Umweltpolitik

Dickes Brett: Ringen um alte Bäume beiderseits der Grenze

Dickes Brett: Ringen um alte Bäume beiderseits der Grenze

Dickes Brett: Ringen um alte Bäume beiderseits der Grenze

Hadersleben/Haderslev
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Die Zukunft der alten Esskastanie im Garten der deutschen Bücherei in Hadersleben ist ungewiss – Anlass, einmal deutschen und dänischen Baumschutz zu vergleichen. Foto: Ute Levisen

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Deutsche haben ein besonderes Verhältnis zu alten Bäumen, Städte und Gemeinden schützen sie mit entsprechenden Verordnungen. Der Unterschied zu Dänemark, wo ein Baum schneller fallen kann, scheint auf den 2. Blick gar nicht so groß. Und gerungen wird um den Baum in beiden Ländern.

Ein alter, ehrwürdiger Baum löst in Menschen aus Deutschland offenbar Gefühle aus. „Die Deutschen haben eine besondere Beziehung zum Wald und zu Bäumen“, resümiert Ingo Ludwichowski, Pressesprecher des Nabu Schleswig-Holstein. Vielleicht liege es an der langen Naturschutztradition, soziologisch sei das allemal interessant, auch im Vergleich zu Dänemark, meint er.

In Deutschland sorgen Baumschutzsatzungen in Städten und Gemeinden dafür, dass Bäume geschützt sind, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen – auch auf privatem Gelände. In Dänemark gibt es solche Satzungen, die in der Bundesrepublik auf Bundes- und Landesgesetzgebung aufgebaut werden, nicht in dieser Form.
 

Die Deutschen haben eine besondere Beziehung zum Wald und zu Bäumen.

Ingo Ludwichowski, Nabu Schleswig-Holstein

Aber: Auch wenn der Unterschied gravierend ausschaut, scheint dies in der Praxis doch etwas anders auszusehen. Denn: „Es kommt darauf an, wie viele Menschen sich für den Baumschutz einsetzen“, meint Ludwichowski mit Blick auf Deutschland. Und dies gilt dann auch für Dänemark, in Hadersleben setzt sich unter anderem Siemen Baader von der Baumgruppe Hadersleben (Trægruppe Haderslev) für den Erhalt alter Bäume wie der Esskastanie auf dem Grundstück der Deutschen Bücherei Hadersleben ein; die Zukunft der Kastanie ist ungewiss.

Bevor es nach Dänemark geht, ein Blick auf die Verfahrensweise in Deutschland, die Ingo Ludwichowski vom Nabu erläutert. „Bäume, in denen Vögel ihre Nester bauen, sind im Prinzip das ganze Jahr geschützt.“ Problem sei manchmal, dass Nester dann erst nach dem Fällen entdeckt werden. „Doch wenn Baumhöhlen als Unterkunft für Vögel und Fledermäuse dienen, dann genießen diese Bäume in Wald und auf Privatgrundstücken einen besonderen Schutz. Das sorgt in der Bundesrepublik für heftige Auseinandersetzungen“, so Ludwichowski.

Baumkataster in Deutschland

Dann gibt es die Baumschutzsatzungen, die in Städten und Gemeinden Deutschlands auch Bäume auf privatem Grund schützen. „Einige Jahre waren auch Baumkataster, in die Bäume auf privatem und öffentlichem Grund aufgenommen wurden, modern. Diese Kataster müssen aber gepflegt werden. Das ist einigen Gemeinden zu aufwendig geworden. Und nicht alle Städte und Gemeinden haben Baumschutzsatzungen oder Baumkataster. „Bei Weitem nicht“, so Ludwichowski.

Dass der Staat Eignern von Grundstücken in Sachen Baum hineinredet, empfinden seinen Worten nach viele Betroffene als einen Affront. Andererseits sehen Bürgerinnen und Bürger Bäume nicht mehr nur als schön an, sondern sehen einen Nutzen fürs Gemeinwohl: Sie spenden Schatten, filtern Staub aus der Luft und produzieren Sauerstoff, den wir Menschen brauchen. Eigenschaften, die in Zeiten einer Klimaerwärmung wichtiger werden.

