Neue Landesregierung

„Das ist jetzt wirklich das Momentum für Dänemark-Deutschland“

„Das ist jetzt wirklich das Momentum für Dänemark-Deutschland“

„Das ist jetzt das Momentum für Dänemark-Deutschland“

Kiel
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Claus Ruhe Madsen bei der Vereidigung am Mittwoch der vergangenen Woche Foto: Marcus Brandt / SHZ

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Der neue Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein, Claus Ruhe Madsen, will seinen dänischen Hintergrund nutzen, um vielfältige Kontakte Richtung Norden auszubauen. Er will die dänische Regierung davon überzeugen, den Austausch deutlich auszubauen.

Es herrscht noch etwas Umzugsstimmung im Wirtschaftsministerium in Kiel. Auf den Gängen sind Schutzplanen ausgelegt. Das Büro von Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) wirkt noch ein wenig karg, und das ist wohl nicht nur ein Zeichen eines nüchternen skandinavischen Einrichtungsstils.

Der Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, wie sein voller Titel lautet, ist schließlich auch erst eine Woche im Amt. Klare politische Ziele hat er sich bereits gesteckt. Kaum überraschend ist ein Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Dänemark eines davon.

„Es gilt, schnell in engen Austausch zu kommen, sehr viel Vertrauen auf beiden Seiten aufzubauen“, sagt Ruhe Madsen im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“.

Vermittler zwischen den Ländern

Seit 30 Jahren wohnt er in Deutschland, 1997 zog er nach Rostock. Geboren ist der „Rostocker Jung“, wie er sich selbst bezeichnet, jedoch in Kopenhagen. Sein Abitur hat er 1992 am Struer Gymnasium gemacht.

Sein dänischer Hintergrund war auch Thema in den Gesprächen mit Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) vor der Ernennung von Ruhe Madsen zum Minister. Die engere Zusammenarbeit mit Dänemark ist eine der Prioritäten der schwarz-grünen Koalition.

„Ich kann da sicherlich Scharnier sein“, meint der Neu-Minister.

Der Ideenklauer

2019 wurde er zum Oberbürgermeister von Rostock gewählt. Bereits dort hat der Däne die Kontakte zu seinem Geburtsland gepflegt und ausgebaut.

„Ich habe bisher immer einen starken Austausch mit dänischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern gehabt, bin immer rübergefahren und habe gesagt: ‚Ich bin neugierig, und ich klaue alle guten Ideen.‘ Und sie meinten dann: ‚Komm rein, Claus, und schau dir an, was du haben willst. Sag uns Bescheid, schicken wir dir rüber‘. Ich habe den Eindruck, dass Dänen im Austausch sehr offen sind.“

Geordnet und kreativ

Ruhe Madsen ist überzeugt, dass er einen ähnlichen Austausch auch in seiner neuen Position anschieben kann, denn beide Seiten könnten voneinander lernen, „damit wir insgesamt wachsen“. Zugutekomme ihm dabei, dass er sowohl die deutsche als auch die dänische Denkweise kenne.

„In Deutschland geht es stärker in Richtung geordnet und in Skandinavien stärker in Richtung kreativ. Beides ist extrem wichtig. Da hat Schleswig-Holstein vielleicht einen Vorteil, weil es beides anbieten kann“, meint er.

Das dänische Bundesland

Denn eines ist dem Rostocker Dänen in seinem neuen Bundesland bereits aufgefallen: Es riecht ein wenig wie zu Hause.

„Schleswig-Holstein wirkt unheimlich dänisch. Ich bin diese Tage durch Eckernförde gelaufen, und mir kam es ein bisschen wie eine dänische Stadt vor.“

Dabei betont er besonders das Zusammenleben im Grenzland, das er als einzigartig bezeichnet. Denn für ihn ist wichtig, dass für beide Denkweisen Platz sein soll: die deutsche wie die dänische. Und hier zeige das Grenzland Tag für Tag, wie das geht.

„Ich glaube, wir sind das perfekte Labor, wie man mit unterschiedlichen Mindsets gut arbeiten kann.“

Appell an Mette Frederiksen

Er befürchtet nicht, dass die kommende Fehmarnbelt-Verbindung dem Grenzland etwas wegnehmen wird. Im Gegenteil: Sie kann die deutsch-dänische Zusammenarbeit insgesamt stärken, und das würde auch der Region zwischen Eider und Königsau zugutekommen. Doch von allein komme die verstärkte Zusammenarbeit nicht.

„Ich hoffe, dass die dänische Regierung jetzt auch für etwas mehr Austausch zu gewinnen ist. Sowohl Daniel Günther als auch ich haben uns mit Staatsministerin Mette Frederiksen getroffen, ich glaube, dass man das noch ausbauen kann“, meint Ruhe Madsen.

Zeitfenster der Möglichkeiten

Denn aus seiner Sicht ist der Zeitpunkt geradezu ideal: großes Interesse für Dänemark in Schleswig-Holstein, Fehmarnbelt-Querung, und dänischsprachige Wirtschaftsminister in Berlin (Robert Habeck) wie in Kiel. Der Bundestagsabgeordnete des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW), Stefan Seidler, arbeitet ebenfalls für mehr „dänische“ Lösungen.

„Das ist jetzt wirklich das Momentum für Dänemark-Deutschland. Und das glaube ich, gilt es zu nutzen. Sicher für uns in Schleswig-Holstein, aber sicher auch im größeren Rahmen in Richtung Deutschland“, so das Fazit von Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen.

„Der Nordschleswiger“ veröffentlicht in der kommenden Woche einen weiteren Artikel über Claus Ruhe Madsen, in dem er unter anderem erzählt, was ihn dazu bewogen hat, Ja zum Ministerposten zu sagen und welche Spuren er als Minister gern hinterlassen möchte. 

 

 

 

 


 

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