Kontaktgremium

Minderheit setzt Finanzen auf die Kieler Tagesordnung

Minderheit setzt Finanzen auf die Kieler Tagesordnung

Minderheit setzt Finanzen auf die Kieler Tagesordnung

Nordschleswig/Kiel
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Das Kieler Kontaktgremium für die deutsche Minderheit traf sich am Montag im Haus Quickborn in Kollund. Foto: Gwyn Nissen

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Die Finanzen dominierten die Gespräche, als sich Politikerinnen und Politiker aus Schleswig-Holstein über die Minderheit informierten. Es gibt vier große Herausforderungen.

Im Großen und Ganzen ist die finanzielle Lage der deutschen Minderheit in Nordschleswig gut, doch es gibt einige Problemzonen, und die wurden am Montag im Haus Quickborn in Kollund angesprochen, als sich das Gremium für Fragen der deutschen Minderheit in Nordschleswig mit Vertreterinnen und Vertretern der deutschen Volksgruppe zum 85. Mal traf.

Das Treffen (zweimal im Jahr) dient vor allem als Lagebericht für Politikerinnen und Politiker aus Schleswig-Holstein (sowohl aus dem Landtag als auch aus dem Bundestag) sowie Beamtinnen und Beamten des Bundeslandes.

Nordschleswig-Gremium

Alle Fragen, die die deutsche Volksgruppe in Nordschleswig betreffen, wie Finanzen, Kultur oder politische Repräsentation, werden in zweimal jährlich stattfindenden Sitzungen unter Vorsitz der Kieler Landtagspräsidentin im Gremium für Fragen der deutschen Minderheit in Nordschleswig erörtert.

Dem Gremium gehören acht Abgeordnete des Landtages sowie je eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter jeder Bundestagsfraktion an. Der Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN) entsendet vier Mitglieder. Hinzu kommen als ständige Gäste unter anderem der Minderheitenbeauftragte des Ministerpräsidenten, der Referatsleiter III im Kieler Kulturministerium, der Kopenhagener Sekretariatsleiter der Minderheit sowie der Beauftragte für die Minderheit an der deutschen Botschaft in Kopenhagen.  

Quelle: Landtag SH

Überwiegendes Thema waren Montag immer wieder die Finanzen, aber Hinrich Jürgensen, der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger, der Dachorganisation der deutschen Minderheit, konnte auch berichten, wie die Minderheit versucht, sich weiterzuentwickeln.

„Wir haben laufend Strukturdebatten und beschäftigen uns mit unserer Zukunft. Die Digitalisierung des ‚Nordschleswigers' ist ein Beispiel. Nun haben wir eine AG Struktur, die sich mit drei Themen beschäftigt: Identität im Wandel, Kontakt und Anbindung an die Eltern sowie die Werbung und Ankündigung von Veranstaltungen innerhalb der Minderheit“, erklärte Jürgensen.

Einblick in die Arbeit der AG Zukunft

Er ist Mitglied der AG und gab daher einen Einblick in die Arbeit. Der BDN-Hauptvorstand werde sich zunächst in einem Seminar damit beschäftigen, und auch die Minderheiten-Basis soll sich damit auseinandersetzen.

Dabei machte er keinen Hehl daraus, dass es auch heikle Themen gibt, zumal gegebenenfalls auch Kompetenzen und Zuständigkeiten abgegeben werden müssten.

Landtagspräsidentin Kristina Herbst führte durch die Sitzung, an der unter anderem die BDN-Spitzen Hinrich Jürgensen und Uwe Jessen teilnahmen. Foto: Gwyn Nissen

Finanzierung: Vier Herausforderungen

Folgende finanzielle Herausforderungen wurden gegenüber den Politikerinnen und Politikern ausgesprochen:

Investitionen

Die investiven Mittel reichen in der Minderheit nicht aus, um die notwendigen und gewünschten Projekte zu finanzieren. Es dreht sich laut Generalsekretär Uwe Jessen um einen Investitionsstau in Höhe von 36 Millionen Euro.

Daher reichen die jetzigen Mittel – über die Jahre zwischen 614.000 und einer Million Euro – trotz weiterer Mittel von dänischer Seite und vom Land Schleswig-Holstein bei Weitem nicht aus, so Hinrich Jürgensen.

Derzeit gebe es Gespräche zwischen der Minderheit und der Politik in Berlin, ob neben der jährlichen Fördersumme auch einzelne Großprojekte finanziert werden könnten. Dazu soll es im Herbst ein Gespräch zwischen den politischen Parteien im Bundestag und der Minderheit geben.

Kosten für die Europeada

Der Deutsche Jugendverband für Nordschleswig wird 2024 gemeinsam mit den Minderheiten im Grenzland die Europeada – die Fußball-Europameisterschaften für Minderheiten ausrichten. Die Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland haben kurzfristig zugesagt und benötigen vor allem finanzielle Unterstützung, zumal das Budget der vorigen Europeada bei rund 350.000 Euro lag. „Das können und wollen wir nicht aus eigenen Mitteln finanzieren“, sagten der Jugendverbands-Vorsitzende Jasper Andresen und BDN-Generalsekretär Uwe Jessen.

