Schwurgerichtsverfahren
Prozessauftakt am 1. Todestag
Prozessauftakt am 1. Todestag
Prozessauftakt am 1. Todestag
Ein Jahr nach dem Tod des kleinen Noah aus Sommerstedt begann das Schwurgerichtsverfahren gegen den Angeklagten. Der frühere Lebensgefährte der Mutter beteuert seine Unschuld.
Genau ein Jahr nach dem Tod des kleinen Noah aus Sommerstedt begann am Dienstagvormittag das Schwurgerichtsverfahren gegen den Angeklagten. Der anderthalbjährige Noah erlag am 6. Februar des Vorjahres nach einem dramatischen Rettungseinsatz mit Helikopter wenige Minuten nach seiner Einlieferung ins „Rigshospital“ schweren inneren Verletzungen. Entsprechend lang ist die Anklageschrift.
Auf der Anklagebank sitzt der ehemalige Lebensgefährte von Noahs Mutter. Wie versteinert verfolgte J. H. die detaillierte Darlegung der Anklagevertretung: Der 31-Jährige muss sich u. a. wegen schwerer Körperverletzung mit Todesfolge verantworten. Hinzu kommen der Vorwurf körperlicher Misshandlung des eigenen Sohnes sowie der Besitz euphorisierender Stoffe. Seit nunmehr einem Jahr sitzt J. H. in Untersuchungshaft. Es gehe ihm gut, sagten sein Vater und dessen Schwester in einer Pause. Zumindest angesichts der Umstände.
Gehirnoperation und psychische Probleme
Diese, auch das offenbarten die Anklageschrift und die nachfolgende Vernehmung des Angeklagten, sind komplex. Im Sommer 2016 lernte J. H. Noahs Mutter kennen – und habe angesichts dessen neuen Lebensmut geschöpft, so der Angeklagte. Damals hatte er gerade eine Gehirnoperation überstanden: Ein Tumor sei entfernt worden. Hinzu kommen psychische Probleme, seit er in ganz jungen Jahren von einer Platte am Kopf getroffen wurde – mit einer Schädigung des Hirns als Folge.
„Ich hatte Probleme, mein Temperament zu zügeln!“, gestand er. Auch sei er kein perfekter Vater. Ansonsten aber plädiert J. H. in fast allen Anklagepunkten auf „nicht schuldig“. Lediglich den Konsum von Amphetamin in einem Fall räumt er ein.
Aus einer gescheiterten Beziehung hat J. H. drei Kinder. Noahs Mutter und er beschlossen, die Familie zusammenzubringen. Sie zogen von Oberjersdal in ein größeres Haus nach Sommerstedt. Mit ihnen zieht ein Bekannter der Mutter.
„Damit sie die Miete für das Haus zahlen konnten“, sagte der Vater von J. H. in der Pause gegenüber unserer Zeitung. Er sagte auch: „Er war es nicht!“ Noch nie habe J. H. jemandem Gewalt angetan. Die Schwester des Vaters nickte bestätigend.
Schwere Anklage
Die Anklage indes wiegt schwer: Während der Obduktion des Kleinen sind schwere innere Verletzungen „aufgrund stumpfer Gewalt“, darunter mindestens zehn Rippenbrüche, festgestellt worden.
Das Zusammenleben in Sommerstedt verlief nicht ohne Probleme: Noah sei auf seine Mutter fixiert gewesen, sagte der Angeklagte. Auch musste die Familie nach alarmierenden Benachrichtigungen der Tagesmutter zu Gesprächen mit der Kommunalverwaltung. Zu den Verletzungen in der Zeit vor dem Tod des Jungen zählen blaue Flecken im Genitalbereich und an der Stirn, ein blutiger Riss am After und blutiger Stuhlgang. Während seiner Vernehmung erklärt J. H. die Quetschung im Genitalbereich des Kleinen mit dem Halteriemen des Kinderstuhls, das Blut im Stuhlgang mit Verstopfung.
Am Donnerstag werden Noahs Mutter und ihr Bekannter, der ebenfalls in dem Haus wohnte, auf der Zeugenbank Platz nehmen. Auf den Zuschauerrängen verfolgten die beiden Familien der Betroffenen das Drama vor Gericht. Jede für sich allein.
An den weiteren Prozesstagen – insgesamt sind elf Tage und zwei Reservetage für die Verhandlung abgesetzt worden – werden Retter, Ärzte und Familienmitglieder vernommen.