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Von den Schanzen zum Milliardenunternehmen

Von den Schanzen zum Milliardenunternehmen

Von den Schanzen zum Milliardenunternehmen

Kopenhagen
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Peter Mühlmann hat den Drang, eigene Wege zu gehen. Foto: Trustpilot / Pressefoto

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Der Gründer des globalen IT-Unternehmens Trustpilot, Peter Mühlmann, ist in Düppel und Kollund aufgewachsen. Vom ersten Tag an war ihm bewusst, dass er ein großes Unternehmen aufbauen wollte.

Im März ging Trustpilot mit Firmensitz in Kopenhagen an die Londoner Börse. Der Aktienwert landete bei über 10 Milliarden Kronen.

Bei Trustpilot können Kunden Firmen bewerten. Fast eine Million neue Bewertungen veröffentlicht Trustpilot monatlich.

Angefangen hat alles 2007 wesentlich bescheidener in der eigenen Wohnung in Aarhus. Zwei Dinge hatten den damals 24-jährigen Firmengründer Peter Mühlmann auf die Idee gebracht. Das eine waren die eigenen Eltern, die anfingen, über das Internet einzukaufen.

„Es war schwierig zu wissen, was das für eine Firma ist, bei der man da einkauft. Ich dachte mir, es braucht eine Bewertung durch die Kundinnen und Kunden, damit der E-Handel ein möglichst gutes Erlebnis wird“, sagt er bei einem Telefongespräch mit dem „Nordschleswiger“.

 

Peter Mühlmann an der Flensburger Förde Foto: Privatfoto

Gitter vor den Fenstern

Er habe eine Werbung gesehen, in der ein Unternehmen behauptete, über 90 Prozent der Kunden würden es weiterempfehlen. Eine Aussage, der er wenig Glauben schenken konnte. Er wollte die Kunden selbst zu Wort kommen lassen.

Der zweite Anstoß war, dass er selbst einen kleinen Netzhandel betrieben hat, und dafür gerne eine solche Möglichkeit der Bewertung hätte.

Mühlmann sammelte ein paar Bekannte und etwas Kapital. Sie zogen aus der Wohnung in einen Büroraum, den die Aarhuser Universtät zur Verfügung stellte. Er lag nicht im vornehmsten Viertel der Stadt.

„Wir mussten dicke Gitter vor den Fenstern montieren, damit uns nicht dauernd die Computer geklaut wurden“, erinnert sich Mühlmann, der damals noch studierte.

Schon zu diesem Zeitpunkt hatte er das Ziel vor Augen.

„Vom ersten Tag an war mir klar, dass ich ein großes Unternehmen aufbauen wollte“, versichert er. Die sønderjyske Färbung der Sprache dringt deutlich durch die Leitung.

Grenzfahrten mit Ausblick

Denn aufgewachsen ist Mühlmann zunächst in Düppel (Dybbøl), wo er als kleiner Junge auf der Schanze 2 gespielt hat. Als er acht Jahre alt war, zogen seine Eltern mit ihm nach Kollund. Dort hält er sich auch zum Zeitpunkt dieses Interviews auf.

Mit dem Rad war Peter Mühlmann in wenigen Minuten über der Grenze. Foto: Privatfoto

Der Ausblick über Dänemark hinaus wurde ihm seiner Ansicht nach mehr oder weniger in die Wiege gelegt.

„Von Kopenhagen aus wird Nordschleswig häufig als Randgebiet gesehen, aber ich habe es immer als international empfunden. Eine Grenze ist für mich etwas, über das man hinüberradelt“, sagte er in einem Gespräch mit dem Existenzgründer und Politiker Tommy Ahlers (Venstre) im Rahmen der Veranstaltungen der nordschleswigschen Botschaft in Kopenhagen.

Von Kollund aus dauert das bekanntlich nur wenige Minuten. Und so war Mühlmann als Jugendlicher häufiger in Flensburg, Hamburg und Berlin als in Kopenhagen.

Überzeugung war entscheidend

Nach dem Abitur in Sonderburg (Sønderborg) ging Mühlmann zum Studium nach Aarhus.

Im Gespräch mit Ahlers erzählt er, er habe eine Kombination aus pragmatischem Realismus und der Überzeugung, Dinge auf eigene Faust schaffen zu können, aus Nordschleswig mitgebracht.

Diese Eigenschaften dürften wohl auch mit entscheidend dafür gewesen sein, dass er von Anfang an nicht nur das Ziel hatte, ein internationales Unternehmen aufzubauen, sondern auch die Überzeugung, dies schaffen zu können.

„Ich wusste, dass wir die richtige Idee hatten. Außerdem war das Milieu der IT-Existenzgründer international geprägt. Man ist ja mit einem Klick über die Grenze - häufig ohne, dass man es mitbekommt.“ Noch einfacher als mit dem Fahrrad könnte man hinzufügen.