Die Minderheit hofft neben Sponsoren auch auf die Unterstützung aus Kiel und Berlin.

Zulauf an den Institutionen

Die deutschen Schulen und Kindergärten erleben in diesen Jahren einen Zulauf an Kindern von zugezogenen deutschen Familien. Der Deutsche Schule- und Sprachverein für Nordschleswig, der die 13 Schulen, das Gymnasium und 19 Kindergärten betreibt, hat sowohl die Auswahlkriterien als auch die Wertegrundlage überarbeitet, erklärte Schulrätin Anke Tästensen. In einigen Schulen gebe es bereits Aufnahmestopp, wobei der DSSV sich nicht dazu verleiten wolle, die Institutionen auszubauen.

„Wir wollen nicht an unseren Werten rütteln, und sind weiterhin primär die Schulen der deutschen Minderheit – und wir können uns Neubauten auch nicht leisten“, so Tästensen.

Für den DSSV sei ein weiteres Thema in diesen Monaten die Gleichstellung des Deutschen Gymnasiums für Nordschleswig mit den dänischen Gymnasien, und außerdem eine Regulierung der Finanzierung der Schulen in Nordschleswig (erstmals seit 2012).

Beides soll im März mit dem Unterrichtsminister Mattias Tesfaye (Sozialdemokraten) besprochen werden.

Fehlende Planungssicherheit

Ein weiteres Problem sei laut Hinrich Jürgensen weiterhin die fehlende Planungssicherheit bei der Finanzierung durch den Bundeshaushalt. Jürgensen hofft, dass eine ähnliche Lösung gefunden werden kann wie mit dem Land Schleswig-Holstein. Hier gebe es bereits einen mehrjährigen Vertrag, nach dem sich die Minderheit richten könne.

Schulrätin Anke Tästensen berichtete über die Lage an den Schulen und Kindergärten. Foto: Gwyn Nissen

Wertvolle Treffen

Hinrich Jürgensen zeigte sich nach dem Treffen mit dem Kontaktgremium zufrieden. „Weil es viele Neue im Gremium gibt, war es heute wichtig aufzuzeigen, was wir leisten und wie unsere Strukturen sind und wie wir uns in einem ständigen Wandel befinden. Aber natürlich ging es auch um die Finanzierung und den Berg an Investitionsprojekten, den wir vor uns herschieben. Ich finde, wir haben viel Gehör für unsere Anliegen bekommen“, sagte Jürgensen.

Für Landtagspräsidentin Kristina Herbst war es die erste Sitzung des Gremiums. Sie führte durch die Tagesordnung, und zeigte sich erfreut über das „gute Miteinander, unabhängig von der Parteifarbe. Jedem liegt die Sache sehr am Herzen und ich glaube, das ist auch eine Grundvoraussetzung für ein solches Gremium.“

Finanzielle Bedürfnisse der Minderheiten

Ihr sei aber auch bewusst, dass es in Gesprächen mit den Minderheiten im deutsche-dänischen Grenzland oft um die finanziellen Bedürfnisse ginge, die gelöst werden müssten. „Dabei sind die Herausforderungen sehr vielfältig“, sagte Herbst.

Sie lobte außerdem die Art, wie die deutsche Minderheit mit dem Sport als Integrationsmotor umgehe, und bezeichnete die Arbeit des Sozialdienstes als „grandios“. Vor der Sitzung hatten Sozialdienst-Leiterin Ursula Petersen und der Vorsitzendes des Verbandes, Söncke Christiansen, durch das Haus Quickborn geführt und über die Arbeit des Sozialdienstes berichtet.

Bericht aus Kopenhagen

Auf der Tagesordnung des Gremiums stand auch ein Bericht von Harro Hallmann, Leiter des Sekretariats der Minderheit in Kopenhagen. Er arbeite derzeit daran, die zukünftige Struktur des Kopenhagener Kontaktausschusses zu modernisieren.

Heute werde die Arbeit von einem Minister oder eine Ministerin geleitet, doch diese hätten laut Hallmann viele andere Fokusbereiche – und dazu gehöre die Minderheit nicht. Daher habe die Minderheit vorgeschlagen, dass die Arbeit von einer Parlamentarierin oder einem Parlamentarier geleitet werden solle. Außerdem solle der Ausschuss einen anderen Status mit Beschlussfähigkeiten erhalten, so die Idee, die auch vom Kulturausschuss des Folketings unterstützt wird.

In Kürze seien laut Hallmann außerdem die Berichte zur Sprachencharta und der Europäischen Rahmenkonvention fällig. Für die deutsche Minderheit, laut Hallmann, eine Gelegenheit, positive Rückmeldungen zu geben (unter anderem für einen Informationszuschuss in Höhe von 2,4 Millionen Kronen jährlich), aber auch, um Problembereiche aufzuzeigen – darunter den Wunsch nach zweisprachigen Ortsschildern.

Das Kopenhagener Sekretariat der Minderheit wird im Herbst übrigens 40 Jahre alt, und Harro Hallmann erklärte, es sei eine Konferenz sowie ein Empfang in Kopenhagen geplant.

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