Umwelt und Natur

Region entfernt giftige Altlast der Ex-Forstbehörde

Region entfernt giftige Altlast der Ex-Forstbehörde

Region entfernt giftige Altlast der Ex-Forstbehörde

Vejle/Varde
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Das Luftbild zeigt den Bereich des früheren Baumschulbetriebs der staatlichen dänischen Forstbehörde im Bereich des Forstes Blåbjerg Klitplantage nicht weit vom Westküstenbadeort Henne Strand. Foto: Jv.dk / Kortforsyning

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Der staatlichen dänischen Naturbehörde war die Verunreinigung des einstigen Aufforstungsbetriebs im Bereich der bekannten Naturlandschaft Blåbjerg Klitplantage seit Jahren bekannt. Das seit 1984 in Dänemark verbotene berüchtigte Insektizid hat weltweit viele Greifvogelarten dezimiert.

Die Region Süddänemark, zu der auch der Bereich Nordschleswig zählt, ist für die Beseitigung chemischer Altlasten zuständig. Neben Entsorgungseinsätzen wie auf Nordalsen auf einer alten Danfoss-Chemikaliendeponie, die dreistellige Millionenbeträge erfordern, führen kleinere Altlastenfunde nur zu Räumungen, wenn von diesen akute Gefahren für Grundwasser oder die Umwelt einschließlich dort lebender Menschen ausgeht.

„Kleines“ giftiges Vorhaben

Ein solches Beispiel stellt das jetzt von der Region in Angriff genommene Vorhaben im Bereich des Forstes Blåbjerg Klitplantage in Nachbarschaft zum Badeort Henne Strand westlich von Varde dar. Dort werden im Bereich einer früheren Baumschule der staatlichen Forstbehörde, die später in der Naturbehörde „Naturstyrelsen“ aufgegangen ist, in den kommenden Wochen 1.300 Tonnen Erdreich abgegraben, das mit dem berüchtigten Insektizid DDT verunreinigt ist. Die Vergiftung war laut Region im Jahre 2017 festgestellt worden. Die Immobilie wird inzwischen privat genutzt. „Die Verunreinigung betrifft die oberste Erdschicht auf einem Großteil des Gartenareals. Weil die Verunreingung so hochgradig ist, haben wir uns zu einer Lösung mit dem Abgraben des Erdreichs entschieden“, heißt es in einer Mitteilung der Region Süddänemark. Man habe sich dafür entschieden, die obere Erdschicht bis zu einer Tiefe von 50 Zentimetern auf einer Fläche von 1.400 Quadratmetern abgraben zu lassen. Anschließend werde reine Erde aufgeschüttet und Gras ausgesät, und es werden Bäume gepflanzt.

 

Vielleicht können wir aus dem Fall etwas Positives lernen und künftig daran denken, welche Konsequenzen es nach sich zieht, wenn wir nicht besser auf unsere Umwelt aufpassen.

Karsten Byrgesen, stellvertretender Vorsitzender des Umweltausschusses im Regionsrat

 

Nach Angaben des stellvertretenden Vorsitzenden des Umweltausschusses des Regionsrates Süddänemark, Karsten Byrgesen (Nye Borgerlige), müsse man mit 1,2 Millionen Kronen eine bedeutende Summe für den Entsorgungseinsatz aufwenden. „Es ist aber auch nötig, um Risiken zu beseitigen, dass jemand mit der DDT-verseuchten Erde in Kontakt kommt“, so Byrgesen. Und er fügt hinzu: „Vielleicht können wir aus dem Fall etwas Positives lernen und künftig daran denken, welche Konsequenzen es nach sich zieht, wenn wir nicht besser auf unsere Umwelt aufpassen“, so der Politiker.

Keine Angaben zu Schädigungen

Keine Angaben macht die Region, ob es zu Schäden in der Umwelt oder Erkrankungen bei Menschen gekommen ist, die mit dem Insektizid in Berührung gekommen sind. Das Insektizid DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) aus der berüchtigten Gruppe der chlorierten Kohlenwasserstoffe hatte bereits in den 1970er Jahren weltweit Schlagzeilen gemacht. Es war herausgefunden worden, dass sich die Chemikalie zur Tötung von Insekten, unter anderem bei der Entlausung von Menschen und Tieren und beim Pflanzenschutz, wegen seiner hohen chemischen Stabilität in Organismen anreichert. Es kam wegen des starken DDT-Einsatzes zu einem weltweiten Greifvogelsterben, da viele Arten als Endglieder der Nahrungskette hohe DDT-Werte in ihren Körpern anreicherten.

 

Seeadler waren auch von DDT geschädigt worden. Auf dem Foto zwei Exemplare im Wattenmeer bei Hoyer. Foto: Volker Heesch

 

In Mitteleuropa starben Wanderfalken beinahe aus, weil deren Eierschalen durch das Gift zerbrechlich wurden und kein Nachwuchs mehr aufgezogen werden konnte. Es besteht auch der Verdacht, dass DDT bei Menschen Krebs auslöst. In Dänemark wurde DDT erst 1984 verboten, in Deutschland endgültig seit 1977. Es gibt aktuell nur noch Anwendungen gegen Malaria-Mücken.

Einsatz in Baumschulen

Das weltweit zeitweise meistverwendete Insektizid war in den 1960er und 1970er Jahren in der Baumschule der Forstbehörde an der Blåbjerg Klitplantage an Nadelgehölzen vor deren Auspflanzen eingesetzt worden, um Schadinsekten wie Borkenkäfer abzutöten.  Fast 50 Jahre nach dem Ende des Einsatzes überschreitet der DDT-Gehalt im belasteten Boden auf dem ehemaligen Baumschulgelände den zulässigen Grenzwert noch um das 840-Fache. Im Dünengebiet in der Klitplantage befindet sich mit 64 Metern über dem Meeresspiegel die höchste Düne Dänemarks. Bereits 1860 war mit der Aufforstung des dortigen Ödlandes begonnen worden, auch um den Flugsand zu befestigen. Ob in den Jahren der DDT-Anwendung die Natur geschädigt wurde, ist nicht bekannt. Gegenüber „JydskeVestkysten“ erklärte der Förster der Naturbehörde Blåvandshuk, Ulrik Lorenzen, man habe dort lange gewusst, dass auf dem Gelände der Baumschule Gifte angewendet worden sind.

 

Das Umweltbundesamt entnimmt aus Tieren in der Boddenlandschaft Vorpommerns Proben, die Jahrzehnte nach dem DDT-Verbot noch Belastungen mit dem Insektizid bei Muscheln, Fischen und Vögeln aufzeigen. Foto: Umweltbundesamt

 

Das habe man an vielen anderen Orten auch getan. So ist nicht auszuschließen, dass es auch in Nordschleswig noch „DDT-Tatorte“ mit Altlasten gibt. Bereits 2004 war der frühere Betrieb bei einer Kartierung als verdächtig gekennzeichnet worden. Die Erholung der Greifvogelbestände und Wiederansiedlungen von Seeadlern und Wanderfalken in Dänemark werden auch auf das DDT-Verbot zurückgeführt. Doch selbst in der Gegenwart sind laut deutschem Umweltbundesamt in der Ostsee immer noch Muscheln, Fische und Silbermöwen in einem Probenentnahmegebiet an der Küste in Vorpommern mit DDT belastet. 

 

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