Theaterpremiere

100 Minuten im Würgegriff

100 Minuten im Würgegriff

100 Minuten im Würgegriff

Hadersleben/Haderslev
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Ole Sørensen im Zusammenspiel mit Durita Dahl Andreassen von den Färöern Foto: Søren Hasselgaard Skaanning

Das Møllen-Theater in Hadersleben legt einen Klassiker des schwedischen Sozialrealismus neu auf: „Mod til at dræbe“ feierte am Wochenende Premiere. 100 Minuten dauert das Drama – es sind 100 Minuten im Würgegriff.

Fast anderthalb Stunden währt die Inszenierung des Theaters „Møllen“ von „Mod til at dræbe“ nach dem Theaterstück des schwedischen Dramatikers Lars Norén. Es sind 100 Minuten ohne Pause – und gefühlt keine Minute zu lang.
Die Zuschauer verfolgen diesmal, platziert auf Stühlen in einem Viereck rund um die äußerst spartanisch gestaltete Bühne, die Ereignisse sozusagen auf Augenhöhe. Um es vorweg zu sagen: Die Inszenierung ist kein Gefälligkeitstheater und nichts für Zartbesaitete! Fast anderthalb Stunden lang werden die Zuschauer Zeugen eines atemberaubenden Dramas zwischen Vater und Sohn.

 

Thomas Jacob Clausen Rønne verkörpert den Sohn, der mit dem Vater abrechnet. Foto: Søren Hasselgaard Skaanning

Dysfunktionale Beziehung

Ole Sørensen spielt den egoistischen Vater – Thomas Jacob Clausen Rønne verkörpert den Sohn. Das Verhältnis zwischen den beiden ist dysfunktional und belastet durch gegenseitige Vorwürfe. Die Situation eskaliert, als Radka, die gutgläubige Freundin des Sohns, die Bühne betritt. Ihre Rolle ist mit der färöischen Schauspielerin Durita Dahl Andreassen bestens besetzt.

Sørensen und Rønne schonen weder sich noch ihr Publikum. Sie schlüpfen mit einer nahezu unheimlich anmutenden Natürlichkeit in ihre Rollen: Sørensen agiert als egomanischer Lüstling ebenso authentisch wie Rønne als verbitterter Sohn, den die Enttäuschung über den Vater, dessen Versagen und Verschlagenheit, für das Leben gezeichnet haben.

Schattenseiten des Lebens

 Das Publikum nimmt atemlos Anteil an diesem verstörenden Familiendrama, das unter die Haut geht –  nicht zuletzt, weil die Skelette, die während der Vergangenheitsbewältigung von Vater und Sohn aus dem nicht vorhandenen Schrank purzeln, den Zuschauer mit womöglich selbst erlebten Schattenseiten des Lebens konfrontieren und ihn in einem psychologischen Würgegriff halten, bis der „Vorhang“ fällt. Dies ist, so viel sei an dieser Stelle verraten, beileibe keine Erleichterung.

Blutige Abrechnung Foto: Søren Hasselgaard Skaanning

Dialoge auf Nordschleswigsch

Der Großteil der Repliken ist übrigens auf Nordschleswigsch gehalten. Ein gewagtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass das Ensemble mit dieser Eigeninszenierung auf landesweite Tournee gehen wird. Obwohl: Das schauspielerische Können des Trios macht viele Worte im Grunde überflüssig. Das Dreigestirn des „Møllen-Theaters“ nimmt die Zuschauer in einen emotionalen Schwitzkasten – und lässt sie lange nicht mehr los. Versprochen.

Die Inszenierung „Mod til at dræbe” nach der Theatervorlage des schwedischen Dramatikers Lars Norén von 1978 feierte am 15. Februar 2020 im „Teatret Møllen“ in Hadersleben Premiere und ist noch bis zum 7. März zu sehen. Regisseur ist Rasmus Ask.

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