Dansk-tysk med Matlok

Dänemark nur zusammen mit Grönland eine arktische Großmacht

Dänemark nur zusammen mit Grönland eine arktische Großmacht

Dänemark nur mit Grönland eine arktische Großmacht

DN
Kopenhagen
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Siegfried Matlok mit Tom Høyem Foto: DK4

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Dänemarks letzter Grönlandminister Tom Høyem spricht im „DK4“-Interview über das dänische Verhältnis zu Grönland und über die Zukunft der Reichsgemeinschaft. Denkt man auf Nørrebro globaler? 

Der letzte dänische Grönlandsminister, Tom Høyem, hat sich in einem Fernseh-Interview auf „DK4“ gegen ein unabhängiges Grönland ausgesprochen und die Ansicht vertreten, Dänemark brauche sich für seinen Einsatz seit 300 Jahren auf der Insel im Nordatlantik nicht zu schämen.

Tom Høyem – 1973 zusammen mit Erhard Jakobsen auch Stifter der Partei der Zentrums-Demokraten (CD) – war im Kabinett Poul Schlüter I. – vom 10. September 1982 bis zum 1. September 1987 der letzte dänische Grönlandminister, später viele Jahre Rektor der Europaschule in Karlsruhe und auch 20 Jahre Mitglied für die FDP im Stadtrat von Karlsruhe. 

In der Sendung „Dansk-tysk med Matlok“ verwies Høyem darauf, dass es in seinem Ministerium schon Anfang der 80-er Jahre eine geologische Abteilung gab, die auf das immer dünner werdende Eis aufmerksam machte. In einer Rede auf einer Inuit-Konferenz 1985 in Montreal warnte der Minister unter Hinweis auf den US-Stützpunkt Thule auch auf mögliche militärische Veränderungen – durch das Interesse der Großmächte angesichts der nun möglichen neuen Schiffsrouten rund um Grönland. „Damals fanden diese Warnung aber kein Gehör.  Ich sage dies heute ohne Provokation, aber die Dänen hatten einfach kein Interesse. Sie empfanden, dass sie schon damals genug an Steuern für Grönland aufbringen mussten. Man erkannte zwar die wichtigen Relationen zwischen Dänemark und Grönland in der Reichsgemeinschaft, aber nicht die geostrategischen Herausforderungen in der Arktis“, so Høyem. 

Hisste den Dannebrog auf Hans Ø mit Cognac

Als Minister stand er selbst mitten in einem strategischen Konflikt um die Insel Hans Ø zwischen Dänemark und Kanada. Nachdem eine kanadische Erdölfirma trotz einer Absprache mit seinem kanadischen Kollegen plötzlich wegen Rohstoff-Bohrungen auf der Insel an Land gegangen war, bekam Høyem von Regierungschef Schlüter den Auftrag, eine Lösung herbeizuführen – aber ohne Eskalation. Høyem hisste daraufhin selbst auf Hans Ø die dänische Flagge und hinterließ sogar einen Cognac mit dem Namen Napoleon für eventuelle Insel-Gäste.  Er nahm selbst einen kleinen Schluck aus der Flasche und dirigierte dann seine teuren Tropfen in einen See auf der Insel, der – so wurde ihm damals versprochen – nach seinem Tode „Toms Sø“ getauft werden solle. 

Minister Tom Høyem hisst die dänische Flagge auf der Insel Hans Ø. Foto: DK4

Dänemark und Kanada haben sich inzwischen friedlich über die Nutzung der Insel geeinigt, aber Grönland ist in den vergangenen Jahren immer zu einem strategischen Spielball in der Arktis geworden. Nicht erst seit Trumps vergeblichem Deal-Angebot bemüht sich Dänemark, Grönland nicht zu einem Hochspannungsgebiet werden zu lassen, aber am Horizont droht ein grönländischer Austritt aus der bisherigen Reichsgemeinschaft mit Dänemark, Grönland und den Färöern. 

Høyem ist überzeugt, dass die Dänen eigentlich mit ihrem Einsatz seit 300 Jahren auf Grönland sehr zufrieden sein können, doch gibt es heute – nicht nur auf Grönland Stimmen, die in eine ganz andere Richtung zielen. 

Regierung Schlüter hat Grönlands Nein voll respektiert 

„Wir haben damals in der bürgerlichen Vierer-Kleeblatt-Regierung Schlüter Grönland unsere Anerkennung erwiesen, als wir die Volksabstimmung auf Grönland, die 1985 mehrheitlich mit einem Austritt aus der EU endete, voll umgesetzt haben. Obwohl alle Parteien in der Regierung EU-Anhänger waren, gab Staatsminister Schlüter mir den Auftrag, die Entscheidung des grönländischen Volkes ernst zu nehmen und den Austritt durchzuführen. Der gelang – übrigens auch mit einem guten EU-Abkommen für Grönland.“ 

Manchmal empfindet Høyem, „dass es leider Dänen gibt, die Grönland nicht genug respektieren, aber andererseits gibt es leider auch Grönländer, die Dänemark nicht genug respektieren“. „Wahrheit ist jedoch, dass wir seit den Zeiten von Staatsminister Hans Hedtoft, 1948, alles, was möglich war, getan haben, um die Insel auf Augenhöhe fortzuentwickeln.“

Mitbestimmung Folketing von Vorteil für Grönland 

Im „DK4“-Interview mit Siegfried Matlok räumte der frühere Minister ein, dass es heute auf beiden Seiten Personen gibt, die die Reichsgemeinschaft nicht mehr respektieren. Nach seinen Worten ist jedoch Realität: „Grönland ist unendlich groß, und es leben dort nur sehr wenige Menschen, sodass ich mir ein unabhängiges Grönland gar nicht vorstellen kann, weil es auch logistisch gar nicht möglich sein wird. Für Grönland ist es von Vorteil, dass das dänische Folketing über Grönland mitbestimmen kann, wobei wir Dänen in der Reichsgemeinschaft – Verzeihung – auf Nørrebro wohl etwas mehr global denken. Deshalb bin ich bin überzeugt, dass die Reichsgemeinschaft auch künftig eine große geostrategische Rolle spielen wird. Die Reichsgemeinschaft ist eine arktische Großmacht. Jeder für sich spielen wir hingegen eine viel kleinere Rolle“, schloss der 82-jährige Ex-Minister seine Grönland-Analyse. 

Das gesamte Interview findest du auf unsere Internetseite unter: 

 

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