Kommentar

„Hut ab vor Politikern mit Rückgrat“

Hut ab vor Politikern mit Rückgrat

Hut ab vor Politikern mit Rückgrat

Hadersleben/Haderslev
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Während seine Klage im Stadtrat behandelt wurde, musste Mogens Rerup, auf dem Archivbild stehend, den Saal verlassen. Foto: Ute Levisen

Normalerweise bergen Stadtratssitzung dank einer ausgeprägten Parteidisziplin vornehmlich im bürgerlichen Flügel kaum Überraschungen. Die jüngste Ratssitzung war eine bemerkenswerte Ausnahme.

Stadtratspolitiker und Bürgerrepräsentant Mogens Rerup von der Einheitsliste ist unzufrieden mit der Entscheidung des Finanzausschusses, ihm Akteneinsicht in den eigenen „Fall“ zu verwehren – und hatte eine entsprechende Klage vor den Stadtrat gebracht.

Keine Einsicht in den eigenen Fall

Zur Erinnerung: Eine Mehrheit im Finanzausschuss hat gegen ihren Politiker-Kollegen Rerup wegen ehrenrühriger Äußerungen gegenüber kommunalen Mitarbeitern u. a. in den sozialen Netzwerken Anzeige bei der Polizei erstattet. Nicht einmal Rerup selbst darf erfahren, was man ihm nun genau vorwirft!

 

Gegen diese Vorgehensweise – und das war die Überraschung des Abends – opponierten zwei Venstre-Politiker: Signe Knappe und Holger Mikkelsen. Unisono stellten beide fest, dass es in diesem Fall an der wünschenswerten Transparenz fehle – und beiden war die juristische Einschätzung, die dieser politischen Entscheidung zugrunde liegt, „zu dünn“.

Eine ernste Sache

„Mir fehlt eine Erläuterung der rechtlichen Grundlage“, monierte Signe Knappe, die sich ebenso wie Mikkelsen dafür starkmachte, stets „größtmögliche“ Transparenz zu wahren.
„Denn es ist eine ernste Angelegenheit, einem Stadtratsmitglied die Akteneinsicht zu verwehren.“

„Hammerärgerlich“

Als „hammerärgerlich“ bezeichnete Holger Mikkelsen den Fall, in dem ihm einfach zu viele Informationen fehlten.
„Ich kann daher keinen Grund sehen, die Akteneinsicht zu verweigern.“
Die juristische Empfehlung des von der Kommune beauftragten renommierten Anwaltbüros, diesen Fall nicht öffentlich zu machen, weil man damit die Kommune in ein schlechtes Licht rücken würde, könne er nicht nachvollziehen, so Mikkelsen, dem man deutlich ansah, wie nahe ihm dieser Fall geht. Das ist wenig verwunderlich: Sagt man dem Venstre-Politiker doch einen gewissen juristischen Sachverstand nach.

So votierten die Politiker. Foto: Kommune Hadersleben

Blindes Vertrauen

Svend Brand von der Einheitsliste plädierte dafür, die Akteneinsicht in den Fall Rerup zumindest für die Hauptperson zu ermöglichen. Jon Krongaard von der Dänischen Volkspartei vertraut indes der Einschätzung der von der Kommune beauftragten Juristen.
Die Abstimmung endete mit 23 Stimmen dafür, Rerup die Einsicht in seinen eigenen Fall zu verwehren. Henrik Mielke Ravn (Konservative) und Thomas Fredsted (Venstre) enthielten sich der Stimme. Bent Iversen (Volkssozialisten), Svend Brandt und die beiden Venstre-Politiker votierten dafür, Rerup Einsicht in gegen die ihn erhobenen Vorwürfe zu gewähren – und nicht darauf zu warten, dass die Polizei dies nach einer langen Bearbeitungsfrist tut: „Das ist Mogens Rerup gegenüber nicht fair“, pointierte Iversen. Signe Knappe begründete ihr Abweichen von der strengen Parteidisziplin folgendermaßen: „Mir fehlt – ganz ehrlich – ein solider Haken, an den ich meinen Hut hängen kann!“

 Hut ab vor Politikern mit Rückgrat!

 

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