzulande Vorreiter auf dem Gebiet der Umstellung der Energieversorgung auf regenerative Quellen ist, die Häuser korrekt isoliert und auch immer mehr Elektroautos unterwegs sind.

Aber es gehört zur Wahrheit auch, dass trotz der wichtigen Verbesserungen die Einwohner Dänemarks pro Kopf nach wie vor einen der größten „Kohlendioxid-Fußabdrücke“ im weltweiten Vergleich hinterlassen. Deshalb ist es doch erschütternd, nach den neuesten Alarmmeldungen und Hiobsbotschaften hierzulande einen Chor von Äußerungen zu vernehmen, dass hier bei uns doch meistens alles richtig gemacht wird.

Hoffen wir das Beste, dass das neue Schöpfwerk an der einbetonierten Mühlenau in Apenrade genügend Überflutungsschutz in den kommenden Jahrzehnten mit steigendem Meeresspiegel bietet. An der Westküste wird das Küstendirektorat sicher rechtzeitig aktiv, wenn dort die höheren Pegel ähnliche Deicherhöhungsmaßnahmen ratsam erscheinen lassen wie in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und den Niederlanden längst angelaufen.

In Dänemark hat es in den vergangenen Jahrzehnten Fortschritte gegeben wie den Umbau der Stromproduktion von kohlebefeuerten Kraftwerken auf effektive Windenergieparks. Neue Wohnviertel in Kopenhagen werden vorbildlich auf Energieeinsparung ausgerichtet. Doch zur Wahrheit des „Klimafußabdrucks“ gehört auch, dass für die Baustoffe der neuen Betonhochhäuser sehr viel Energie aufgewendet wird, während in ländlichen Räumen Dänemarks viel Wohnraum verfällt.

Der jüngste Infrastrukturplan der Regierung lässt trotz einiger Lichtblicke hinsichtlich mehr klimafreundlicher öffentlicher Verkehrsmittel nichts Gutes ahnen. Es werden neue Autobahnen ins Auge gefasst, vor allem auch aufgrund von Forderungen aus abgelegenen Ecken des Landes, in denen das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln während der vergangenen Jahre, und das gilt auch für Nordschleswig, stark ausgedünnt worden ist. Vor allem auch mangels Nachfrage.

Aber auch dabei gehört zur Wahrheit, dass über Jahrzehnte das Autofahren in Dänemark favorisiert wurde, während beispielsweise das Eisenbahnnetz und der Fernverkehr immer unzuverlässiger geworden sind. Es werden Menschen mit Flextaxis durch Land zu ärztlichen Behandlungen in oft weit entfernte Orte kutschiert, aber die Busse in Nordschleswig sind meistens nicht behindertenfreundlich mit Niederflurtechnik ausgestattet.

Der internationale Zugverkehr von Dänemark in die Nachbarländer und entferntere Ziele ist im Vergleich zu den Verhältnissen vor 40 Jahren nur noch ein Minimalangebot. Seit der Entscheidung für den Bau der festen Fehmarnverbindung ist das Angebot leider noch immer weiter eingeschränkt worden. Und das hat die Ursache darin, dass die Menschen in Dänemark sich seit Jahrzehnten daran gewöhnt haben, dass im Fernverkehr das Flugzeug zur Verfügung steht.

Das hat nicht nur umweltfreundliche Verkehrsmittel ausgebremst, es hat auch dazu geführt, dass die Reisen im Flieger immer länger geworden sind. Viele jüngere Leute haben auf ihren hierzulande fast obligatorischen Weltreisen nach der Schulzeit vermutlich schon ihr „Klimasündenkonto“ überzogen.

Deshalb gibt es nur einen Weg: In der Gesellschaft muss der Kurs hin zum Klimaschutz ausgerichtet werden. Und bei jedem einzelnen Menschen. Ob durch klimafreundliche Ernährung, mehr Wolljacken an kalten Tagen, Wahl umweltfreundlicher Verkehrsmittel oder Planung des Urlaubs. Entscheidend ist das Ergebnis in der Gesamtsumme.               

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