Leitartikel

„Gas geben“

Gas geben

Gas geben

Nordschleswig/Sønderjylland
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Während sich die Politiker immer noch nicht entscheiden können, die Autobahn in Ostjütland und über Fünen auszubauen, kostet der Stillstand auf den Straßen jedes Jahr Milliarden, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen.

Es mag sein, dass die Straßen Anfang des Jahres aufgrund des Coronavirus und dem daraus folgenden Shutdown leer wirkten, doch Fakt ist, dass die Verkehrsmenge in Dänemark steigt. Viele Straßen und Autobahnen sind an den Grenzen ihrer Kapazität gelangt – und das kostet. Jeden Tag stehen Autofahrer irgendwo im Stau, im Durchschnitt 360.000 Stunden. Am Tag.

Das geht aus dem 2020-Bericht des Wegedirektorats (Vejdirektoratet) hervor. Die Verkehrsmenge ist von 2016 auf 2018 um sieben Prozent gestiegen. In einigen Regionen ist sogar noch mehr Verkehr hinzugekommen. Etwa in Kopenhagen? Nein, in Ostjütland und entlang der nordschleswigschen Autobahn.

Nördlich von Kolding ist das Verkehrsaufkommen von allen Autobahnstrecken überhaupt am größten, wenn man die Anzahl der Fahrspuren in Anbetracht nimmt. Auf der Strecke Hadersleben-Kolding-Vejle-Horsens-Aarhus sandet die Autobahn im Normalverkehr zu: Morgens und nachmittags kommt der Verkehr oft zum Erliegen – auch, wenn es mal keine Unfälle gibt. Über Fünen ist das Bild ähnlich und um die Hauptstadt herum sowieso.

Dänemark hat ein Verkehrsproblem, und das nicht etwa, weil die hier Lebenden mehr Autos haben als andere. Im europäischen Vergleich liegt Dänemark in dem Zusammenhang im unteren Drittel.

Das Problem ist, dass überall in Dänemark zum Teil Randstrecken ausgebaut worden sind, während die Hauptader durch Jütland und über Fünen übergangen worden ist. Hier rollt der internationale Transport und vermischt sich mit dem Inlands- und Ortsverkehr. Und dann steht alles still.

Natürlich gibt es auch Alternativen: Mehr Güterzüge, verschobene Arbeitszeiten, Autobahnmaut, virtuelle Treffen. Aber diese und weitere Maßnahmen – zum Beispiel in einigen Jahren die Lieferung durch Drohnen – ändern nichts daran, dass Ostjütland und ganz Fünen sechsspurig ausgebaut werden müssen. Das hat sogar höhere Priorität als die mitteljütische Heerweg-Autobahn, die von den Politikern auch noch diskutiert wird. 

Gewiss sind die Dänen beim Planen und Durchführen von Infrastrukturprojekten Weltmeister, aber auch in Dänemark vergeht schnell ein Jahrzehnt von der Planung bis zur Fertigstellung. In dieser Zeit wachsen der Verkehr und damit auch die Verluste für die Gesellschaft. Umgerechnet in einen Stundenlohn vergeuden Autofahrer in Dänemark jedes Jahr Zeit im Wert von 26 Milliarden Kronen – Tendenz steigend.

Daher heißt es Gas geben, bevor die Hauptverkehrsader des Landes einen Herzinfarkt erleidet. Dänemark braucht endlich einen vernünftigen Verkehrswegeplan für die kommenden Jahrzehnte und dazu die nötigen Entscheidungen.

 

 

 

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