Leitartikel

„Støjberg stürmt ins Folketing – aber Løkke könnte bestimmen“

Støjberg stürmt ins Folketing – aber Løkke könnte bestimmen

Støjberg stürmt ins Folketing – aber Løkke könnte bestimmen

Kopenhagen/Nordschleswig
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Es war ein ruhiger politischer Sommer – und dennoch brodelte es unter der Oberfläche. Die erste Meinungsumfrage brachte der Regierungschefin Mette Frederiksen dann den „perfekten Sturm“, meint Chefredakteur Gwyn Nissen. Eine Folketingswahl steht kurz bevor.

Politikerinnen und Politiker haben in den vergangenen Wochen ihre persönlichen Urlaubsfotos in den sozialen Netzwerken gepostet. Beine hoch, Strohhut auf dem Kopf und Kinder auf dem Arm. Alles gut.

Doch es wird vor allem die sozialdemokratische Regierungschefin Mette Frederiksen beschäftigt haben, wie sie die Zeit nach den Sommerferien anpackt, denn sie ist in den „perfekten Sturm“ geraten: Die Stützpartei Radikale Venstre fordert von ihr, dass sie wegen des Minkskandals Folketingswahlen ausschreibt, ihre Beliebtheit ist auf ein Allzeittief in ihrer Regierungszeit gesunken, die jüngsten Meinungsfragen zeigen, dass Inger Støjberg mit ihren neuen Dänemarksdemokraten als viertgrößte Partei ins Folketing stürmt, während Ex-Staatsminister Lars Løkke Rasmussen mit seiner neuen Partei Moderaterne das Zünglein an der Waage werden könnte.

Auf der politischen Szene gehen alle davon aus, dass es bereits im September eine Folketingswahl geben wird. Für Mette Frederiksen könnte dies zu keinem schlechteren Zeitpunkt kommen.

Die Frage ist, ob sie die Wahlen noch auf Wochen oder Monate hinaus verzögern kann, doch in Wahrheit hat die Radikale Venstre mit ihrer Forderung die gesamte politische Arbeit lahmgelegt: Wer will jetzt überhaupt noch Absprachen machen, wenn die Machtverhältnisse sich bald ändern könnten?

Die Sozialdemokraten haben am 16. und 17. August ihr Sommertreffen. Dort wird Mette Frederiksen aber wohl kaum die Wahl ausschreiben, sondern eher die Finanzpolitik und politischen Ideen der kommenden Jahre präsentieren. Eben auch ein Stück Wahlkampf.

Es sei denn, es ist ihre Einschätzung, dass ihre neuen Gegner noch nicht ganz startklar sind. Die Moderaten und Dänemarksdemokraten haben noch kein politisches Programm auf die Beine gestellt, sondern nur Richtungen angegeben, und darüber hinaus sind sie auch noch auf der Suche nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten.

Inger Støjberg soll laut der jüngsten Meinungsumfrage mit 20 Mandaten ins Folketing stürmen – da ist dann auch nicht egal, wen sie im Parlament um sich hat. Aus der Dänischen Volkspartei hat sie Peter Skaarup ins Boot geholt, aber sie wird das Schiff nicht mit lauter abtrünnigen DF-Leuten besetzen. Sie muss schon ein eigenes Profil schaffen, um nicht eine billige Kopie von DF zu werden.

Lars Løkke Rasmussen hat trotz Staatsminister-Bonus nicht dieselbe Anziehungskraft wie seine frühere Parteikollegin, aber auch mit einer Handvoll Mandaten könnte Løkke Zünglein an der Waage werden. Die große Frage ist dann, wohin Lars Løkke Rasmussen zeigt, denn sein Anliegen ist eine Regierung über die Mitte hinweg, um die Flügelparteien auszuschalten – während Støjberg klar bürgerlich ausgerichtet ist.

Der politische Fuchs wird sich hüten, vor der Wahl auf irgendjemanden zu zeigen – und die Entscheidung wird auch für ihn nicht leicht: Mette Frederiksen von der größten Partei des Landes? Er machte schon einmal das Angebot über die Mitte hinweg, aber das war eher, um seine eigenen Ambitionen zu erfüllen. Holt er Jakob Ellemann-Jensen von seiner alten Partei Venstre an die Macht oder wird er Königinmacher für Inger Støjberg – auch eher unwahrscheinlich nach dem internen Venstre-Streit, der zu seinem Austritt führte. Zeigt er möglicherweise auf den Konservativen Søren Pape Poulsen, der sich mit seinen Staatsminister-Ambitionen zwar noch etwas zurückhält, aber stärkste bürgerliche Kraft werden könnte?

Oder wird Løkke vielleicht doch lieber sich selbst vorschlagen? Egal wie: Lars Løkke Rasmussen wird sich so teuer wie möglich verkaufen, und es ist nicht unmöglich, dass er sich im Herbst ein weiteres Mal mit einem Ministertitel schmücken kann. Womöglich nicht als Staatsminister, aber weniger tut es auch.

Im September wissen wir sicherlich mehr – der Wahlkampf ist zumindest schon eingeläutet. Es fragt sich nur, wann Mette Frederiksen den für sie günstigsten Moment in einer ungünstigen Lage gefunden hat.

 

 

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