Datenaustausch in der EU
Datenschutz: Ein Verein verzweifelt
Datenschutz: Ein Verein verzweifelt
Datenschutz: Ein Verein verzweifelt
Die Datenschutz-Grundverordnung der EU macht Vereinen schwer zu schaffen. Ein Vorstandsmitglied einer lokalen Dorfgilde berichtet vom täglichen Wahnsinn und einem Alltag, der den freiwilligen Vereinsmitgliedern das Leben mehr als schwer macht.
Fünf Buchstaben, viel Leid: Die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) der Europäischen Union stürzt Vereine in tiefe Verzweiflung.
Auch die Dorfgilde für Brunsnis und Iller, „Brunsnæs Iller Busholm Landsbylaug“, kann ein Trauerlied davon singen, was seit Inkrafttreten der DSGVO alles nicht klappt.
Und das ist ziemlich viel, berichtet Vorstandsmitglied Gerhard Jacobsen.
„Ich empfinde die neue Gesetzgebung als Bedrohung für Vereine und Dorfgilden“, sagt er, und nennt ein aktuelles Beispiel für den Wahnsinn mit der DSGVO.
Ein enormer Verwaltungsaufwand für ein Attest
Für das lokale Projekt Fahrradfähre beispielsweise müssen Gesundheitsatteste von allen freiwilligen Mitarbeitern einholen.
Die Atteste können nur von einem bestimmten Arzt ausgestellt werden, im Vorfeld sollte der Verein alle Personalien an die Sekretärin des Arztes schicken.
Persönliche Gesundheitsdaten, die laut DSGVO aber nicht einfach so eingesammelt und übermittelt werden dürfen, sondern ein besonderes Prozedere erfordern. Und bei 25 Freiwilligen einen enormen Verwaltungsaufwand mit sich führen, berichtet Gerhard Jacobsen.
Noch schwieriger wird es im Umgang mit Banken, die wegen des Geldwäscheskandals besonders hohe Dokumentationsforderungen stellen.
„Wir hatten vom Vorstand aus um ein Gespräch mit der Bank gebeten. Damit das stattfinden konnte, mussten alle die Kopie von Versicherungskarte oder Pass abgeben, zudem die Berichte der vergangenen beiden Generalversammlungen und der beiden vergangenen konstituierenden Sitzungen. Nur, um ein Gespräch zu führen!“, staunt Gerhard Jacobsen noch immer.
„In Dänemark sind wir Weltmeister im Vereinsleben. Das sollte vonseiten der Politik dringend Beachtung und Unterstützung finden. Die Situation muss von oben angegangen werden, damit keine Missverständnisse entstehen können“, so Jacobsen.
Wir haben von hohen Bußgeldern gehört, die Vereinen drohen, wenn sie die Regeln nicht einhalten. Auf der anderen Seite gibt es niemanden, der uns weiterhelfen kann, wie die Gesetzgebung zu lesen ist.
Gerhard Jacobsen, BIB-Vorstandsmitglied
„Wir haben von hohen Bußgeldern gehört, die Vereinen drohen, wenn sie die Regeln nicht einhalten. Auf der anderen Seite gibt es niemanden, der uns weiterhelfen kann, wie die Gesetzgebung zu lesen ist. Das kann doch nicht sein, dass wir Vereine so alleine gelassen werden. Wir brauchen klare Vorgaben und die Gesetze sollten Sinn ergeben!“
Der Kultur- und Freizeitkonsulent der Sonderburger Kommune, Bjarne Kjær Christensen, kennt die Probleme der Vereine – kann aber auch nur bedingt beraten und helfen.
Ein neues Bankkonto wird zur Herausforderung
„Wir hören es immer wieder und ich kenne die Schwierigkeiten, die die Dorfgilde in Brunsnis hat. Es beginnt ja schon bei der Schwierigkeit für Vereine, ein Bankkonto anzulegen. Und wenn ein Verein den Kassierer wechselt, wird es richtig kompliziert.“
Der Umgang mit der DSGVO sei ein generelles Problem und die Politik sei gefragt, den Bürgern zu helfen, das Regelwerk verständlich zu machen. „In vielen offenen Punkten sitzen wir und warten auf Antworten. Ich weiß nicht, was wir machen sollen.
„Wirklich helfen können wir nicht“
Wir können den Vereinen zuhören und wir nehmen ihre Berichte entgegen, aber wirklich helfen können wir nicht. Ich denke, uns ist bislang nur die Spitze des Eisberges bekannt und es wird noch viele Vereine geben, die auf Schwierigkeiten stoßen, sobald sie den Kassierer wechseln oder ein Bankkonto errichten wollen“, so der kommunale Mitarbeiter.
Wenn man alle Gesetze und Regeln einhalten will, wird es tatsächlich kompliziert. Wir haben daher ein Muster für alle Vereine ausgearbeitet. Das hilft, die Richtlinien einzuhalten. Wir versuchen, es mit der Ruhe zu nehmen.
Thore Naujeck, BDN-Koordinator
Für die deutschen Vereine in Nordschleswig hat der Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN) eine Vereinspolitik zur DSGVO ausgearbeitet.
Wie lange dürfen Daten gelagert werden, wann und wie ist die Zustimmung von Mitgliedern einzuholen, wie muss mit sensiblen Daten umgegangen werden und was ist im Laufe der Jahre eigentlich alles an Daten zusammengekommen?
Einige Sachfragen noch immer offen
Koordinator Thore Naujeck hilft den Vereinen bei der Umsetzung der DSGVO. „Wenn man alle Gesetze und Regeln einhalten will, wird es tatsächlich kompliziert. Wir haben daher ein Muster für alle Vereine ausgearbeitet. Das hilft, die Richtlinien einzuhalten. Wir versuchen, es mit der Ruhe zu nehmen. Einige Sachfragen sind noch immer offen, beispielsweise, wo und wie sensible Daten gelagert werden sollen“, so Naujeck.
„Und solange das nicht klar beschrieben ist, kann man nicht sicher sein, dass man es richtig macht. Die EU hat es sicher gut gemeint und es ist gut, dass Unternehmen ihre Datenpolitik hinterfragen und in den Griff kriegen. Aber für die Vereine ist es wirklich eine Herausforderung, ein riesiger Verwaltungsaufwand.“
Der Kassierer hat bereits aufgegeben
In der Dorfgilde für Brunsnis und Iller hat die DSGVO bereits erste „Opfer“ gefordert. Wegen der nicht zu überblickenden Regeln und aus Verzweiflung über die Situation hat der Kassierer der Dorfgilde das Handtuch geschmissen.
Wir sind sehr loyal in Dänemark, was Behörden und Politik angeht. Aber wenn das so weiter geht, geht diese Loyalität kaputt!
Gerhard Jacobsen, Vorstandsmitglied der Dorfgilde
Dorfgilden-Mitglied Gerhard Jacobsen hofft nun auf die Politik.
„Irgendjemand muss etwas tun, damit in Dänemark das Vereinsleben nicht kaputtgemacht wird. In den Behörden häufen sich die Skandale und Mitarbeiter tun, was sie wollen – und wir kleinen Vereine müssen Regeln einhalten, die völlig unsinnig sind. Wir sind sehr loyal in Dänemark, was Behörden und Politik angeht. Aber wenn das so weiter geht, geht diese Loyalität kaputt!“