Tierhilfe

Katzenheim: „2019 war ein schreckliches Jahr“

Katzenheim: „2019 war ein schreckliches Jahr“

Katzenheim: „2019 war ein schreckliches Jahr“

Sonderburg/Sønderborg
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Eine Mutterkatze und 19 Jungkatzen wurden bei einem älteren Mann von Alsen abgeholt. Das war der größte Schwung an Katzen, erzählt Jytte Buchard vom Katzenheim. Foto: Karin Riggelsen

Im Augenblick werden über 70 Katzen vom Sonderburger Katzenheim betreut. Freiwillige Helfer werden dringend benötigt.

Seit Jahrzehnten werden ausgesetzte oder anderweitig von ihrem Zuhause abhandengekommene zahme Katzen ins „Sønderborg og omegns kattelaug“ gebracht. An der Damgade erhalten sie eine gute und liebevolle Pflege, bevor sie – wenn alles glatt läuft – wieder ein neues gutes Zuhause finden. 

 

Jette ist ein „Katzenschmuser" im Katzenheim. Sie streichelt die jungen Katzen, wenn die Käfige gewartet werden. So hat die Reinmachefrau Ruhe und muss nicht ständig noch ein paar anhängliche Katzen liebkosen. Foto: Karin Riggelsen

Katzenheim wurde überschwemmt

„Wir haben im Augenblick über 70 Katzen in drei Pavillons. Aber 2019 war ein schreckliches Jahr“, stellt die Leiterin der Herberge, Solvejg Johanning, fest. „Wir wurden quasi überschwemmt. Es scheint den Leuten einfach völlig egal zu sein, was mit den Tieren passiert. Aus den Augen, aus dem Sinn“, so Johanning.

Leider ein typisches Beispiel:  Einige Jugendliche machen es sich während des Studiums mit einer Katze gemütlich. Wenn sie dann aber mit der Ausbildung fertig sind, setzen sie die Tiere einfach aus. 

 

Im Küchenfenster ist es auch schön. Foto: Karin Riggelsen

Viele Jungtiere

Im vergangenen Jahr wurden der Sonderburger Katzenherberge 195 Tiere gebracht. „Und es waren unglaublich viele Jungtiere dabei“, erklärt die erfahrene Helferin Jytte Buchard. Sie hilft nicht nur bei den praktischen Aufgaben, wie dem regelmäßigen Reinigen der großen Käfige und dem Füttern. Sie hat sieben Monate lang nur wenige Wochen alte Kätzchen mit der Flasche großgezogen. Alle drei Stunden brauchen die jungen Pflegekatzen Milch, um durchzukommen. 

 

Man hat Glück, wenn so ein Kasten von einem Hund gefunden wird. Wenn nicht, verhungert die Katze langsam.

Solvejg Johanning, Leiterin „Sønderborg og omegns kattelaug"

In Pappkarton eingesperrt

Zu den haarsträubenden Beispielen gehören Katzen, die in einem Pappkarton mit Atemloch zum Beispiel im Wald hinterlassen werden, wie es im vergangenen Jahr  leider häufig der Fall war. „Man hat Glück, wenn so ein Karton von einem Hund gefunden wird. Wenn nicht, verhungert die Katze langsam“, erklärt die Leiterin. 

 

Die kleine Mia ist eine richtige Schmusekatze. Foto: Karin Riggelsen
Den Katzen geht es in der Herberge gut. Foto: Karin Riggelsen

Hilfe kam zu spät

Ein Beispiel für ein solch verantwortungsloses Verhalten waren in Sonderburg zwei kleine Kätzchen, die im Sommer 2019 in einem Pappkarton gefunden wurden. Dem einen  Katzenjungen ging es sehr schlecht. Für das Tier kam jede Hilfe zu spät.

„Das Kätzchen war von innen von Maden aufgefressen worden. Ganz junge Kätzchen können sich nicht selber sauber halten, und wenn die Tiere erst einmal Exkremente im Pelz haben, dann gewinnen die Insekten, und die Katzen sterben“, so Solvejg Johanning. 

 

 

Mia und Tristan verstehen sich gut. Foto: Karin Riggelsen

Ausgesetzt an einer Landstraße

Im Katzenheim gibt es sehr viele Miezen, die „aussortiert“ worden sind. Die schöne nur 16 Wochen alte Tigerkatze Mia ist die größte Schmusekatze. Sie maunzt und lässt sich von jedem, der möchte, ausgiebig streicheln. Sie wurde im Kreisverkehr in Spang gefunden. 

