Deutsche Minderheit

Erneutes Haushalts-Defizit beim DSSV: „Wir müssen anders wirtschaften“

Erneutes Haushalts-Defizit beim DSSV: „Wir müssen anders wirtschaften“

Haushalts-Defizit beim DSSV: „Wir müssen anders wirtschaften

Apenrade / Aabenraa
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Welm Friedrichsen und Lasse Tästensen in der DSSV-Geschäftsstelle: Konkrete Zahlen zum Jahresabschluss sind noch Gegenstand von Gesprächen, die hinter verschlossenen Türen stattfinden. Foto: Karin Riggelsen

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Der DSSV erwartet, auch dieses Haushaltsjahr mit einem Defizit abzuschließen. Grund sind unerwartet hohe Ausgaben, aber auch versäumte Personalanpassungen als Reaktion auf weniger Kinder in den Kindergärten. Im Interview äußern sich der DSSV-Hauptvorsitzende Welm Friedrichsen und der neue Geschäftsführer Lasse Tästensen zur aktuellen Finanz-Lage. Zur Höhe des Haushaltslochs wollen sie sich nicht äußern.

Seit Oktober arbeitet die scheidende Schulrätin des Deutschen Schul- und Sprachvereins (DSSV), Anke Tästensen, ihre Nachfolge ein. Catarina Bartling und Lasse Tästensen bilden ab Januar die neue Doppelspitze des Schulträgers der deutschen Minderheit. 

Gleichzeitig kämpft der DSSV mit einem defizitären Haushalt. Als neuer Geschäftsführer ist es Lasse Tästensen, der die Finanzen des DSSV im Blick haben soll. 

Lasse, du bist Anfang Oktober deine neue Stelle als Geschäftsführer des DSSV angetreten und musst dich gleich zu Beginn einer großen finanziellen Herausforderung stellen. Das Jahr 2023 hat der DSSV mit einem Unterschuss abgeschlossen. Konntet ihr das Defizit einfangen?

Tästensen: „Nein, wir das erwarten wir nicht zu können.“ 

Kannst du das konkretisieren?

Tästensen: „Das Haushaltsjahr 2024 läuft ja noch. Was wir aktuell diskutieren ist, mit welchem Ergebnis wir erwarten, das Haushaltsjahr abzuschließen. Wir erwarten ein Minus, aber zur Höhe kann ich aktuell nichts Konkreteres sagen, weil diese Zahl nicht final ist und noch von verschiedenen Faktoren abhängt.“

Wo liegen eure finanziellen Herausforderungen?

Tästensen: „Wir haben mit einigen Ausgaben gekämpft, die höher ausgefallen sind, als es geplant war. Unter anderem sind die allgemeinen Haushaltskosten wie überall in Dänemark gestiegen, und die Personalkosten sind aufgrund von neuen Tarifverträgen höher ausgefallen, als wir es erwartet hatten. Personalausgaben sind die Ausgaben, die unsere Finanzen am stärksten beeinflussen, weil sie rund 80 Prozent unseres Haushalts ausmachen.  

Lasse Tästensen ist der neue Geschäftsführer des DSSV und bildet gemeinsam mit Catarina Bartling die neue Doppelspitze. Foto: Karin Riggelsen

Im Kindergartenbereich haben wir bei den DKA (Deutsche Kindergärten Apenrade, Anm. d. Red.) Herausforderungen. “

Welche Herausforderungen sind das?

Tästensen: „Hier betreuen wir weniger Kinder als vorhergesagt und auch ein Wechsel in der Gesamtleitung des DKA hat uns zusätzlich belastet. Diese Kosten schlagen dann voll zu Buche. Aber vor allem fordert uns der demografische Wandel heraus. Sprich: Wir haben es aktuell mit geburtenschwachen Jahrgängen zu tun. Hinzu kommt, dass kleine Kindergärten den Haushalt immer stärker belasten als große. Und wir führen einige kleine Einrichtungen, was aber auch so gewollt ist.“

Ist die Entwicklung der Kinderzahlen in den Kindergärten nicht erwartbar?

