Bibliotheksschließungen

Spott und Kritik für Politiker

Spott und Kritik für Politiker

Spott und Kritik für Politiker

Ruth Nielsen
Ruth Nielsen Lokalredakteurin
Sonderburg/Sønderborg
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Versammlungsleiterin Hanne Thaysen begrüßte die Politiker. Foto: RN

Im August hatte der Kulturausschuss entschieden, die Bibliotheksfilialen in Ulkebüll und Düppel zu erhalten. Doch im Zuge der Haushaltsverhandlungen kippte die Ratsmehrheit diesen Beschluss: Die Filialen werden zum 1. August 2019 geschlossen. Eine Bürgergruppe hat den Kulturausschuss um ein Treffen gebeten.

Der freie Raum in der Kinderecke der Düppeler Bibliothek war am Mittwoch mit über 50 Bürgern voll besetzt. Sie wollten wissen, warum der Kulturausschuss seinen eigenen Beschluss  rückgängig gemacht und mitentschieden hat, die Filialen in Ulkebüll und Düppel zum August 2019 doch zu schließen.

Eine Bürgergruppe hatte den Ausschuss eingeladen. Fünf der sieben Mitglieder waren erschienen. Längere Redezeit erhielten der Vorsitzende Stephan Kleinschmidt (SP) und sein Vertreter Jesper Kock (Soz.). 

„Politik ist dynamisch. Das ist politische Realität“

Kleinschmidt erklärte, warum die Ratsmehrheit während der Haushaltsverhandlungen den  Beschluss wieder gekippt hat. „Der Ausschuss hatte eine andere Intention. Politik ist dynamisch. Das  ist  politische Realität“, sagte er. Die Schließung sei keine Sparübung.  Vielmehr verbleibe das Geld (1,6 Mio.) im Haushalt der Bibliothek. Es soll für Aktivitäten in Düppel und Ulkebüll genutzt werden.   

So könnte z. B. die Schulbibliothek (in Düppel heißt sie pädagogisches Lehrzentrum)   Kleinkindern Angebote unterbreiten. Das Konzept ist in Augustenburg bereits erfolgreich. Eine Zuhörerin meinte: „Das geht zulasten der Qualität.“ Dem hielt Kleinschmidt entgegen: „Wir sehen Möglichkeiten, die Schulbibliothek zu entwickeln, die anders sein wird, als wir sie heute kennen.“ 

Zeitungen auch für die Kinderhand

Eine andere Idee wurde freudig aufgegriffen: Es könnten Zeitungen ausliegen, seit langem von Düppelern gewünscht. Jesper Kock hielt fest, dass  Kinder trotz Technologie, „eine Zeitung erleben sollen, sie in der Hand halten sollen“. 

Kleinschmidt  warf ein: „Es „dürfte doch kein Problem sein, das Multikulturhaus zu nutzen, oder?“ Das sahen die Anwesenden aber anders: „Das Multikulturhaus ist langweilig. Wir kommen hierher, weil es gemütlich ist. Es ist auch ein sozialer Treffpunkt. Daher gibt es ja die guten Nutzerzahlen. Warum etwas kaputt machen, was gut funktioniert?“, sagt eine Frau, die dafür Beifall erhielt.

„Ihr zäumt das Pferd von hinten auf. Erst schließt ihr die Bibliothek und dann erst überlegt ihr, was  gemacht werden soll. In der Privatwirtschaft wäre das nicht möglich“, kritisierte ein Teilnehmer.

Brücke für radelnde Kinder zu gefährlich

Ein anderer schlug vor, eventuell eine „Offene Bibliothek“  einzuführen oder die Öffnungszeiten zu  begrenzen. Er als Vater eines Vorklässlers erklärte, dass niemand sein Kind über die Brücke zum Multikulturhaus radeln lassen würde. Das sei viel zu gefährlich. Das werde geändert, so  Kleinschmidt. Denn es ist  schriftlich festgehalten, die Brücke  verkehrssicherer zu machen. Die Reaktion auf diese Aussage: höhnisches Gelächter. „Das sagen sie, seit wir nach Düppel gezogen  sind. Und das  war 1980“a, sagte eine Zuhörerin.

Der Vorschlag von Kleinschmidt, dann doch den Bus zu nehmen, wurde mit spöttischer  Skepsis abgelehnt: Entweder müsse man von der Haltestelle Løkken  zum Multikulturhaus gehen, das würde keine Erleichterung sein, oder  ganz bis zum Busbahnhof fahren um dort in den Bus umsteigen, der in der Nørre Havnegade 15 hält.  

Auch der Einwand des Politikers, dass andere Orte der Kommune wie Quars auch keine Bibliothek hätten, war kein Trost für die Anwesenden. 

Was soll eine Bibliothek anbieten?

Eine Bürgerin fragte: „Was soll eine  Bibliothek anbieten? Gehört dazu ein Strickcafé oder ein Lego-Wettbewerb?“  Niels Ole Bennedsen (Soz.) parierte ihre Ironie damit, dass eine  Bibliothek sowohl einen kulturellen als auch sozialen Auftrag habe. Dazu gehören Theater und Musik.

Am Ende der einstündigen Debatte hielt der  Vorsitzende Kleinschmidt fest: Der Beschluss der Schließung steht. Nun gehe es „um einen Prozess, der klären soll, was gemacht werden kann“,   im Dialog mit den Bürgern, beruhigte er Versammlungsleiterin  Hanne Thaysen.  

Kleinschmidt  forderte die Anwesenden auf, ihre Ideen einzureichen, sodass der Ausschuss sie auf der Dezembersitzung diskutieren kann. Er hofft auf die Fortsetzung des Dialogs und will mit den Bürgern die Vorlage erörtern.  

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