Der stolze Tristan saß an einer Landstraße. In dem einen Gang genießt die schöne Miss Molly ein ruhiges Dasein ohne andere Katzen. Sie blickt hinunter zu den anderen Käfigen, will aber lieber ihre Ruhe. Auch sie wurde von ihrem Besitzer ausgesetzt.

„Das ist fast noch schlimmer als für die Jungtiere. Sie ist sechs oder sieben Jahre alt. Weil sie es ganz anders gewohnt war, ist es für so eine noch schlimmer“, meint Jytte Buchard. 

Miss Molli liegt lieber allein. Foto: Karin Riggelsen

Katzen können zweimal im Jahr bis zu sieben Junge zur Welt bringen. Wer sich und der Katze viele kleine Kätzchen ersparen will, muss sein Haustier kastrieren oder sterilisieren lassen.

 

Jytte Buchard und die junge Katze Mia Foto: Karin Riggelsen

Tierverrückt wäre gut

„Das vergangene Jahr wurde ,klimaverrückt’ getauft. Ich hoffe, dass dieses Jahr ,tierverrückt’ wird. Wir brauchen einfach eine Haltungsänderung. Eine Katze wird auch heute nicht sonderlich geachtet und respektiert. Wenn ein Hund über die Straße läuft, bremsen die Autos. Das tun sie nicht, wenn es eine Katze ist“, so Solvejg Johanning.

Auf Höfen werden die Katzen oft lediglich geduldet, weil sie nützlich sind. Dort vertilgen die kleinen Raubtiere täglich bis zu sieben Mäuse. 

 

Julius fanden die Freiwilligen am 8. Dezember vor der Katzenherberge stehen - in einem Kasten mit einer Decke drüber. Foto: Karin Riggelsen

Freiwillige Helfer gesucht

Das Katzenheim in der Damgade braucht im Augenblick dringend weitere freiwillige Helfer, die praktische Aufgaben übernehmen. „Einige wurden krank, einige der Jugendlichen waren fertig in Sonderburg, und einige können sich eine Schicht einfach nicht mehr zumuten“, so Solvejg Johanning.

Die freiwilligen Helfer reinigen die Käfige und Bereiche, füttern die Katzen und schmusen mit ihnen: „Und die Abteilung mit den Mutterkatzen und den Katzenjungen verschlingt am meisten Zeit“, so die Heimleiterin. Wer diese Abteilung übernimmt, muss viereinhalb Stunden dafür absetzen. „Aber es muss ja sauber sein“, wie Solvejg Johanning feststellt.

Vor 20 Jahren konnte das Katzenheim noch mithilfe von bereitwilligen Senioren auskommen. Doch heutzutage wird auch anderweitig sehr intensiv um freiwillige Helfer geworben.

Wer sich als Helfer im Katzenheim melden will, kann die Mitarbeiterin Susan unter Tel. 2852 4445 erreichen. 

 

Einige schlafen, andere tollen herum. Foto: Karin Riggelsen

1984 begann alles im Hühnerstall

Das Sonderburger Katzenheim begann 1984 in einem alten Hühnerstall, wo streunenden Katzen von Alsen und Sundewitt ein zwischenzeitliches Zuhause geboten wurde. 1991 erhielt die damalige Katzengilde ein großes Geschenk: Sie erbte eine beträchtliche Summe.

In Zusammenarbeit mit der Sonderburger Kommune konnte die Katzengilde zwei Pavillons an der heutigen Adresse, Damgade 92 A, errichten. Dort konnten 30 Katzen gepflegt und jährlich 150 Tiere angenommen werden. 

Aber dann gab es Probleme. 2004 wurden mehrere Abteilungen der Organisation „Kattens Værn“ geschlossen. Mithilfe einer weiteren beträchtlichen Erbschaft konnte in Sonderburg ein dritter Pavillon errichtet werden. Bei Spitzenbelastungen wohnen bis zu 120 Katzen im Katzenheim. Das ist aber keineswegs optimal für die Tiere. 

Aber es gibt eigentlich keine Alternative. Nur eine: Einschläferung.

 

Sie warten auf einen neuen Besitzer. Foto: Karin Riggelsen
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Leitartikel

Anna-Lena Holm
Anna-Lena Holm Hauptredaktion
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