Friedrichsen: „Nur zu einem gewissen Maß. Dass Kinder irgendwann eingeschult werden, ist erwartbar. Aber Kinder, die zum Beispiel aufgrund eines Umzuges aus den Einrichtungen herausgenommen werden, können wir nicht so einfach vorhersagen. Und bei kleinen Einrichtungen macht sich eine Abmeldung schneller bemerkbar als bei großen Einrichtungen. Wenn personell keine Anpassungen vorgenommen werden, kostet uns das Geld.“

Welm Friedrichsen ist der Hauptvorsitzende des DSSV. Foto: Karin Riggelsen

Sprich, es wurde in den DKA kein Personal entlassen, wo Personal hätte entlassen werden müssen? 

Tästensen: „Personalanpassungen bedeuten nicht gleich Entlassungen. Auch, aber nicht nur. Die Leitungen der Einrichtungen sind ja diejenigen, die die Anpassungen vornehmen müssen. Und da schaut man natürlich immer zuerst nach anderen Hebeln. Zum Beispiel guckt man immer nach möglichen Stundenreduzierungen, befristeten Verträgen, die dann nicht verlängert werden können, oder Renteneintritten, die man nicht nachbesetzt. 

Aber ja – wir sprechen bei den DKA von einem Personalabbau, der entsprechend der Kinderzahl hätte vorgenommen werden müssen.“

Ihr habt über unerwartete Kosten gesprochen, aber auch über versäumte Personalanpassungen. Beides Faktoren, die einen defizitären Haushalt bedingen. Was ist die Konsequenz? Braucht der DSSV mehr Geld? Oder muss der DSSV besser wirtschaften?

Friedrichsen: „Mehr Geld ist natürlich immer schön. Aber nein, ich würde nicht sagen, dass wir grundsätzlich mehr Geld brauchen. Wir müssen anders wirtschaften. Und es sind bereits Maßnahmen getroffen worden, um die Sachen wieder einzufangen, die wir jetzt gesehen haben.“

Welm Friedrichsen und Lasse Tästensen benennen Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden und geben einen Ausblick in die Zukunft. Foto: Karin Riggelsen

Damit sind wir schon beim Blick nach vorn: Wie plant ihr sicherzustellen, dass ihr in einem Jahr nicht wieder in derselben Situation seid?

Friedrichsen: „Wir passen Personal sowohl im Kindergarten- als auch im Schulbereich an. Aufgrund der sehr hohen Lohnabschlüsse und der nicht ganz so hohen Steigerungen der Zuwendungen sind wir gezwungen, auch im Schulbereich zu schauen, dass wir hinkommen.

Außerdem werden wir unsere Baumaßnahmen im kommenden Jahr weitestgehend dämpfen. Wir ziehen durch, was schon länger geplant und auch finanziert ist. Das betrifft zum Beispiel Umbau- bzw. Sanierungsarbeiten an der Deutschen Schule Sonderburg. Aber wir werden jetzt erst einmal keine neuen Sachen von unserer Wunschliste anstoßen.“ 

Tästensen: „Das heißt nicht, dass wir unsere Gebäude verfallen lassen. Die Einrichtungen haben ja auch weiterhin Geld für Instandhaltung in ihrem jeweiligen Haushalt. Worauf wir im kommenden Jahr verzichten müssen, sind neue Baumaßnahmen, die über die Instandhaltung hinaus gehen.

Darüber hinaus hat man im DSSV auch eine Strukturänderung vorgenommen, indem man diese Geschäftsführerstelle (Anm. d. Red.: die Stelle, die Lasse Tästensen jetzt innehat) geschaffen hat. Uns ist bewusst, dass wir der größte Verband in der Minderheit sind und da gebührt uns natürlich auch eine Verantwortung. Mit der neuen Geschäftsführerstelle setzen wir auf ein hohes Maß an Controlling und auf einen ständigen Finanzüberblick auch während des laufenden Haushaltsjahres.“

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