Stadtratswahl

„Nordschleswig ist die Tür zu Europa“

„Nordschleswig ist die Tür zu Europa“

„Nordschleswig ist die Tür zu Europa“

Sonderburg/Sønderborg
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Niels Pallesen und seine Frau wohnen seit Mai direkt am Alsensund. Foto: Karin Riggelsen

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Niels Pallesen (59) ist von Venstre zur Schleswigschen Partei gewechselt. Er saß schon einmal vier Jahre lang im Stadtrat.

Am 16. November geht auch der Finanzchef des Gravensteiner Unternehmens BHJ-Essentia Protein Solution, Niels Pallesen, für die Schleswigsche Partei an den Start. Mit ihm hat das Sonderburger SP-Team stadtratsmäßig einen überaus erfahrenen Mann erhalten. Er gehörte von 1994 bis 1998 zum Venstre-Team des Sonderburger Stadtrats.

Damals legte der Politiker als junger Vater eine Pause ein. Aber jetzt ist der 59-jährige Mann von Kekenis (Kegnæs) bereit für eine weitere Periode im Dienste der Bürgerinnen und Bürger.

Ohne Plakate in den Rat

Seine politische Karriere begann 1993 bei Venstre. Ohne Wahlplakate landete der junge Mann im Sonderburger Stadtrat. „Aber damals gab es soviel Unruhe im Stadtrat. Und wir kriegten in den Jahren auch zwei Kinder. Das hing alles irgendwie nicht zusammen“, so der Politiker.

Niels Pallesen Foto: Karin Riggelsen

Er spricht von Vetternwirtschaft, Machtmissbrauch und einer Untersuchung von Kommunernes Landsforening. Da hatte er keine Lust mehr. „Es gab überhaupt keine Zusammenarbeit damals“, stellt er fest.

Egal, ob Deutsch oder Dänisch

Vor 15 Jahren traf er dann den damaligen Nachbarn Stephan Kleinschmidt, mit dem er sofort sehr gut zurechtkam. Die beiden liefen unter anderem auch zusammen. „Er hat mich schon vor vier Jahren gefragt, ob ich mich nicht aufstellen will. Aber damals war ich noch nicht bereit“, gibt Pallesen zu.

Er kommt aus einer Familie mit einem Danebrog auf den Kaffeetassen, wie er erklärt. Seine Mutter kommt aus Loit (Løjt) und damals gab es kein gutes Verhältnis zwischen Deutsch und Dänisch. Die Kommunikation war nicht besonders gut. Und auf Kekenis gab es nur deutsche Touristen. Mit denen sollten die Kinder der Familie Pallesen nichts zu tun haben.

„Ich habe mir ja später unsere Ahnentafel angeschaut. Und da sah ich, dass die Hälfte auf jeden Fall keinen dänischen Namen hatte. Für mich ist es völlig egal, ob Dänisch oder Deutsch. Wir müssen doch kooperieren und zusammenarbeiten, um für alles eine Lösung zu finden“, wie er lächelnd hervorhebt.

Der SP-Stadtratskandidat schaut hinaus auf den Alsensund. Foto: Karin Riggelsen

Eine Zusammenarbeit mit Deutschland gehört dazu. „Ich nenne Nordschleswig immer die Tür zu Europa. Auch professionell habe ich viel mit Deutschland gearbeitet. Wir sind ein internationaler Konzern, und wir haben viele Tochtergesellschaften im Ausland“, so Pallesen. Er nennt sich selbst „open minded“: „Es gibt mehr Sachen, die uns zusammenbinden, als voneinander trennen.“

Viele deutsche Ahnen

In den vergangenen Jahren hat er nachgefühlt, was seine Familie zu einem solchen Entschluss für die Schleswigsche Partei sagt. Seine Mutter war eigentlich nicht positiv auf die deutsche Minderheit eingestellt. Aber vor 14 Tagen meinte sie: Als ich Kind war, konnte ich nicht verstehen, warum wir nicht mit denen dort reden durften, erzählt Niels Pallesen.

Ich habe mir ja später unsere Ahnentafel angeschaut. Und da sah ich, dass die Hälfte auf jeden Fall keinen dänischen Namen hatte. Für mich ist es völlig egal, ob Dänisch oder Deutsch. Wir müssen doch kooperieren und zusammenarbeiten, um für alles eine Lösung zu finden.

