Leitartikel

„Showdown der Konservativen“

Showdown der Konservativen

Showdown der Konservativen

Kopenhagen
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Nach einem monatelangen Aufstieg der Konservativen steht Parteichef Søren Pape Poulsen erstmals vor einer parteiinternen Herausforderung. Diese muss ihn allerdings nicht Schwächen, sondern kann ihm sogar den Rücken stärken, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen.

Es bahnt sich weiterhin ein Machtwechsel im bürgerlichen Lager der dänischen Politik an. Zwar mag die liberale Partei Venstre im Folketing derzeit die größte Partei im blauen Block sein, doch in den Meinungsumfragen haben die Konservativen inzwischen ihren großen Bruder überholt.

Bei der Wahl vor zwei Jahren gab es durch Lars Løkke Rasmussen noch einmal einen (letzten) Venstre-Schub und 43 Mandate, doch durch den parteiinternen Ärger (und dem Verlust von inzwischen fünf profilierten Venstre-Leuten) haben immer mehr Wähler Venstre den Rücken gekehrt.

Im Januar war Venstre laut Meinungsumfrage noch die zweitstärkste Partei des Landes nach den Sozialdemokraten, doch inzwischen ist fast jeder dritte V-Wähler zu den Konservativen gewandert, die auch bei den anderen bürgerlichen Parteien tüchtig absahnen.

So steht die Konservative Volkspartei erstmals seit zwölf Jahren wieder bei mehr als 20 Mandaten – aktuell sogar bei 29. Das wären 17 mehr als bei der Folketingswahl vor zwei Jahren – gegebenenfalls ein Traumergebnis für Parteichef Søren Pape Poulsen.

Venstre hat indes die Hälfte der Wähler eingebüßt, und sollte es daher in den nächsten Monaten zu einer Folketingswahl kommen – was sehr unwahrscheinlich ist – könnte es einen Thronwechsel im bürgerlichen Lager geben.

Søren Pape Poulsen hat sich während des gesamten Venstre-Ärgers in den vergangenen zwei Jahren bedeckt gehalten und mit stiller Genugtuung feststellen können, wie die Wähler mitten im bürgerlichen Sturm – denn auch die Liberale Allianz und die Dänische Volkspartei sind arg gebeutelt – die Konservative Volkspartei als sicheren Zufluchtsort gesucht haben.

Ganz zufrieden kann der konservative Parteichef dennoch nicht sein, denn er mag zwar vor einer Machtübernahme im bürgerlichen Block stehen, doch der rechte Flügel steht meilenweit davon entfernt, die sozialdemokratische Regierung abzulösen. Dazu schwächeln zu viele bürgerliche Parteien seit der Wahl 2019.

Außerdem kann sich Søren Pape Poulsen nun nicht mehr verstecken, denn auch er hat parteiinternen Ärger, der erstmals seit Monaten den Aufstieg der Konservativen bremsen könnte: Naser Khader hat sich nach seiner Krankmeldung im April wieder zurückgemeldet – nur will ihn gerade niemand als Freund, weil gegen ihn wegen sexueller Belästigung ermittelt wird.

Es wird daher zu einem Showdown zwischen Søren Pape Poulsen und Naser Khader kommen – es sei denn, dass die Beweise gegen Naser Khader so eindeutig sind, dass er selbst das Handtuch wirft. Montag kehrte Khader allerdings kämpferisch auf die politische Bühne zurück – und somit ist Ärger vorprogrammiert.

Noch steht Khader in Warteposition auf dem Abstellgleis, aber bereits jetzt steht fest, dass sein Parteichef ein mögliches Aufeinandertreffen der beiden gewinnen wird. Die Frage ist allerdings, ob der Fall Khader die Konservativen Schwächen wird – oder ob Pape Poulsen anders als sein Gegenüber, Venstre-Vorsitzender Jakob Ellemann Jensen in seinen Krisen, gar gestärkt aus diesem Kampf gehen kann.

Die Ruhe in der politischen Sommer-Pause könnte bald wieder vorbei sein, und ausnahmsweise stehen die Konservativen im Rampenlicht. Diesmal kann sich Søren Pape Poulsen nicht verstecken – aber das will er vielleicht auch gar nicht. Nun hat er die Chance zu zeigen, wie er in seiner Partei eine Krise meistert.

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