Architektur

Ist das Kunst – oder kann das weg?

Ist das Kunst – oder kann das weg?

Ist das Kunst – oder kann das weg?

Hadersleben/Haderslev
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Der frühere Vorsitzende des Haderslebener Kunstvereins, Hans Vilhelm Bang, hofft, dass die Kunstwerke bewahrt werden und einen angemessenen Standort erhalten. Hier ist er vor dem Relief des renommierten Künstlers Henning Damgaard-Sørensen zu sehen. Foto: Ute Levisen

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Eine Augenweide ist das ehemalige Haderslebener Rathaus gewiss nicht. Dies gilt nicht für die Kunstwerke, die den 70er-Jahre-Bau zieren. Namhafte Kunstschaffende haben sie seinerzeit geschaffen. „Sie sollten unbedingt bewahrt werden“, sagt Hans Vilhelm Bang. Der frühere Vorsitzende des Kunstvereins schlägt eine Bresche für die Kunst am Bau.

Hans Vilhelm Bang ist in seinem Element, als er durch die fast verlassenen Gänge des ehemaligen Rathauses von Hadersleben führt. Es ist verkauft und wird einer Wohnsiedlung weichen müssen. In den Augen des früheren Vorsitzenden des Haderslebener Kunstvereins ist das Rathaus eine Schatztruhe.

Kunst in der Brandtür: Die dänische Künstlerin Inger Hanmann (1928-2007) hat ihre farbenprächtigen Motive in Öl gemalt und auf Leinwand gebannt. Foto: Ute Levisen

Auf den ersten Blick offenbart sich dies lediglich dem Kunstkenner Bang. Gut versteckt, an je einer Brandtür angebracht, fristen die großen Ölmalereien der dänischen Künstlerin Inger Hanmann (1928–2007) seit dem Umzug der Kommunalverwaltung in das neue Rathaus am Hafen ein Schattendasein.

Schattendasein hinter der Tür

„Der Haderslebener Kunstfonds hat die Werke seinerzeit finanziert. Billig war das gewiss nicht“, erläutert Hans Vilhelm Bang: „Sie sind großartig und sollten bewahrt werden.“

Das alte Rathaus war seinerzeit das erste Gebäude in Dänemark mit beweglichen Wänden. Hier ist der Hintereingang zu sehen. Ursprünglich hatte der Architekt Finn Monies den Hinterhof als Haupteingang geplant. Foto: Ute Levisen

Beton-Kunst

Ein überdimensionales, futuristisch anmutendes Beton-Relief ziert die Fassade des nördlichen Rathausturms. Es stammt aus der Werkstatt des Bildkünstlers Henning Damgaard-Sørensen: „Wie das Rathaus ist auch das Relief typisch für die damalige Zeit – und Ausdruck von purem Pragmatismus.“ Das Relief bietet sich dem Auge des Betrachtenden niemals gleich dar: „Es verändert sich – je nach Lichteinfall“, schwärmt Hans Vilhelm Bang.

Der Monolith namens „Stele“ aus dem Jahre 1994 stammt aus der Werkstatt des dänischen Bildhauers Frede Troelsen (1936-2014). Er steht auf der Grundstücksgrenze des Rathausgeländes. Unklar ist somit, wer in Zukunft für die Steinskulptur zuständig sein wird. Foto: Ute Levisen

Viel bestauntes Rathaus

Man mag es kaum glauben, aber auch das frühere Rathaus ist ein Kunstwerk, zu dem Fachleute von nah und fern pilgerten, berichtet Bang: „Die renommierte deutsche Fachzeitschrift BauZeitschrift widmete dem Rathaus 1977 einen ausführlichen zweiseitigen Artikel in ihrer 10. Ausgabe.“

Auch sein Schöpfer, der renommierte Architekt Finn Monies, sei Pragmatiker durch und durch gewesen und auch viel beachtet in deutschen Fachkreisen.

Seine Ideen waren interessant und innovativ. Erbaut als zweigeschossiger Kasten mit beweglichen Wänden, kann man die Wände des Rathauses je nach Bedarf verändern – und sie sind oft bewegt worden.

Es war das erste Mal, dass diese Art der Konstruktion in Dänemark zur Anwendung kam. Kein Wunder, dass Fachleute aus vielen Ländern nach Hadersleben kamen, um diese Bauweise zu bewundern: „Es ist Ausdruck einer neuen Generation, die etwas anderes wollte als Kästen.“
 

Hans Vilhelm Bang bangt um die Zukunft der Kunstwerke im alten Rathaus. Foto: Ute Levisen

Was wird aus der Kunst am Rathausbau?

Heute schwebt das Damoklesschwert der Abrissbirne über dem Gebäudekomplex an der Gåskærgade.

Doch was wird aus den Kunstwerken, wenn das frühere Rathaus abgerissen wird? Der Vorsitzende des kommunalen Kulturausschusses, Kjeld Thrane von der Konservativen Volkspartei, weiß es auch nicht: „Die Kunstwerke sind vom Kaufvertrag umfasst. Es ist daher der neue Besitzer, das Bauunternehmen Bo Michelsen, das über die Kunstwerke verfügen wird.“
 

Kunst von Inger Hanmann an der Brandtür. Seit dem Umzug der Kommunalverwaltung an den Hafen führen ihre Werke ein Schattendasein auf den verlassenen Gängen. Foto: Ute Levisen

Unterdessen hofft Hans Vilhelm Bang, dass ein angemessener Standort für diese von Steuergeldern bezahlten und einzigartigen künstlerischen Zeitzeugen gefunden wird:  „Zur Freude – und wohl auch zum Ärger so mancher Schaulustiger.“

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