Niels Pallesen, SP-Stadtratskandidat

Sein Großvater wurde im Ersten Weltkrieg verletzt, „und er war ein sehr verbitterter Mann. Er konnte nicht so viel. Es war immer so ein Tabu. Aber ich habe ja viele deutsche Ahnen“, wie Pallesen erneut erklärt. Vor 1864 war es kein Problem, ob man nun Deutsch oder Dänisch sprach. Damals war man einfach ein Nachbar, das ist eigentlich ziemlich befreiend, wie er erklärt.

Die Mischung etwas ganz Besonderes

Er findet den Ausdruck „halvtysker“ unglaublich abwertend. „Das stimmt ja auch nicht. Sie sind weder Deutsch noch Dänisch. Und wir sollen diese Mischung nutzen, weil es etwas ganz Besonderes ist“, meint er. Niels Pallesen gehört schon seit Jahren zur festen SP-Gruppe und hat Christel Leiendecker und Kirsten Bachmann bei der Wahl 2017 geholfen.

Niels Pallesen wohnt Margretheparken. Foto: Karin Riggelsen

Die wichtigste Aufgabe für ihn als Politiker ist es, dass noch mehr Menschen nach Sonderburg ziehen.

„Das würde uns so viel bringen, auch ökonomisch. 1.000 Menschen haben weder Arbeit noch eine Ausbildung. Mein Sohn zum Beispiel ist Legastheniker. Das wurde erst bei seiner Konfirmation diagnostiziert. Er ist klug und Legastheniker. Er ist ein Weltmeister im Betrug und Vertuschen. Wenn sie Diktat hatten, hatte er sich vorbereitet und alle Wörter ’abfotografiert’. Wir haben es erst herausgefunden, als er uns SMS via Telefon schickte. Trotz Rechtschreibprogramm konnten wir oft nicht verstehen, was er eigentlich meinte“, gibt der Vater zu. Denen, die Hilfe brauchen, muss so früh wie möglich geholfen werden.

Malte hat sein Abitur und anschließend das Examen als Biotechniker gemacht. Er und seine Schwester Sara, die sich auf Versicherungsmathematik spezialisiert hat, leben beide in Kopenhagen.

Sonderburg hat viel Geschichte

Wenn Niels Pallesen in den Sonderburger Stadtrat kommt, dann würde er gern im Gewerbeausschuss, dem Technischen Ausschuss und auch dem Ökomieausschuss mitmischen. Das sind die Bereiche, die ihn interessieren. „Ich kann mir schnell einen Überblick über Dinge verschaffen“, wie er meint.

Sonderburgs Stärke ist eine Kombination aus verschiedenen Dingen: „Im Verhältnis zum Tourismus haben wir ja unglaublich viel Geschichte. Bornholm hat einen Wackelstein in einem Wald. Wir müssen die gleichen Steine finden. Wir sind noch nicht gut genug, wenn es um die guten Geschichten hier geht. Hier passiert so viel“, so Pallesen, der sich auf die Tour de France im kommenden Jahr freut. Er radelt nicht selbst. Der sportliche Mann spielt aber Handball, läuft, betreibt Skisport und liest Bücher.

Können was für die Zukunft machen

Ist es ein gutes SP-Team? „Die alte Gruppe ist ein richtig gutes Team. Christel kenne ich seit 30 Jahren. Seit der Hochhandelsschule. Hier haben wir ein gutes Team-Spirit und wir unterstützen einander. Bei Venstre mussten immer Schuldige gefunden werden. Bei der SP sagen sie: Okay, es sieht nun so aus, was machen wir jetzt? Die Geschichte können wir nicht mehr ändern, nur daraus lernen. Wir können was für die Zukunft machen“, kommt es von Niels Pallesen.

Niels Pallesen Foto: Karin Riggelsen

Für ihn ist Nordschleswig ein Diamant mit vielen Facetten und seiner ganz eigenen Art, was Sprache, Kultur, Bevölkerung und Natur angeht. Pallesen wünscht sich mehr Kooperation und Zusammenarbeit in ganz Nordschleswig – statt Wettbewerb mehr Gemeinsamkeit.

Niels Pallesen ist gespannt

Er genießt die Treffen in der SP. Dort werden Dänisch, Deutsch und Sønderjysk zu einem richtigen Kauderwelsch, wie er es nennt.

Der 16. November 2021 löst bei ihm ein Prickeln im Magen aus. „Das wird ein toller Tag. Ich bin um 7 Uhr dort und dann geht es bis irgendwann in der Nacht. Letztes Mal waren wir um 4 Uhr nachts zu Hause“, meint er. Er ist gespannt.

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