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Junge Kickerin bewahrt Sportnachwuchs vor Prüfungsstress

Junge Kickerin bewahrt Sportnachwuchs vor Prüfungsstress

Junge Kickerin bewahrt Sportnachwuchs vor Prüfungsstress

Hadersleben/Haderslev
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Norah Holstener Larsen ist erleichtert. Foto: Ute Levisen

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Die Nachricht schlug ein wie der viel zitierte Blitz aus heiterem Himmel: Dänemarks Nachwuchskader im Spitzensport sollte das volle Prüfungsprogramm absolvieren – im Unterschied zu den übrigen Gymnasialschülerinnen und -schülern. Das wollte sich eine junge Haderslebenerin nicht gefallen lassen. Hilfe bekam sie von ganz oben.

Apropos: ganz oben. Da halfen auch keine Stoßgebete gen Himmel, als Norah Holstener Larsen am 9. Mai die Hiobsbotschaft erhielt. Die Fußballerin, die in Regie von Team Danmark in der ersten Liga mitmischt, sollte zu allen Prüfungen antreten – während „normalen“ Lernenden an den dänischen Gymnasien dieser Stress erspart bleibt.

Doppelt gestraft

Im Februar hatte sich Dänemarks Parlament, das Folketing, auf eine entsprechende Sonderregelung geeinigt. Grund waren die coronabedingten Ausfälle im Schulbetrieb. Dabei hatte allerdings niemand an Dänemarks Team-Danmark-Elitesportler und -sportlerinnen gedacht, die ihr Abitur nicht binnen drei, sondern vier Jahren absolvieren. Für sie galt die Sonderregelung nicht – trotz Doppelbelastung.

Trainiert in der ersten Division bei Varde IF: Norah Holstener Larsen Foto: Ute Levisen

Organisationen warfen das Handtuch

„Unsere Lehrer waren auch total überrascht“, erzählt Norah Holstener Larsen.

Die 19-Jährige besucht das Gymnasium der Domstadt, die Haderslebener Kathedralschule. Nicht nur dort, sondern auch im dänischen Elitesportverband Team Danmark sowie im „Rektorforening“, in dem die Leitungen der Gymnasien organisiert sind, war die Überraschung groß – die Resignation ebenso.

„Nichts zu machen war der Bescheid“ erinnert sich Jørgen Holstener Larsen. Doch wird man unfair behandelt, muss man sich dagegen wehren“, lautet sein Mantra, das er an seine Tochter weitergegeben hat.

Vor der Eigeninitiative seiner Tochter kann Jørgen Holstener Larsen nur den Hut ziehen. Foto: Ute Levisen

Streng getakteter Alltag

Der Alltag der jungen Fußballerin, die bei Varde IF in der ersten Division spielt, ist ohnehin bis auf die letzte Minute getaktet. Hinzu komme, dass vieles von dem Prüfungspensum gar nicht unterrichtet worden ist.

„Ich wäre also doppelt gestraft gewesen“, sagt die 19-Jährige. Und mit ihr alle anderen Nachwuchsspitzensportlerinnen und -sportler des Landes. Hinzu kommen Studierende, die beispielsweise aufgrund einer Diagnose wie Autismus ebenfalls einen vierjährigen Abiturverlauf an den Gymnasien des Landes absolvieren.

 

Forschungsminister Jesper Petersen: „Ich habe die Problemstellung weitervermittelt." Foto: Ute Levisen

Hammeleffer Forschungsminister als letzte Hoffnung

Norahs letzte Hoffnung war Forschungs- und Ausbildungsminister Jesper Petersen. Der Sozialdemokrat stammt aus Hammeleff (Hammelev) bei Hadersleben.

„Ich habe ihm eine Mail geschrieben, worin ich die Situation schilderte“, erzählt die junge Kickerin. 14 Tage zogen ins Land. Dann kam die erlösende Botschaft: „Jesper Petersen hat sich für eine Änderung der Sonderregelung eingesetzt, sodass diese nun auch den Team-Danmark-Nachwuchs umfasst“, erzählt Jørgen Holstener Larsen: „Das war wirklich ein hervorragender Einsatz von einem lokal verankerten Politiker.“ Petersen habe sogar persönlich bei den Holsteners angeklopft, um mit der vielversprechenden Frauenfußballerin zu sprechen.

Mit ihrer Initiative hat Norah Holstener Larsen eine Bresche für die Gymnasiastinnen und Gymnasiasten des Landes geschlagen. Foto: Ute Levisen

Mehr noch: Holstener hatte vorgeschlagen, dass jene Schülerinnen und Schüler, für die die Sonderregelung zu spät gekommen ist, weil sie bereits Prüfungen abgelegt hatten, sich zwischen ihrer Jahres- und ihrer Prüfungsnote entscheiden können.

Forschungsminister Jesper Petersen betont, er habe die Problemstellung an das zuständige Ressort, das Bildungsministerium, weitervermittelt. „STUK, die Behörde für Unterricht und Qualität, hat die Regeländerung daraufhin bekannt gegeben“, so Petersen.

Eine Selbstverständlichkeit

 Für ihn sei es eine Selbstverständlichkeit zu reagieren, wenn sich Wähler an ihn wenden, noch dazu, wenn es um eine Ausbildungseinrichtung gehe, die ihm wie die Kathedralschule sehr am Herzen liege: „Ich freue mich für die betroffenen Schülerinnen und Schüler, dass das Problem nun gelöst ist.“

Jørgen Holstener Larsen kann vor seiner Tochter angesichts des buchstäblich in letzter Minute abgewendeten Desasters nur den Hut ziehen: „Sie hat den Kampf aufgenommen und damit andere in einer ähnlichen Situation davor bewahrt, dass ihr Sport zur Strafe wird.“

 

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