Nester, Fledermäuse, privates Eigentum – Naturschützer wollen Bäume bewahren, Eigentümer möchten Bäume entfernen, wofür es auch Gründe gibt. Ingo Ludwichowski beobachtet „heftige Auseinandersetzungen“.

Baumschutz in Wellen

Er sieht eine Wellenbewegung beim Baumschutz, einige Jahre wird er verstärkt, dann wieder gelockert. Es ist die kommunale Politik, die bestimmt und deren Meinung sich im Laufe der Jahre ändern kann. Je nachdem, welche Kräfte dominieren.

Siemen Baader schlägt für seine Kommune ein Baumregister vor, was einem deutschen Baumkataster vermutlich ähnelt. Es soll dazu dienen, schützenswerte Bäume in der Kommune ausfindig zu machen und dabei helfen, diese Bäume zu pflegen.

In einem Flächennutzungsplan (lokalplan) können seinen Worten nach sowohl Bäume auf öffentlichem Grund als auch auf privatem geschützt werden. Der Schutz bewahrenswerter Bäume auf privatem Grund seitens der öffentlichen Hand, den gibt es auch in Dänemark. Siemen Baader verweist auf die Kommune Frederiksberg in Kopenhagen. Dort muss die Kettensäge in der Werkstatt bleiben, kurz entschlossen eine alte Eiche absägen – das geht in Frederiksberg nicht. Aber weder in Deutschland noch in Dänemark bleibt jeder alte Baum stehen, denn Ausnahmegenehmigungen werden erteilt.

Es gibt noch einen Weg, einen Baum in Dänemark zu schützen. Möchte ein Hausbesitzer oder eine Hausbesitzerin über den eigenen Tod hinaus einen liebgewonnenen Baum schützen, besteht die Möglichkeit, den Baum ins Grundbuch einzutragen (tinglysning).

Welche Baumpolitik es gibt, wird politisch entschieden.

Carsten Leth Schmidt (SP), Umweltausschussvorsitzender Kommune Hadersleben

Carsten Leth Schmidt von der Schleswigschen Partei (SP) und in der Kommune Hadersleben Vorsitzender des Ausschusses für Technik und Klima, sieht zunächst eine generelle Frage im Vordergrund, die an die Worte von Nabu-Sprecher Ingo Ludwichowski erinnern. „Welche Ambitionen hat die Kommunalpolitik? Welche Baumpolitik es gibt, wird politisch entschieden. Die Verwaltung wird im Verlauf der Diskussion dann auch sagen, wo die Herausforderungen liegen.“

Carsten Leth Schmidt hat von dem Wunsch gehört, auch im privaten Raum, also auf privatem Grund, Bäume unter Schutz zu stellen. Er findet die Idee interessant, hat aber Bedenken. „Da müsste man Experten fragen, etwa von der Kommune Frederiksberg.“

Ein dickes Brett

Und er sieht Hindernisse. Es könnte seinen Worten nach sein, dass eine Schadenersatzpflicht entsteht für die Kommune, darauf habe seine Verwaltung ihn hingewiesen. Man müsse also einen rechtlichen Weg finden, der so etwas ausschließt. „Da steckt sehr viel Arbeit drin.“ Insgesamt stellt er fest: „Das ist ein dickes Brett.“

So liegt es an den einzelnen Kommunen zu entscheiden, wie der Baumschutz ausfällt, was in Deutschland ähnlich ist. Es ist aber seiner Ansicht nach auch nicht ausgeschlossen, dass es einen rechtlichen Rahmen seitens des Staates zum Baumschutz auch auf privatem Grund geben wird. Der Staat greife bereits über Zuschüsse oder deren Entzug schon in der Landwirtschaft ein, etwa, um neue Brachflächen zu errichten und diese zu schützen. Es brauche den politischen Willen.

Carsten Leth Schmidt findet die Idee gut, einem bewahrenswerten Baum einen Preis zu geben. Damit man weiß, wie teuer ein Ersatz wird, bzw. welchen Aufwand man betreiben muss, wenn der Baum doch gefällt wird. Dieser Ersatzpreis, ein solcher „Schattenpreis“, könnte in einem Baumregister stehen.

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