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Flüchtlinge: Bischöfin geht mit Regierung hart ins Gericht

Flüchtlinge: Bischöfin geht mit Regierung hart ins Gericht

Flüchtlinge: Bischöfin geht mit Regierung hart ins Gericht

Hadersleben/Haderslev
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Mehrere Hundert Menschen demonstrierten am Mittwoch gegen die Flüchtlingspolitik der sozialdemokratischen Regierung. Foto: Ute Levisen

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Mehrere Hundert Menschen demonstrierten am Mittwoch gegen die Flüchtlingspolitik der Regierung: Syrische Flüchtlinge sollen in ihre „sichere“ Heimat abgeschoben werden. „Das Einzige, was Menschen dort sicher ist, das ist eine unsichere Zukunft in Assads Terror-Regime. Wollen wir das wirklich?“, fragte Bischöfin Marianne Christiansen.

Einige Hundert Menschen hatten sich am späten Mittwochnachmittag am Graben in Hadersleben eingefunden, um gegen die Abschiebepolitik der sozialdemokratisch geführten Regierung zu demonstrieren. Als einziges Land der EU bezeichnet Dänemark eine Rückkehr der Syrier, die vor sechs Jahren vor dem Terror in ihrer Heimat flüchteten, als sicher.

 

Gymnasiallehrerin Christina Ackerman hat eine syrische Schülerin in ihrer Klasse, von deren Ängsten sie berichtete. Foto: Ute Levisen

Vor Anker im Sumpf der Fremdenfeindlichkeit

„Dänemark hat seinen Kompass verloren!“, sagte eine der Rednerinnen, die Gymnasiallehrerin Christina Ackerman: Die Sozialdemokraten hätten den ethischen Wertekompass unter Beschuss genommen:

Die Einheitsliste, hier mit Svend Brandt und Mathias Christiansen, nahm ebenfalls an der Protestkundgebung teil. Foto: Ute Levisen

„Die letzte Partei, der ich dies zugetraut hätte", so Ackerman. Früher habe man stolz darauf sein können, Däne zu sein. Dem sei nicht länger so: „Die internationale Presse schaut auf uns – auf ein Land, das Anker geworfen hat im Sumpf der Fremdenfeindlichkeit und kleinlichem Nationalismus.“

Gudrun Gjesing, Frontfrau von Red Barnet in Hadersleben, im Gespräch mit Bischöfin Marianne Christiansen Foto: Ute Levisen

Bischöfin stellte selektives Gedächtnis an den Pranger

Bischöfin Marianne Christiansen zog in ihrer Ansprache Parallelen zur Geschichte: Stolz und gern verweise Dänemark auf die Rettung dänischer Juden vor dem Hitlerregime.
„Was wir verschweigen und woran wir uns ungern erinnern: Vor dem Krieg verschloss Dänemark seine Grenzen vor jüdischen Flüchtlingen – mit der Begründung, diese seien in ihrer Heimat sicher aufgehoben. Wir wissen heute alle, wie es ihnen ergangen ist.“

„Was werden einst unsere Kinder von uns sagen?", fragte Marianne Christiansen rhetorisch. Foto: Ute Levisen

Was werden nachfolgende Generationen von uns denken?

Christiansen betonte, dass Dänemark 76 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus – und 101 Jahre nach der Volksabstimmung immer wieder die Vorbildrolle des Grenzlandes hervorhebe, in dem Mehr- und Minderheiten friedlich zusammenleben. Jetzt aber wolle die Regierung eine Minderheit, syrische Flüchtlinge, einem ungewissen Schicksal in Assads Terror-Regime preisgeben: „Ist das wirklich das, was sich die dänische Bevölkerung von ihrer Regierung wünscht?“

Landesweit fanden am Mittwoch 25 Demonstrationen gegen die Flüchtlingspolitik der Regierung statt. Foto: Ute Levisen

„Was sollen nachfolgende Generationen in 75, in 100 Jahren über uns sagen? Dass wir die dänische Bevölkerung vor Flüchtenden beschützt haben? Und was werden die syrischen Familien einst ihren Kindern erzählen?“, so die rhetorischen Fragen der Bischöfin.

Bündnispartner vor Ort: Carsten Leth Schmidt (SP), Mirjam Fibiger Olesen (Christdemokraten) und Frank Truelsen (Die Alternative) nahmen ebenfalls an der Kundgebung teil: Ein Gebot der Nächstenliebe, so die Christdemokratin. Foto: Ute Levisen

„Soll Dänemark in diesen Geschichten das Land sein, das Menschen in Not zynisch die kalte Schulter zeigt und die Hoffnung vieler Geflüchteter erstickt? Wir müssen die richtige Entscheidung treffen“, appellierte die Bischöfin: „Dabei kann uns die Geschichte helfen.“

 

Zeigt ein Herz für eure Mitmenschen, so lautete der Tenor der Protestkundgebung. Foto: Ute Levisen
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