Peter Mühlmann im Kopenhagener Büro Foto: Trustpilot / Pressefoto

Seiner Ansicht nach war es am Anfang entscheidend, dass er vom Potenzial seiner Idee so fest überzeugt war.

„Zunächst kannst du ja den Leuten nichts zahlen. Du verkaufst eine Zukunft. Und ich bin ein elender Verkäufer, wenn ich etwas verkaufen soll, an das ich nicht glaube, aber ein hervorragender, wenn ich daran glaube“, verrät der Existenzgründer.

Chefrolle im Wandel

Es gelang ihm, drei Existenzgründer, die ihr Unternehmen mit Erfolg verkauft hatten, dazu zu bewegen, bei ihm einzusteigen. Sie brachten wichtige Erfahrung mit.

Der Investor SEED Capital Denmark, der zu einem frühen Zeitpunkt bei Existenzgründern einsteigt, ließ sich von Mühlmanns Geschäftsplan überzeugen.

Ich hatte nie den Bedarf mich anzupassen, und ich war immer Menschen gegenüber offen, die anders sind oder anderes wollen.

Peter Mühlmann

So hatte er nun die Voraussetzungen geschaffen, um den internationalen Markt zu erobern. Er verlegte den Firmensitz nach Kopenhagen, denn er musste Mitarbeiter aus aller Welt anziehen.

Heute sind es ungefähr 800, verteilt auf Adressen in Kopenhagen, New York, Denver, London, Vilnius, Berlin und Melbourne.

„Es ist ein großer Unterschied, ob du Chef von fünf Mitarbeitern bist, von 50 oder von 500. Bei fünf Mitarbeitern musst du alle kennen und um ihr Familienleben wissen. Bei 500 ist das etwas schwierig“, meint er lachend.

Der Chef des Milliardenunternehmens in einem entspannten Augenblick Foto: Privatfoto

Daher war es für ihn auch eine persönliche Reise.

„Ich musste als Chef auf diesem Weg laufend Erlerntes wieder entlernen und neues dazulernen.“

Schmerzliche Trennungen

Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen, die in einen großen Betrieb passen, passen nicht unbedingt in die Pionierzeit der Gründungsjahre. Doch es kann auch umgekehrt sein, und so war der Weg für Mühlmann nicht ohne persönliche Kosten.

„Ich habe mich von Mitarbeitern, die zu einem gegebenen Zeitraum für die Firma wichtig waren, trennen müssen. Auch von einigen, die mir nah standen. Das ist für mich persönlich das Schwierigste auf diesem Weg gewesen.“

Das New Yorker Büro von Trudspilot Foto: Trustpilot / Pressefoto

Als Direktor eines börsennotierten Unternehmens hat sich seine Rolle erneut gewandelt.

„Jetzt muss ich gemeinsam mit dem Führungsteam die Strategie erarbeiten und sie nach außen kommunizieren. Ich muss dafür sorgen, dass sie exekutiert wird, es aber nicht mehr selbst tun. Zum Glück kann ich gut delegieren.“

Keinen Bedarf der Anpassung

Bleibt nur die Frage, was einen Menschen, der als 24-Jähriger beschließt, ein internationales Unternehmen zu gründen, von der großen Mehrheit unterscheidet, die dies nicht tut.

Mühlmann führt es selbst darauf zurück, dass er zu diesem Zeitpunkt von anderen Existenzgründern umgeben war.

„Als Mensch ist man so gebaut, dass man Möglichkeiten vor allem dann erkennt, wenn man sieht, dass es sie gibt. Ich denke, es war ein wesentlicher Grund, dass ich erlebte, dass andere bereits ähnliche Projekte begonnen hatten.“

Peter Mühlmann schert sich wenig darum, was andere von ihm denken. Foto: Privatfoto

Nach kurzem Nachdenken kommt er dann darauf, dass es wohl auch etwas in ihm selbst ist. Etwas, das schon vorhanden war, als Klein-Peter noch auf den Schanzen herumtobte.

„Ich habe immer das Gefühl gehabt, eigene Wege gehen zu wollen. Ich hatte nie den Bedarf mich anzupassen, und ich war immer Menschen gegenüber offen, die anders sind oder anderes wollen. Das war bereits in der Volksschule so“, schließt Mühlmann, der sich nun auf einen Spaziergang an der Flensburger Förde und einen Besuch der Ochseninseln freut.

Seine Mutter hat ihm vorgeschlagen, sie sollten doch die Gelegenheit nutzen, um Fotos für diesen Artikel schießen.

Unterhalb des Artikel kann man das Gespräch Mühlmanns mit Tommy Ahlers sehen:

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