Erfahrungsbericht

Coronavirus in Uruguay: „Maßnahmen kamen schnell und plötzlich“

Coronavirus in Uruguay: „Maßnahmen kamen schnell und plötzlich“

Coronavirus in Uruguay: „Maßnahmen kamen schnell“

Katharina Kley
Uruguay
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Katharina Kley ist seit August 2019 Austauschschülern in Uruguay. Hier feiert sie mit meiner Gastfamilie Ostern. Foto: Privat

Katharina Kley aus Hadersleben berichtet von ihrem ungewöhnlichen Austauschjahr in Uruguay.

Als Teil eines Austauschjahres, dass ich nach der 9. Klasse mache, wohne ich seit August 2019 in Uruguay. Mein Aufenthalt hier verläuft nun aufgrund der jetzigen weltweiten, durch Covid-19 ausgelösten, Pandemie etwas anders als erwartet. Obwohl meine Austauschorganisation AFS Interkultur sich dazu entschieden hat, alle Austauschschüler in ihre Heimatländer zurückzuschicken, habe ich die Entscheidung getroffen bis Juli eigenständig in Uruguay zu bleiben. Diese Entscheidung war schwer, besonders da alle anderen Austauschschüler, die mitunter zu meinen besten Freunden gehören, das Land verlassen haben. Leider konnte ich mich auch nicht von allen verabschieden, da all dies sehr überraschend kam. 

Am Freitag redeten wir noch über Feiern und Wochenendpläne ohne zu wissen, dass wir diese Pläne nicht verwirklichen könnten und uns am Montag auch nicht wieder sehen würden. 

Katharina Kley

Situation unterschätzt

In Uruguay traten offiziell am Freitag, dem 13. März,  die ersten Fälle von Covid-19 auf. Natürlich wussten alle, dass dies früher oder später passieren würde und daher kam es nicht überraschend. Meine Klassenkameraden und ich nahmen es am Anfang nicht sehr ernst, denn bis dahin hatte sich der Virus in Südamerika kaum ausgebreitet und wir hatten daher noch gar nicht realisiert, wie große Auswirkungen dies auch auf unser Leben haben könnte. Am Freitag redeten wir noch über Feiern und Wochenendpläne ohne zu wissen, dass wir diese Pläne nicht verwirklichen könnten und uns am Montag auch nicht wieder sehen würden. 

Schnelle Maßnahmen

Die Regierung reagierte schnell und beschloss alle Universitäten und Schulen vorerst einen Monat lang zu schließen. Gleichzeitig wurde die Bevölkerung dazu angewiesen zu Hause zu bleiben und alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Es wurden außerdem mehrere große Veranstaltungen abgesagt, zum Beispiel das Rockfestival „Montevideo Rock“, zu dem ich eigentlich mit Freunden gehen wollte. Viele In- und Auslandsflüge wurden außerdem gestrichen.

Nach einer Woche war die Zahl der Infizierten auf 110 gestiegen und liegt nun anderthalb Monate nach dem ersten Fall bei insgesamt 563 Infektionen, wovon 369 schon wieder genesen sind. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es 12 Todesfälle. 

Präsident muss sich beweisen

Die Regierung nimmt diese außergewöhnliche Gefahr sehr ernst. Die Situation ist sehr wichtig für den Präsidenten, denn er und seine Regierung sind erst vor kurzem, am 1. März 2020, ins Amt eingetreten. Die jetzige Regierung ist die erste rechte, liberal-konservative seit 15 Jahren. Die vorherigen drei Wahlen hatte die sozialistische Partei Frente Amplio gewonnen. Daher ist der Coronavirus und seine Bekämpfung für den jungen Präsidenten Louis Lacalle Pou sehr bedeutend, besonders da er die Wahlen im November nur knapp gewann.

Da ich eine Privatschule besuche, lässt sich meine jetzige Arbeitsmenge mit der der Schüler in Dänemark vergleichen. 

Katharina Kley

 

Bis jetzt ist die Bevölkerung mit seinem Handeln in Bezug auf die Pandemie zufrieden. Die allgemeine Meinung ist, dass seine Regierung die Gefahr früh erkannt und schnell gehandelt hat. Er wurde allerdings für eine kontroverse  Aussage kritisiert als er meinte, dass die Verschlimmerung der häuslichen Gewalt während der Quarantäne ein Kollateralschaden wäre, den man leider hinnehmen müsste.  

 

Bevölkerung gelassen

Große Teile der uruguayischen Bevölkerung nehmen den jetzigen Zustand eher gelassen. Schüler und Studenten bekommen teilweise Hausaufgaben digital zugeschickt, doch besonders an öffentlichen Schulen ist dies aufgrund mangelnder Ressourcen oft kompliziert. Da ich eine Privatschule besuche, lässt sich meine jetzige Arbeitsmenge mit der der Schüler in Dänemark vergleichen. 

In den Osterferien fuhren nun viele Familien zu ihren Sommerhäusern in anderen Teilen des Landes, um die letzten warmen Herbsttage am Strand zu genießen. Dagegen kämpfte die Regierung jedoch stark an und fing an Geldstrafen für unnötiges Ausgehen zu verteilen. 

Angst vor Einbrüchen und Überfällen

Ein sehr großes Problem ist jedoch die Menge an Personen, die aufgrund der Quarantäne nun nicht mehr zur Arbeit gehen kann und daher Arbeitslosengeld beansprucht. Rund 60.000 Personen beantragten im März staatliche Hilfe aufgrund des Verlustes ihrer Arbeit. Dies löste eine generelle Unruhe in der Bevölkerung aus, da man fürchtet, dass die Zahl an Einbrüchen und Überfällen auch steigen wird.

Ich hoffe, dass sich die Situation bald verbessert, damit ich mich so schnell wie möglich wieder mit Freunden treffen und den Rest meines Austausches in diesem wunderschönen Land genießen kann. 

Katharina Kley

Die Ökonomie Uruguays hat außerdem bereits vor der Ankunft des Virus Schaden genommen, denn China ist einer der bedeutendsten Handelspartner des Landes und ein großer Prozentanteil der Fleischexporte geht nach China. Die Viehzucht ist ein sehr wichtiger Industriezweig des Landes und besonders im inneren Teil Uruguays leben viele Menschen davon, doch aufgrund der Umstände wurde der Handel mit dem asiatischen Land nun stark reduziert.

Öffnung erster Schulen

In Uruguay wurden am 22. April die Dorfschulen wieder geöffnet. Davon abgesehen wissen wir aber noch nichts über eine Wiederöffnung des Landes. Ich hoffe, dass sich die Situation bald verbessert, damit ich mich so schnell wie möglich wieder mit Freunden treffen und den Rest meines Austausches in diesem wunderschönen Land genießen kann. 

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